Tod auf der Themse
Kissen. Dann ging er noch einmal und besorgte ein Tuch, eine Schüssel
und einen Wasserkrug, damit Ashby sich waschen konnte. Als nächstes
begann Cranston mit der Vernehmung.
»Du bist Sir Henry
Osprings Knappe?«
»Jawohl, Sir John«,
antwortete Ashby zwischen zwei Löffeln Hafergrütze.
»Du bist aber auch mit
Kapitän Roffel auf der God’s Bright Light gefahren?«
»Aye. Sir Henry hat den
größten Teil der Heuer für die Besatzung und die
Bewaffnung des Schiffes bezahlt. Dafür erhielt er fünfzig
Prozent aller Gewinne.«
»Und du hattest den
Auftrag, alles im Auge zu behalten?«
Ashby lächelte säuerlich.
»Das könnte man sagen. Ich bin mit der God’s Bright Light
losgesegelt… « Er verdrehte die Augen. »Welchen Tag
haben wir heute?«
»Das Fest der Hl.
Apostel Simon und Judas«, antwortete Athelstan. »Den 28.
Oktober.«
»Nun, wir ließen
die Themse zwei Tage vor St. Michaelis hinter uns; das müßte
dann der 27. September gewesen sein. Das Wetter war gut, der Wind günstig.
Wir gingen zwischen Dover und Calais in Stellung und fingen an, einzelne
Kauffahrer zu attackieren. Wir machten gute Beute, und bald war unser
Laderaum voll mit Lebensmitteln, Wein und Stoffen, von einzelnen
Kostbarkeiten gar nicht zu reden.«
»Wie war Roffel?«
fragte Athelstan.
»Ein harter Mann,
Pater. Ein guter Seemann, aber brutal. Immer hat er angegriffen, und nie
hat er dem Feind erlaubt, sich zu ergeben. Fischerboote, Galeeren,
Weinschiffe aus der Gironde. Es ging stets auf die gleiche Weise zu. Wir
verfolgten sie, gingen längsseits, und dann schossen die Bogenschützen
ihre Pfeile ab. Danach ging eine Entermannschaft hinüber und…«
»Und?«
Ashby schaute zu Boden.
»Und?«
wiederholte Cranston.
Ashby murmelte etwas.
»Lauter, Mann!«
»Es gab nie Gefangene.
Leichen wurden über Bord geworfen. Eroberte Schiffe, die in
schlechtem Zustand waren, wurden versenkt, die anderen in den nächsten
englischen Hafen geschleppt.«
»Ist irgend etwas Auffälliges
geschehen? Irgend etwas?«
»Ja, um den 11. Oktober
herum kaperten wir ein kleines Fischerboot, das versucht hatte, aus einem
französischen Hafen in einen anderen zu gelangen. Ich glaube, es
wollte nach Dieppe, aber der Wind trieb es aufs Meer hinaus. Wir griffen
es an, und das Boot wurde versenkt. Nichts Außergewöhnliches -
nur…« Ashby stellte die Schale hin und wischte sich mit dem
Handrücken den Mund ab. »Kapitän Roffel schien erfreut zu
sein, sehr erfreut. Wißt Ihr, wie eine Katze, die den Rahm
ausgeschleckt hat. Für gewöhnlich war Roffel ein schweigsamer
Mann, aber da sah ich ihn auf dem Achterdeck umherlaufen und in die Hände
klatschen. Und es war das einzige Mal, daß ich ihn je singen hörte.«
»Und dann?«
»Ein paar Tage später
zog er sich in seine Kajüte zurück und klagte über
Magenschmerzen. Der Laderaum war voll mit Beute; also fuhren wir nach
Dover. Ich nahm Sir Henrys Anteil und ging an Land. Die God’s Bright
Light stach wieder in See, jetzt unter dem Kommando von Hubert
Bracklebury, dem Ersten Maat.«
»Hat Roffel Briefe an
Sir Henry geschrieben, als er an Land war?«
»Nein, keinen. Sie
waren eher Geschäftspartner als Freunde. Sir Henry hat für das
Geld gesorgt, und Roffel hat die Kaperfahrten gemacht.« Ashby stieß
mit dem Fuß gegen die Schale. »Mörder waren sie. Ospring
war ein Teufel aus der Hölle; seinen Pächtern hat er jeden Penny
abgepreßt. Auf Gott und die Menschen hat er keinen Pfifferling
gegeben.«
»Habt Ihr ihn deshalb
ermordet?«
»Nein«, sagte
Ashby. »Ich habe ihn nicht ermordet.«
Athelstan stand auf und sah
Cranston an. »Sir John, hier haben wir genug erfahren.«
Cranston seufzte und kam
schwerfällig auf die Beine. Athelstan deutete auf eine geräumige
Nische im Altarraum.
»Ruht Euch dort aus«,
sagte er. »Ihr habt Ale, eine Decke und ein Kissen. Wenn ich zurückkomme,
mache ich es Euch behaglicher.«
»Pater, kann ich denn
irgend etwas tun?«
Athelstan grinste und wies
auf zwei schwere, gußeiserne Kerzenhalter auf dem Altar.
»Ja, die könnt Ihr
saubermachen, und dann könnt Ihr die die Dochte der Kerzen putzen.«
Er schaute auf Ashby hinunter. »Habt Ihr einen Dolch?«
Ashby lächelte und
klopfte mit der flachen Hand auf die Waffe.
»Nun, ich würde es
als eine große Gefälligkeit betrachten, wenn Ihr außerdem
das
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