Tod den alten Göttern
sorgenvoller Stirn.
»Richtig. Es gibt eine Person, die um die seelische Verfassung von Gormflaith wusste und sie mit Dubh Duin bekannt gemacht
hat. Sechnussach und sie hatten sich bereits getrennt. Die Gründe spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle, sind mir aber
bekannt. Gormflaith war allein, unglücklich und verletzlich. Gegen Ende ihrer Schwangerschaft mit ihrem dritten Kind hatte
sich Sechnussach eine Geliebte genommen. Dubh Duin war ein gut aussehender Mann und hatte eine gewinnende Art. Man redete
ihm ein, er könnte sich mit Leichtigkeit bei Gormflaith einschmeicheln, was ihm ja dann auch überzeugend gelang.
Nur ging es dem, der die Fäden in der Hand hielt, am wenigsten um Gormflaiths seelisches Befinden. Dubh Duin hatte er davon
überzeugt, dass eine Beziehung zu ihr ihm den Weg zu Sechnussach ebnen würde, während er selbst ganz andere Ziele verfolgte.
Es ging ihm darum, jeglichen Verdacht von sich und einem weiteren Verschwörer abzulenken, sodass man ihnen nichts würde nachweisen
können …«
»Ein weiterer Verschwörer?«, fragte Brehon Sedna halb verzweifelt. »Wie viele waren denn an der Verschwörung beteiligt?«
»Das Ausmaß der Verschwörung ist ungeheuerlich«, gab Fidelma zu. »Ich muss den Großen Rat um Entschuldigung und Verständnis
bitten. Es ist wie das Häuten einer Zwiebel. Die Person, die Dubh Duin verleitet hat, hatte einen eigenen Beweggrund, und
der war Machtgier. Das Bestreben dieses Mannes war es, Hochkönig zu werden. Nur wurde er wiederum von einer Frau dazu getrieben,
der es auch um Macht ging. Sollte er es schaffen, würde sie die Macht mit ihm teilen. Gemeinsam bearbeiteten sie Dubh Duin,
dessen fanatisches |389| Festhalten am Alten Glauben ihnen bekannt war. Er würde derjenige sein, der ihnen den Weg zur Macht ebnete.
Dubh Duin wusste, dass es in Tara Leute gab, die ihm helfen würden. Es wohnten auch hier Menschen, die immer noch den alten
Göttern und Göttinnen huldigten. Menschen in Positionen, die es ihnen ermöglichten, den Schlüssel zu den Gemächern des Hochkönigs
zu stehlen und einen Zweitschlüssel anfertigen zu lassen, der für die entscheidende Tat gebraucht wurde.«
Abt Colmán hatte den Durchblick verloren.
»Du hast uns mit Behauptungen zugeschüttet, Fidelma. Es ist an der Zeit, Tatsachen und die Namen der Verschwörer zu nennen.«
Ärgerlich verzog sie den Mund. »Was du als Behauptungen bezeichnest, Abt Colmán, sind Tatsachen. Die Schwierigkeit besteht
darin, wie ich wiederholt gesagt habe, dass diese Verschwörung äußerst vielschichtig ist. Ich werde mich bemühen, es einfach
zu machen.
Der Hauptverschwörer und seine Geliebte wussten um Dubh Duins fanatische Grundhaltung. Es fiel ihnen nicht schwer, ihn in
ein Komplott einzubeziehen, in dem ihm der Part des Mörders von Sechnussach zugedacht wurde. Sie fädelten es so ein, dass
notfalls jeder Verdacht nur auf ihn und seine Geliebte Gormflaith fallen würde. Was sie nicht bedacht hatten, war, dass Dubh
Duin in Tara eigene Mitverschworene hatte. Zu seinem Pech hatte er sich für die Mordtat einen falschen Moment ausgesucht und
brachte damit einen Stein ins Rollen, oder anders gesagt, das sorgsam geknüpfte Flechtwerk bekam ein Loch, und lose gewordene
Fäden machten sich selbständig. Ich werde jetzt die Fäden im Einzelnen an ihren Ursprung zurückverfolgen.
|390| Weshalb beging Dubh Duin die Schreckenstat just in besagter Nacht? Die Anhänger des Alten Glaubens berufen sich auf eine uralte
Legende, die da besagt, wenn der Tag kommt, an dem das ›Schicksalsrad‹, das der Sonnengott unserer Vorväter erschaffen hat,
gefunden wird, würde man mit seiner Hilfe den Neuen Glauben vernichten können. Es würde den Weg zu dem Ort weisen, wo der
große Kessel von Murias, der ›Kessel der Fülle‹, verborgen ist, und würde man erst einmal diesen heiligen Gegenstand in Händen
halten, würden die Verehrer des Alten Glaubens triumphieren und das Christentum ausrotten.
In Tara gab es eine alte, geistesgestörte Frau, die unter dem Namen Mer bekannt war. Die meisten von euch haben sie nicht
ernst genommen. Dabei war sie es, die schon lange, bevor ich hierherkam, mit dem Auffinden des Schicksalsrades laut herumprahlte.
Dann erfuhr ich von dem Besuch des Bischof Luachan bei Sechnussach in der Nacht vor dessen Ermordung. Bischof Luachan sitzt
hier unter uns. Er kann euch berichten, dass er und Bruder Diomasach in einer von Menschenhand
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