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Tod Auf Der Warteliste

Tod Auf Der Warteliste

Titel: Tod Auf Der Warteliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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Riesenhunger. Und Durst. Wie lange seid ihr schon hier?« Er hob die Flasche ins Licht. »Es sieht nicht so aus, als wärt ihr soeben gekommen. Scipio Slataper hat das übrigens geschrieben.«
    »Jetzt weißt du, was es heißt, mit einem Polizisten verheiratet zu sein.« Laura lachte. »Er kann sogar vom Pegelstand der Flasche auf die Zeit schließen, die es braucht, sie auszutrinken.«
    »Wir haben gerade über den Caravaggio gesprochen«, sagte Ramses. »Eine spannende Geschichte. Morgen werden also die Experten ihr Urteil fällen.«
    »Viele seiner Werke kenne ich zwar nicht, aber es ist erstaunlich, daß sie damals in den Kirchen aufgehängt wurden. Heute regt sich die Kurie schon über Banaleres auf, zum Beispiel holländische Starfotografen.«
    »Er hatte viele Förderer aus dem Klerus«, sagte Laura. »Aber auch Feinde. Man fürchtete seinen Stil. Seine Engel sahen aus wie Menschen aus Fleisch und Blut. Die Kirchenmalerei benutzte er nur als Mittel zum Zweck, weil ihm das die größte Bekanntheit brachte. Er hatte übrigens auch einen schwarzen Hund, wie du, mein Schatz. Aber es war ein Pudel, und der hörte auf den Namen Cornacchia. Unglücksrabe. Vielleicht solltest du deinen nochmals umtaufen.«
    Laurenti nahm ein Stück Schinken und hielt es Cluzot vor die Nase. Der Hund schnüffelte nur daran und schaute ihn mit traurigen Augen an. Der Meerrettich, mit dem er gewürzt war, schmeckte ihm nicht.
    »Also, erzähl doch, wie war’s mit dem Staatssekretär?«
    »Ach Gott, er ist ein aufgeblasener Wichtigtuer. Aber von Kunstgeschichte versteht er was.«
    »Erinnerst du dich an das Bild in der Kathedrale von Valletta?« fragte Laurenti. »Irre!«
    »Die Enthauptung des Johannes.«
    »Grausam. Ein dunkles Kellergewölbe, der Henker steckt den blutigen Dolch in die Scheide zurück und reißt dem armen Johannes mit der linken Hand den Kopf ab. Zwei Häftlinge schauen aus einer Zelle im Hintergrund entsetzt zu. Auch Caravaggio saß übrigens auf Malta im Kerker.«
    »Ramses, was hast du?« fragte Laura plötzlich.
    Der Schweizer saß ihnen mit aschfahlem Gesicht gegenüber und machte den Eindruck, als würde er jeden Moment von der Bank kippen.
    »Laura, hol ein Glas Wasser«, sagte Laurenti und faßte ihn am Arm.
    »Es geht schon wieder.« Ramses’ Stimme war kaum zu hören. »Mir war ein Augenblick lang schlecht.« Er steckte sich eine Zigarette an und stand auf. »Entschuldigt mich bitte eine Viertelstunde. Ich möchte ein paar Schritte gehen. Alleine. Dann wird es wieder besser.«
    Ohne auf die Einwände seiner neuen Freunde zu warten, ging er hinaus. Als er außer Sichtweite war, schlug er mit den Fäusten gegen seinen Kopf, bis seine Stirn vor Schmerzen glühte. Dann fühlte er sich etwas besser, doch zurück im Gastraum, bestand er darauf, daß sie bald nach Hause fuhren.
    »Ein seltsamer Heiliger«, sagte Laurenti, nachdem sie Ramses auf dessen Wunsch am Ortsausgang von Santa Croce abgesetzt hatten. »Irgendwas stimmt nicht mit ihm.«
    »Und du bist immer ein seltsamer Polizist, der jeden verdächtigt, der nicht so ist wie du.«
     
    *
     
     
    Diesen Donnerstag morgen würde er nie vergessen. Laurenti fluchte so laut, daß zwei Kollegen, die durch den Flur kamen, neugierig durch das Vorzimmer und die offenstehende Tür zu seinem Büro schielten. »Überall Arschkriecher, Verräter und Denunzianten! Was wollt ihr?«
    Endlich hatte er die beiden Spanner bemerkt. Er knallte die Tür zu und setzte sich. Cluzot schaute ihn mißtrauisch an. »Sag du mir bitte nicht auch noch, was du denkst«, sagte Laurenti und legte die Füße auf den Tisch.
    Die Lektion, die man ihm vor einer halben Stunde erteilt hatte, war heftig. Er wußte genau, wer dafür gesorgt hatte: Romani. Es schrie nach Rache. Nach blutiger Rache. Dieser Drecksack hatte offenbar überall Zutritt! Es war zum Kotzen.
     
    Nachdem er die Notiz mit den Daten des Toten, die sein rumänischer Kollege ihm mitgeteilt hatte, auf Mariettas Schreibtisch gelegt hatte, klingelte das Telefon. Es war die Sekretärin des Chefs, die sagte, daß man ihn im Büro des lokalen Statthalters des Großen Vorsitzenden erwartete. Er möge bitte pünktlich sein, es sei sehr ernst. Noch wußte er nicht, was ihm drohte, doch wurde man nur dann zum Präfekt gerufen, wenn wirklich ein dicker Hund vorlag.
    Er nahm eine Krawatte aus seiner Schreibtischschublade und band sie um. Sie war etwas zerknittert, aber wenn er das Jackett zuknöpfte, konnte es gehen. Er brauchte jemanden,

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