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Tod den Unsterblichen

Tod den Unsterblichen

Titel: Tod den Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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war damals im dritten Semester gewesen und hatte den alten Wayne als Hausmaster; das audio-visuelle Lehrprogramm hatte die Marionette eines Betrunkenen gezeigt, der von einem puppengroßen Laternenpfahl mit betrunkenen Zufallsschritten in betrunkene Zufallsrichtungen torkelte. Er lächelte den Krug an.
    »Also, was ich tun möchte, ist, ihn nüchtern zu machen. Passen Sie auf!« Carl schnaubte und dachte nach; er war ein Beispiel für Konzentration. Rodin hatte, wenn man Master Carl ansah, nur die groben Umrisse skizziert. Dann keuchte er. »Na?«
    Offenbar, dachte Cornut, versuchte Carl, die Moleküle dazu zu bringen, sich in geraden Linien zu bewegen. »Ich kann nichts sehen«, gestand er.
    »Nein, ich auch nicht … Also«, sagte er und stellte den Krug hin, »sogar eine negative Antwort ist eine Antwort. Aber ich gebe noch nicht auf. Mir schwebt da noch einiges mit den Fotos vor – wenn Greenlease mir etwas dabei helfen kann.« Er setzte sich neben Cornut. »Und Sie?«
    »Sie haben es selbst gesehen.«
    Carl nickte ernst. »Ich habe gesehen, daß Sie noch am Leben waren. Weil Sie selber als Betrunkener Ihren eigenen Torkelweg gegangen sind.«
    Cornut schüttelte den Kopf. Er meinte damit nicht nein, sondern: Wie soll ich das wissen?
    »Und wie steht es mit meiner Idee, sich eine Frau zu suchen?«
    »Ich weiß nicht so recht.«
    »Dieses Mädchen aus dem Speisesaal«, sagte Carl mit einigem Scharfblick. »Was ist mit ihr?«
    »Locille? Ach du liebe Güte, Carl, was weiß ich denn von ihr? Ich … ich kenne kaum ihren Namen. Jedenfalls scheint sie Egerd ziemlich nahezustehen.«
    Carl stand auf und trat ans Fenster. »Wir sollten lieber frühstücken. Die Ureinwohner dürften inzwischen soweit sein.« Er starrte in die Morgenröte. »Senhora Sant’ Anna hat um einen Helfer gebeten, um ihre Ureinwohner nach Valparaiso zu schaffen«, sagte er nachdenklich. »Ich glaube, ich kann ihr behilflich sein.«
     

 
6.
     
    Zehntausend Meilen entfernt fühlte sich Locille am frühen Nachmittag Egerd keineswegs so nahe. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich möchte schon. Aber …«
    Egerd stand gereizt auf. »Was ist der Rekord?« sagte er wütend. »Zehn Wochen? Gar nicht übel. Um den Ersten des nächsten Monats melde ich mich wieder bei dir.« Er stolzierte aus dem Tagesraum der Mädchen.
    Locille seufzte, aber sie wußte nicht, was sie gegen Egerds Eifersucht unternehmen sollte; sie unternahm gar nichts. Manchmal war es recht schwierig, eine Frau zu sein.
    Denn Locille ist eine Frau, eine recht hübsche Frau, und sie ist voller weiblicher Probleme. Eine Frau darf nicht zeigen, daß sie Probleme hat. Eine Frau darf nur ausgeglichen und liebenswert aussehen. Und brauchbar.
    Es ist nicht wahr, daß Frauen aus Zucker und Würze sind. Diese geheimnisvollen Geschöpfe mit den geschminkten Gesichtern, schwach nach fernen Blumenfeldern und Moschus duftend, hier begrenzt und dort grenzenlos – sie sind Tiere, so wie die Männer Tiere sind, am Leben gehalten von dem gleichen schlammigen Rinnsal teilweise fermentierter organischer Materie; und voller irdischer Probleme, von denen Männer nie etwas zu erfahren brauchen.
    Und hier ist, wie gesagt, Locille. Zwanzig Jahre alt, Studentin, Tochter eines pensionierten U-Bahn-Ingenieurs und einer pensionierten Fürsorgerin. Sie ist jung, sie ist heiratsfähig. Sie strotzt vor Gesundheit wie eine Ackerstute. Was kann sie schon von Geheimnissen wissen?
    Doch sie wußte davon.
    An dem Abend, an dem die Expedition zurückkehren sollte, war Locille von allen Abendvorlesungen dispensiert. Sie nutzte eine freie Stunde, um ihre Eltern draußen auf dem Texas anzurufen. Sie stellte, wie schon hundertmal zuvor, fest, daß sie sich nichts zu sagen hatten, und kehrte rechtzeitig in die Küche der Fakultätsmensa zurück, um sich ihren abendlichen Pflichten zu widmen.
    Der Anlaß war die Rückkehr der Expedition. Es versprach ein Riesenbankett zu werden.
    Über zweihundert eingeladene Honoratioren sollten daran teilnehmen, sowie die höchsten Würdenträger der Universität selbst. In der Küche herrschte Hochbetrieb. Alle sechs J.’s hatten Dienst und waren vollbeschäftigt; der Kulinarische Ingenieur, der für die Saucen und Mayonnaisen verantwortlich war, erspähte Locille als erster und beanspruchte ihre Hilfe, aber es entstand Streit; der Ingenieur, der für die Pasteten verantwortlich war, kannte sie und wollte sie ebenfalls haben. Saucen und Mayonnaisen trugen den Sieg davon, und Locille

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