Tod Auf Der Warteliste
vor Umago wurde er schließlich von zwei rotgesichtigen Männern auf einer beeindruckenden Segelyacht übernommen, die gleich nach dem Wechsel mächtig Fahrt aufnahm und schon bald einen weinroten Spinnaker setzte.
Kontrollen der Behörden kamen auf Sportbooten selten vor. Es war eine zuverlässige Art, an Land zu kommen, ohne einen Paß vorweisen zu müssen. Im vergangenen Sommer hatte ein langer Artikel im »Piccolo« darüber spekuliert, wie viele illegale Immigranten in der Hochsaison, wenn das Meer vor Segeln wimmelte, auf diesem Weg die Häfen auf der italienischen Seite der Adria erreichten.
Um sechzehn Uhr liefen sie in den Yachthafen des Villaggio del Pescatore ein. Das schmucklose Dorf neben der Mündung des seit der Antike sagenumwobenen, unterirdischen Flusses Timavo wurde erst 1953 in dieser schnakenverseuchten Gegend für die Flüchtlinge aus Istrien errichtet, doch der Hafen war ein begehrter Liegeplatz, in den auch Schiffe mit größerem Tiefgang einlaufen konnten.
Nur drei Männer waren an Bord. Einer von ihnen trug Halbschuhe mit Ledersohlen, was ihm unter anderen Umständen jeder Segler verboten hätte. Mit einer Reisetasche in der Hand ging er an Land und stieg in ein Auto, das auf ihn wartete. Er hatte den Kragen seiner schweren Lederjacke bis übers Kinn hochgeschlagen und trug trotz der Uhrzeit eine Sonnenbrille.
»Willkommen in ›La Salvia‹.« Adalgisa Morena reichte dem neuen Gast die Hand, doch der nickte nur.
»Hatten Sie eine gute Reise?«
»Wo ist mein Zimmer? Es geht mir nicht besonders gut.« Drakič schaute über sie hinweg.
»Man wird Sie gleich hinaufführen. Professor Severino, mein Mann, und Professor Benteli wollen Sie sofort sehen. Die Voruntersuchung dauert nicht lange.«
Adalgisa Morena drückte auf einen Knopf, und einer der schwergewichtigen Pfleger tauchte auf, nahm die Tasche und führte den Mann hinaus.
Das also war Petrovacs Freund und Verbündeter, für den sie ausgerechnet in dieser verworrenen Zeit ein großes Risiko eingehen mußten. Aber sie hatten keine Wahl.
Abends war es noch frisch auf dem Karst, Adalgisa Morena schloß das Fenster. Sie regte sich mächtig auf, als sie schon wieder die Polizisten auf dem Gelände sah. »Verdammt, ich dachte, das sei ein für allemal geregelt.« Dann wählte sie die Nummer des Empfangs. »Führen Sie die Herren bitte gleich zu mir.«
*
»Willst du mich ab jetzt jeden Nachmittag einspannen?« fragte Galvano.
»Warum?« murrte Laurenti nur. Er saß die ganze Fahrt über schweigend auf dem Beifahrersitz und versuchte Verbindungen zwischen den wenigen Resultaten herzustellen, die bisher vorlagen. Er versuchte das Geschwätz Galvanos zu überhören, der Sgubin von einer bevorstehende Geschlechtsumwandlung im Krankenhaus von Gattinara erzählte. »Piccolo« hatte sie groß angekündigt: Zwei Patienten sollten vor laufenden Kameras parallel unters Messer kommen, und Triest spielte angeblich wieder einmal eine führende Rolle. Wie bei den Schweinen auf Sant’Anna.
»Gestern nachmittag das Haus von Lestizza, heute die Klinik. Es wäre nett, wenn du mir künftig früher Bescheid sagen würdest. Ich muß meine Zeit einplanen.«
»Basta, Galvano! Sie haben doch immer gejammert, daß sie nichts zu tun haben.«
»Mit oder ohne Sirene?« fragte Sgubin, als er an der Gegensprechanlage vor dem Tor von »La Salvia« bremste.
»Ohne«, sagte Laurenti finster. »Es wird auch so genug Krach geben.«
»Laß mich mit der Dame reden«, schlug Galvano vor. »Ich habe einen guten Draht zu ihr. Ich mache eine Wette, daß sie mir keinen Wunsch abschlägt.«
»Ich habe keine Wünsche an sie, ich habe einen Durchsuchungsbefehl. Ich möchte endlich wissen, wer der Mann wirklich war.«
Das Stahltor schob sich unter dem Summen des Elektromotors langsam zur Seite. Sgubin hielt auf dem Parkplatz vor dem Verwaltungstrakt. Als sie auf den Parkplatz fuhren, sahen Sie einen Mann mit Sonnenbrille und in einer Lederjacke mit hochgeschlagenem Kragen die Treppen herunterkommen. Ein Pfleger trug seine Tasche und brachte ihn zu einem anderen Gebäudetrakt.
»Ich soll sie gleich zur Chefin bringen«, sagte die Dame am Empfang.
Laurenti wedelte mit dem Untersuchungsbefehl. »Führen Sie uns in Professor Lestizzas Büro. Wo ist es?« Er stürmte los. »Treppe oder Flur?«
»Erster Stock«, sagte die Frau zögerlich. »Ich habe aber keinen Schlüssel.«
»Dann besorgen Sie einen. Und zwar rasch.«
Die Tür zu Lestizzas
Weitere Kostenlose Bücher