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Tod Auf Der Warteliste

Tod Auf Der Warteliste

Titel: Tod Auf Der Warteliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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sprechen, dann...« Laurenti biß sich auf die Zunge.
    »Was, dann?«
    »Dann sagen Sie ihm bitte, daß ich weiß, daß diese Anschuldigungen von ihm kommen. Damit wird er die aktuellen Ermittlungen nicht stören.«
    »Womit wir beim nächsten Punkt wären. In politisch angespannten Zeiten haben wir alle viel zu verlieren, wenn wir nicht darauf achten, wie wir auf andere wirken. Sie haben diese Grenze böswillig überschritten. Das ist nicht zu rechtfertigen.«
    Laurenti spürte den Schweiß auf der Stirn und unter den Achseln. Er kochte. »Wie lautet der konkrete Vorwurf?«
    »Grober Mißbrauch der Amtsgewalt.«
    Laurenti konnte sich kaum auf dem Sofa halten. Er spürte, wie sein ganzes Körpergewicht unter der Last seiner Seele in die Waden sackte.
    »Hier liegen drei eidesstattliche Versicherungen«, der Terminator zeigte auf das Papier auf dem Tisch, »daß Sie gestern nachmittag Ihre Kompetenzen grob mißbraucht haben. Es fing damit an, daß Sie ohne Grund auf dem Privatgelände der Klinik...«
    Laurenti sprang auf.
    »Setzen Sie sich!« Der Befehl erlegte ihn wie der Schuß aus einer Harpune. »Sie wissen also Bescheid. Außerdem hatten Sie diesen Hund dabei, der kein Diensthund ist. Das ist eine Privatangelegenheit, die Sie zu unterlassen haben. Ferner forderten Sie Einblick in Geschäftsangelegenheiten, die nichts mit Ihrem aktuellen Fall zu tun haben, und drohten, sich diese im Zweifelsfall rechtswidrig zu beschaffen. Den Vorwurf der Beleidigung haben die Leute großzügigerweise zurückgenommen, um die Sache nicht noch zu verschlimmern. Äußern Sie sich!«
    »Man versucht, mich auszuschalten. Alles Erfindungen. Auch ich habe Zeugen. Sgubin war dabei. Und was den Hund betrifft, so möchte ich sagen, daß es sehr wohl ein Diensthund ist.«
    »War, Laurenti. Er war ein Diensthund. Er ist ausgemustert. Und das Sirenengeheul war kilometerweit zu hören. Denken Sie an die Patienten der Klinik.«
    Daher wehte also der Wind. Wer zum Teufel war derzeit dort oben als Patient, von dem niemand wissen sollte?
    »Im voraus weiß man oft genug nicht, wofür die Mittel gut sind, die man einsetzt. Es geht nicht alles nach der reinen Vernunft und nach wissenschaftlichen Maßstäben. Die richtige Intuition zur richtigen Zeit ist die Hälfte des Erfolgs. Aber ich wußte noch gar nicht, daß ich eine neuralgische Stelle erwischt habe. Lassen Sie mich weitermachen, bitte, jetzt wird es erst interessant. Wenn diese Herrschaften...«
    »Diese Herrschaften, Laurenti, sind Steuerzahler und tun viel für den Ruf Triests. Wer das vergißt, ist für seinen Beruf als Polizist in einer solchen Stadt nicht geeignet. Ausgewogenheit ist gefragt, keine Vorurteile.«
    Die Sache war gelaufen, das war deutlich zu spüren, und klar war auch, daß der Questore ihn im Stich ließ.
    »Was wollen Sie tun?« fragte Laurenti.
    »Es wird eine Untersuchung geben. Halten Sie sich bereit und verschleiern Sie nichts. Es handelt sich nicht um normale Vorwürfe, Commissario. Ich hoffe, Sie kommen da heil heraus.«
    »Bin ich suspendiert? Muß ich den Fall abgeben?« Er wußte nicht, warum er lächelte.
    Der Vollstrecker leitete die Frage mit einem Blick an den Questore weiter. Der ließ sich mit der Antwort Zeit.
    »Nein«, sagte der Questore.
    Er war also doch nicht alleine.
     
    Die Botschaft war eindeutig: Wenn du nicht gehorchst, dann mußt du damit rechnen, daß irgendwann ein Versetzungsbefehl eintrifft – egal, wie die Rechtslage ist. Es käme also eine Untersuchung auf ihn zu, die ihn eine Menge Zeit und Nerven kosten würde. Laurenti wußte nicht, wer sich damit befassen würde. Normalerweise war das ein Staatsanwalt, in sehr ernsten Fällen auch Beamte aus dem Ministerium oder sogar von den Carabinieri. Stand er wirklich unter Verdacht, Gelder angenommen zu haben? Einmal angeschwärzt hält lange und spricht sich herum. Vom Gegenteil will sich dann niemand mehr überzeugen lassen, weil dessen Verkündigung keinen Sensationswert besitzt. Aber was immer passierte, auf Cluzot würde er nie mehr verzichten.
    Mit geballten Fäusten und hochgezogenen Schultern überquerte Laurenti die Piazza Unità und ging zurück in sein Büro. Den Menschen, die seinen Weg kreuzten, wich er in großen Bögen aus.
     

Früchte der Nacht
    Entmannt! Wo ist das abgetrennte Organ? Die Headline prangte über die ganze Breite der Titelseite des Lokalteils. Dazu das Foto einer Straße im Nebel und ein veraltetes Paßbild des Opfers. Bluttat in der Via Bonomeo. Der

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