Tod den alten Göttern
selbst in ein schlechtes Licht. Dabei hätte sie sich leicht als hintergangen darstellen können, von einem Liebhaber getäuscht,
der sie benutzte, um den Hochkönig zu töten. Nein, das passt nicht zusammen. Irgendetwas stimmt da nicht.«
|216| »Die Untersuchung führst du, und noch gibt es eine Reihe offener Fragen«, erklärte Brehon Barrán und sah sie nachdenklich
an.
»Das stimmt. Das einzige, was wir wissen, ist, dass Dubh Duin Sechnussach ermordet hat. Daran ist nicht zu rütteln, egal,
was Gormflaith behauptet. Nach Aussage des Kriegers Lugna hat er mit seinem letzten Atemhauch seine Schuld gestanden. Kann
sein, Gormflaith ist selbst jetzt, da er tot ist, immer noch so betört von ihm, dass sie nicht zugeben möchte, dass er sie
benutzt hat, um zu Sechnussach zu gelangen.«
»Du bezweifelst das? Weshalb sonst hätte er Sechnussach töten wollen, wenn nicht um ihretwillen?«
»Vielleicht stecken andere dahinter, und Dubh Duin ist nur ein Werkzeug. Es gibt da Dinge, die keinen Sinn ergeben. Wir kennen
noch immer nicht das Motiv. Je mehr ich darüber nachdenke, desto wichtiger wird es. Wer, zum Beispiel, hat den Schrei ausgestoßen,
der Lugna zu Tode erschreckt und Dubh Duin veranlasst hat, sich das Leben zu nehmen? Und weshalb beging Dubh Duin Selbstmord?«
Mit unsicherer Stimme grübelte sie laut vor sich hin. Dann stand sie unvermittelt auf und blickte Brehon Barrán ernst an.
»Weißt du, ob Sechnussach in den Jahren, da er und Gormflaith sich von einander entfremdeten, sich eine zweite Frau genommen
hat?«
Er zog die Augenbrauen hoch und lehnte sich amüsiert zurück. »Sechnussach hätte es unmöglich verbergen können, wenn er eine
dormun
, eine zweite Frau, gehabt hätte. Das hätte eine Reihe rechtlicher Schritte nach sich gezogen. Da kannst du sicher sein, eine
zweite Frau hatte er auf gar keinen Fall. Seine Dienerschaft hätte davon gewusst, die aber wusste nur, dass Sechnussach und
Gormflaith sich auseinandergelebt |217| hatten. Außerhalb des Burggeländes ahnte selbst davon niemand etwas.«
»Von wem kam der Entschluss, getrennt zu leben?«
»Von Gormflaith. Ich glaube, Sechnussach zog auch schon mal eine Scheidung in Erwägung. Er dachte an eine Scheidung im beiderseitigen
Einverständnis. Man wollte sich vernünftig und ohne gegenseitige Schuldzuweisungen trennen. In solchen Fragen müssen sich
beide einig sein.«
»Sechnussach hat also davon gesprochen, aber im Gegensatz zu dem, was Gormflaith sagt, hatte man sich auf nichts konkret geeinigt?«
»Um der Wahrheit die Ehre zu geben, Sechnussach erwähnte mir gegenüber, wie ich mich jetzt erinnere, dass die Frage zuerst
von Gormflaith aufgeworfen wurde. Sie unterhielten sich über die Einzelheiten, aber zu einer endgültigen Festlegung kam es
nicht, auch erhielt ich keinen Auftrag, ein entsprechendes Dokument aufzusetzen.«
»Immerhin haben sie nach drei Jahren des Getrenntlebens über eine Scheidung gesprochen. Gormflaith bekennt sich zu ihrem Liebhaber.
Sechnussach war ein gut aussehender und beeindruckender Mann, und der soll wirklich all die Jahre im Zölibat gelebt haben?«
Brehon Barrán rang mit sich. »Ich bezweifle das«, meinte er schließlich. »Aber selbst wenn nicht, der Hochkönig war ein diskreter
Mann, und jede, die mit ihm das Bett teilte, musste natürlich Stillschweigen wahren.«
»Stellst du jetzt Vermutungen an, oder weißt du Genaueres?«
»Es sind reine Vermutungen.«
»Es entzieht sich also deiner Kenntnis, ob Sechnussach eine oder mehrere Geliebte hatte?«
»Sechnussach gehörte nicht zu denen, die sich treiben lassen.«
|218| »Dennoch war er ein Mann mit Bedürfnissen.«
»Dann müssen wir wie ich vorhin bei Vermutungen bleiben. Sollte er eine Geliebte gehabt haben, dann hat sie niemand gesehen,
und sie hat sich nie zu erkennen gegeben.«
Versonnen betrachtete Fidelma eine Ecke des Tisches.
»Wir befinden uns hier nicht in einem dunklen Wald und spielen Verstecken, Barrán. Wenn Dinge wie die eben genannten geschehen,
dann bleiben sie nicht unbemerkt. Oder man verheimlicht sie, behält sie schlichtweg für sich.«
»Wenn, dann könnte nur einer der Diener im Haus des Königs etwas davon wissen. Und wenn du einen von ihnen befragen willst,
dann käme am ehesten sein Kammerherr infrage.«
»Du denkst an Bruder Rogallach?«
Bejahend neigte Barrán den Kopf.
»Er ist einer der Zeugen, die ich noch nicht befragt habe«, gab sie zu. »Würdest du sagen, er stand
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