Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod Auf Der Warteliste

Tod Auf Der Warteliste

Titel: Tod Auf Der Warteliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
Vom Netzwerk:
sondern lediglich wie ein alter Hahn darauf achtete, daß kein Konkurrent ihm den Platz streitig machte. Dabei hatte er nicht ein einziges Mal danach gefragt, wo sie ihn kennengelernt hatte.
    »Wenn Benteli hier wäre, könnte er diese Aufgabe übernehmen«, murrte Severino.
    »Das sehe ich anders. Abgesehen davon, daß er, im Unterschied zu dir, auch heute operiert, wirkst du anders auf den Rumänen. Urs ist zu jung dafür. Du vermittelst väterliche Gefühle und bist das Idealbild des erfahrenen Professors. Wenn du nur willst.«
    »Hör auf, mich wie ein dummes Kind zu behandeln, und wirf mir nicht immer vor, ich täte zuwenig, Adalgisa. Ich habe dieses Benehmen satt!«
    »Oh, entschuldige.« Sie setzte ihr allerfeinstes Lächeln auf. »Du mußt es trotzdem tun, bitte. Du wirst sehen, daß du den Rumänen beruhigen kannst. Weshalb sollte er irgendeinen Verdacht schöpfen? Er braucht doch das Geld. Und er hat den Vorteil, daß er nicht in Istanbul gelandet ist, sondern hier. Das gibt ihm Sicherheit. Mach einen Ausflug mit ihm, zeig ihm die Gegend. Übrigens muß jemand von uns noch nach Sant’Anna und ein paar Formulare unterschreiben für Leos Beerdigung. Ich kam nicht dazu. Vielleicht könnt ihr einen Abstecher dorthin unternehmen.«
    »Du meinst doch nicht im Ernst, ein Besuch auf dem Friedhof gäbe ihm Vertrauen.« Severino lachte beklommen und stand auf. »Soviel nur in Sachen Irrtümer meiner Frau.«
    »Stell dich nicht so an. Es hängt ganz alleine davon ab, was du ihm erzählst.«
    »Und was ist, wenn er nach seinem Zwillingsbruder fragt?«
    »Der wurde nach Istanbul vermittelt. Woher sollte er wissen, daß er hier war.«
     
    *
     
     
    Als er zurück auf die Rive fuhr, die in das Rot der untergehenden Sonne getaucht war, verspürte er nach langer Zeit wieder gute Laune und pfiff vor sich hin, bis er im Büro war. Dort verflog sie schlagartig. Auf seinem Schreibtisch lag eine Notiz: Punkt acht morgen früh sollte er sich im Carabinieri-Kommando von Barcola melden. Bei einem Colonnello, dessen Name er noch nie gehört hatte. Wenigstens fand die Befragung nicht in der Questura statt, doch die Nachricht würde auch so schnell genug die Runde machen, wenn es überhaupt noch jemanden gab, der inzwischen noch nicht davon gehört hatte. Sgubin hatte die Mitteilung entgegengenommen. Hatte Orlando nicht angedeutet, daß das Gerücht über Živa aus Laurentis engstem Umkreis kam? Wenn Marietta es nicht war, dann blieben außer Sgubin nicht mehr viele Menschen übrig, die so eng mit ihm zu tun hatten. Sgubin hatte auf dem Zettel noch notiert, daß er Galvano in das Haus Lestizzas bringe, damit der alte Gerichtsmediziner sich die Fachbibliothek ansehen konnte. Das Kokain war im Labor, die Kontoauszüge und das Adreßbuch, das sie am Vormittag gefunden hatten, lagen auf Laurentis Schreibtisch, ebenso eine Liste der Städte, in denen Sgubin bereits Amtshilfe beantragt hatte, um Lestizzas Hotelaufenthalte zu überprüfen. Sie war kurz. Sgubin hatte sich nicht besonders beeilt. Laurenti seufzte und griff nach dem Telefonhörer. Er wollte wissen, ob er am Freitag wieder mit Marietta rechnen konnte, oder ob sie den Migräneanfall ins Wochenende verlängern würde. Sie meldete sich nicht, und Laurenti hinterließ eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter.
    »Ich weiß nicht, ob du es warst, die diese Gerüchte über mich in Umlauf gebracht hat«, sagte er. »Wenn nicht, dann bitte ich dich für die Frage um Verzeihung. Falls doch, dann reiß ich dir den Kopf ab.«
    Dann nahm er sich die Kontoauszüge Lestizzas vor. Eine Tätigkeit, die ihm schon mit seinen eigenen zuwider war. Laurenti staunte nicht schlecht. Die Einkünfte des Arztes waren doch nicht so exorbitant hoch, wie er nach einem ersten Blick in dessen Haus vermutet hatte. Vor allem kamen sie unregelmäßig und stets in unterschiedlicher Höhe. Viele Abhebungen, die mit dem Lebensstil des Arztes korrespondiert hätten, waren nicht darunter. Wie zum Teufel hatte der Mann also bezahlt? Ein Blick ins Zulassungsregister ergab, daß Lestizza den Jaguar vor einem Jahr gegen ein nur drei Jahre altes Modell eingetauscht hatte. Eine Abbuchung über den Betrag fand Laurenti dagegen nicht in den Bankunterlagen. Auch ein Kreditvertrag fehlte. Er rieb sich die Hände. Er hatte nicht gedacht, so schnell einen Beweis zu finden, der seine bei Tozzi aus der Luft gegriffene Spekulation in Sachen Schwarzgeld unterstrich. Das Haus hingegen lief auf einem einstmals sicher günstigen

Weitere Kostenlose Bücher