Tod Auf Der Warteliste
Ich würde zur Freude meiner Frau im Garten arbeiten, Gemüse anbauen und kochen. Und wenn ich einmal keine Lust dazu hätte, dann ginge ich mit Galvano spazieren.«
Es war das erste Mal, solange sie sich kannten, daß Laurenti den Staatsanwalt mit dem immer besorgten Gesichtsausdruck von Herzen lachen hörte.
Die Messer wetzen
Laurenti hatte jetzt keine Zeit für Büroarbeit und den Fall Lestizza. Sgubin wußte fürs erste, was mit dem Material zu tun war, das sie aus dem Haus geschleppt hatten. Und auch der Rumäne war im Moment zweitrangig. Er mußte sich um seinen eigenen Fall kümmern, die Messer wetzen und den Bluthunden zuvorkommen. Oft genug hatte er mit anschauen müssen, wie man unangenehme Kollegen abgesägt und dazu erpresst hatte, ihrer Versetzung in die stickige Provinz zuzustimmen. Die Alternative hätte ein erniedrigendes Strafverfahren bedeutet, bei dem sie ohne jede Chance geblieben wären und an dessen Ende die unehrenhafte Entlassung winkte – samt aller finanzieller Konsequenzen. Kamen die Anschuldigungen, egal, wie stichhaltig sie waren, erst einmal ans Licht, dann wurde man den Ruf kaum mehr los. Die ganze Welt wartete doch nur auf schlechte Nachrichten. Und wenn es jemals zur Rehabilitation kam, dann nur durch politischen Rückhalt. Für die Öffentlichkeit hatte sie allerdings keine große Bedeutung mehr. Gute Nachrichten interessierten wirklich niemand.
Laurenti mußte seine eigene Lobby bauen, einen Verteidigungsring um sich ziehen und dafür sorgen, daß die Untersuchung gegen ihn nicht aufgebauscht wurde. Er wollte sehen, auf wen er sich verlassen konnte. In Zeiten der Not zeigen sich die wahren Freunde, und zu ihnen gehörte ohne Zweifel der Hund. Er rief Sgubin übers Mobiltelefon an und bat darum, daß er ihm Cluzot vor die Questura bringen sollte. Und die Autoschlüssel, die er auf dem Schreibtisch vergessen hatte, sollte er auch mitbringen, denn heute hatte Laurenti keine Zeit mehr für Spaziergänge.
Sgubin wartete bereits auf der Straße auf ihn. Als Laurenti von weitem nach dem Hund rief, würdigte der ihn keines Blickes und leckte Sgubin die Hand.
»Ich habe Kekse für ihn gekauft. Sie schmecken ihm ausgezeichnet.«
»Spann mir den Hund nicht aus«, sagte Laurenti und griff nach der Leine.
»Er hört übrigens viel besser auf seinen echten Namen. Nicht wahr, Almirante?« Der Hund gab Sgubin einen Stups mit der Schnauze.
»Laß das! Er heißt Cluzot.« Der Hund schaute Laurenti an. »Man kann einen Mischling nicht nach einem Faschisten nennen, der eine Zeitschrift mit dem Titel ›Zur Verteidigung der Rasse‹ herausgab. Ich bin gegen sechzehn Uhr zurück.«
Laurenti gab Cluzot einen Klaps, der Hund sprang in den Wagen und legte sich auf den Rücksitz. Sein Herrchen stellte das Blaulicht aufs Dach und fuhr mit quietschenden Reifen davon. Vor der Einfahrt zur Guardia Costiera am ehemaligen Terminal des Wasserflughafens schimpfte er, weil der diensthabende Beamte sich Zeit ließ, das Tor zu öffnen. Laurenti stellte seinen Wagen quer vor den Eingang, zog Cluzot heraus und ging hinein. Er rief dem Beamten am Empfang nur den Namen Orlandos zu und raste, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf.
Er platzte mitten in eine Besprechung. Ettore Orlando, der schwergewichtige Chef der Behörde, schaute ihn erstaunt an.
»Klopft man nicht einmal mehr an?« fragte er. »Und in Begleitung bist du auch. Ist das der Köter, von dem alle reden? Wenn du hier nach Drogen suchst, wirst du allerhand finden. Wir haben heute morgen fünfzig Kilo Heroin beschlagnahmt. Es war am Bug des libanesischen Viehfrachters festgemacht. Der Zufall hat uns geholfen.«
»Ich muß dich dringend sprechen.« Laurenti trat ungeduldig von einem Bein aufs andere.
»Warte bitte einen Augenblick. Wir sind gleich fertig.«
Orlando gab den drei Beamten, die vor seinem Schreibtisch saßen, die letzten Anweisungen.
»Ich habe schon gehört, daß etwas gegen dich läuft«, sagte er, als sie alleine waren. »Was ist los?«
»Sie wollen mir verbieten, den Hund mit ins Büro zu nehmen. Anweisung unseres obersten Dienstherrn. Er hatte die Güte, es mir höchstpersönlich zu sagen. Außerdem hat mich jemand angeschwärzt. Demnächst steht eine Truppe von Scharfmachern vor meiner Tür und wird mich durchleuchten. Meine Konten, meine Telefonate, jeden Schritt, den ich in der Vergangenheit unternommen habe.«
»Und, was hast du zu verbergen? Warum diese Nervosität?«
»Die Schweine behaupten, ich sei
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