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Tod Auf Der Warteliste

Tod Auf Der Warteliste

Titel: Tod Auf Der Warteliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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des Polizeiberichts. Diese Lektüre konnte Laurenti sich nicht entgehen lassen. Er sah, wie sich ein Tier zwischen den Sträuchern bewegte. Er hielt den Wagen am Straßenrand an und stieg aus. Er dachte, es sei ein Reh, das sich ins Gras geduckt hatte. Aber S. H., Inhaber einer Bar auf der Hochebene und leidenschaftlicher Jäger, stand einem Puma von mindestens sechzig Kilo gegenüber. Auch der Katze war die Präsenz des Menschen nicht entgangen, und sie entfernte sich, den langen Schwanz hoch aufgestellt, Richtung Wald. Ein würdevoller Rückzug. Der unbewaffnete Jäger hingegen machte, daß er so schnell wie möglich zurück in sein Auto kam – aufgeregt, ungläubig, aber auch stolz darauf, als erster auf dem Karst das größte Raubtier des amerikanischen Kontinents gesehen zu haben.
    Laurenti lachte laut auf.
    »Was ist los?« fragte Sgubin, der sich von seinem Einsatz zurückmeldete.
    »Auf dem Karst wurde ein Puma gesichtet! Zwischen Gabrovizza und Sales. Ein Jäger hat ihn gesehen«, sagte Laurenti.
    »Bind mir keinen Bären auf!«
    »Die gibt’s zwar ebenso wie die Schakale in der Nähe von Aurisina, aber es war trotzdem ein Puma.«
    »War er betrunken?«
    »Der Puma?« Laurenti runzelte die Stirn, »nein, vollkommen nüchtern. Jetzt ist da oben ein ganzes Kommando von Jagdaufsehern und Carabinieri unterwegs. Mit Käfigen und Ködern.«
    »Wahrscheinlich war es nur ein fetter Hauskater oder ein Luchs«, sagte Sgubin, der so aussah, als wollte er etwas ganz anderes loswerden. »Stell dir vor, man hat ihm den Schwanz abgeschnitten.«
    »Wem? Dem Puma?«
    »Nein, diesem armen Mann in der Via Bonomeo. Samt der Eier. Ein einziger glatter, sauberer Schnitt. Er ist im Krankenhaus, aber es ist fraglich, ob er durchkommt. Er hatte schon sehr viel Blut verloren, als man ihn fand. Bisher gibt es nicht den geringsten Hinweis, und vor allem ist das Organ nicht aufzufinden. Spurlos verschwunden.«
    »Wer ist der Unglückliche?«
    »Ein Arzt. Chirurg in dieser Schönheits-Klinik auf dem Karst. Leonardo Lestizza, fünfzig Jahre alt. Wohnt allein in der Via Bonomeo. Er fährt einen Jaguar, und auch das Haus und die Einrichtung sehen nach Geld aus. Seinen Hund haben wir ins Tierheim gebracht.« Sgubin schielte nach Laurentis neuem Gefährten. »Ein schöner junger Labrador mit hellem Fell. Aber nicht im geringsten ausgebildet. Macht mehr her als deine Töle. Den solltest du deiner Frau mitbringen.«
    »Puma, Bären, Labrador... Vielleicht hat das feine Tier ja den Schwanz gefressen.« Laurenti warf ihm einen gehässigen Blick zu. »Übrigens habe ich dich nicht nach deiner Meinung über Cluzot gefragt. Sag mir lieber, wie du vorgehst? Hast du schon die Angehörigen befragt?«
    »Im Moment sind die Bestäuber von der Spurensicherung dort und gehen quadratzentimeterweise vor. Die Berichte kommen sukzessive. Der Mann hat keine Verwandtschaft, außer einer entfernten Cousine. Die ist auch da oben in der Klinik. Mit der habe ich gleich gesprochen, aber nichts erfahren. Die Frau war völlig ungerührt. Sie sagte, sie wisse nichts vom Privatleben ihres Cousins. Sie hätten lediglich zusammengearbeitet und ansonsten keine weiteren Kontakte gepflegt.«
    »Den Schwanz abgeschnitten?« Laurenti trommelte mit den Fingern auf die Schreibtischplatte. »Erinnerst du dich an den Amerikaner, dessen Frau die Schnauze von ihrem Gatten vollhatte und...«
    »Bobitt! Das paßt aber nicht, denn der Typ war schon zum Ausgehen angezogen. Er hatte um zehn Uhr einen Operationstermin. Der Gärtner fand ihn auf der Türschwelle.«
    »Vielleicht ist der Täter gestört worden.«
    »Ausgeschlossen! Es gab nur diesen Eingang. Dann hätte ihn jemand gesehen und das angezeigt.«
    »Wenn die Mafia jemanden umlegt, der das Gesetz des Schweigens gebrochen hat, stopft der Killer dem Opfer das abgeschnittene Glied in den Mund. Eine ziemlich wirksame Warnung für alle anderen. Aber hier hatten wir das noch nie.«
    »Außerdem wurde er nur entmannt und nicht erschossen. Und er hatte das Ding auch nicht im Mund. Es fehlt ganz einfach. Ich glaube nicht, daß ihn jemand töten wollte. Eher rächen. Ich tippe auf eine Frau oder einen Täter aus dem Schwulenmilieu.«
    »Oder der Racheakt an einem Kinderschänder. Bei solch einer Tat fällt einem nur Absonderliches ein, aber nichts von wegen Geld oder Liebe.«
    »Ich werde oben in der Klinik beginnen. Hoffentlich kommt das arme Schwein durch. Sonst wird er uns verdammt viel Arbeit machen.«
    »Ich weiß nicht, ob man ihm

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