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Tod den Unsterblichen

Tod den Unsterblichen

Titel: Tod den Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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zu vergewissern, daß es funktionierte, prüfte, ob der Telefonhörer auch auflag, setzte sich auf den Rand des Bettes und begann schließlich leise zu weinen. Sie hatte Angst.
    Was auch immer Cornut dazu treiben mochte, Selbstmordversuche zu begehen, es hatte ihn noch nie befallen, wenn er hellwach und im Vollbesitz seines Verstandes war. Traf das nicht länger zu? Wenn es aber doch noch zutraf, warum hatte er sich dann so fortgeschlichen?
    Das Radio flüsterte eindringlich den Schwall der letzten Nachrichten: »Streiks in Gary, Indiana, das Wrack einer Frachtrakete, dreihundert Fälle von Virus Gamma innerhalb von zwölf Stunden, ein katastrophaler Zusammenstoß zwischen einem Nuklear-Fischdampfer und einem Texas (sie horchte kurz auf und entspannte sich dann) vor der Küste von Haiti.« Da Cornuts Name nicht erwähnt wurde, hörte sie kaum hin. Wo konnte er nur sein?
    Als das Telefon klingelte, meldete sie sich sofort.
    Es war nicht Cornut, sondern die unwirsche, schnelle Stimme eines beschäftigten Mannes. »… bat mich, Sie anzurufen. Sie ist bei Ihrem Bruder. Können Sie herkommen?«
    »Meine Mutter hat Sie gebeten, anzurufen?«
    Ungehalten: »Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Ihr Bruder ist schwer krank.« Die Stimme zögerte nicht. »Wahrscheinlich stirbt er innerhalb der nächsten Stunden. Auf Wiederhören.«
    Die Liebe sagte: Nein, bleib, warte auf Cornut; aber ihre Mutter hatte sie rufen lassen; sie zog sich schnell an.
    Sie gab dem Nachtportier genaue Anweisungen, was er tun solle, wenn – nicht falls – wenn Cornut zurückkäme. Ihn beim Einschlafen beobachten; die Tür offen lassen; alle halbe Stunde nach ihm sehen, dabeisein, wenn er aufwachte. »Ja, Madam«, sagte der Student, und dann freundlich: »Es wird ihm schon nichts passieren.«
    Wirklich nicht? Locille eilte über den Campus, verbannte die Frage aus ihrem Verstand. Es war zu spät für eine Luftfähre von der Insel. Sie mußte zur Brücke gehen, in die Stadt fahren und hoffen, daß ein Hubschrauber sie von dort zum Texas brachte. Viele Räume der Klinik waren hell erleuchtet; merkwürdig, dachte sie und eilte weiter. In ihrem Drahtgehege murmelten die Ureinwohner. Auch merkwürdig.
    Angenommen, der Proktor vergaß es?
    Locille redete sich ein, daß er es nicht vergessen würde; er war einer von Cornuts Studenten. Auf alle Fälle mußte sie das Risiko eingehen. Sie war fast dankbar dafür, daß etwas geschehen war, das ihre Abwesenheit rechtfertigte, denn das Warten war unerträglich gewesen.
    Sie ging an dem Wohnsitz des Präsidenten vorbei, ohne ihm einen Blick zu gönnen; es kam ihr nicht in den Sinn, daß die Tatsache, daß auch er hell erleuchtet war, irgend etwas mit ihren eigenen Problemen zu tun haben könnte. Darin irrte sie sich.
    Erst als sie endlich in die Untergrundbahn einstieg, drang die Erkenntnis, wohin sie fuhr und warum, zu ihr durch. Roger! Er lag im Sterben.
    Sie begann zu weinen, über Roger, über den verschollenen Cornut, über sich selbst; aber in dem Wagen saß außer ihr niemand, der es hätte sehen können.
    Im selben Moment rappelte sich Cornut mit blutunterlaufenen Augen vom Boden auf.
    Jillson beugte sich, einen mit einem feuchten Tuch umwickelten Schläger in der Hand, geduldig und heiter über ihn. Cornut empfand Schmerzen, wie er sie nie für möglich gehalten hatte. Er murmelte: »Sie brauchen mich nicht mehr zu schlagen.«
    »Viel-leicht doch«, sagte St. Cyr von seinem blaugrünen Thron herab. »Wis-sen Sie, wir tun das nicht gern. A-ber wir müs-sen es tun.«
    »Sprechen Sie nur für sich selbst«, sagte Jillson lustig, und die uralte Blondine quietschte vor Lachen. Sie flüsterten untereinander, wie Cornut vernahm; er konnte nur einiges davon verstehen, aber sie machten Scherze, Randbemerkungen … sie amüsierten sich köstlich, während dieser methodische Verrückte ihn grün und blau prügelte.
    Der fette Senator keuchte: »Sie müssen sich in unsere Lage versetzen. Wir sind nicht grausam. Wir töten euch Kurzlebige nicht grundlos. Aber wir sind nicht menschlich, und wir können nicht nach menschlichen Gesetzen verurteilt werden … Los, Jillson.«
    Der Leibwächter ließ den Schläger herabsausen, und Cornut sank wieder auf die Kissen, die von der aufmerksamen uralten Blondine immer wieder für ihn aufgestapelt wurden. Besonders mißlich war, daß der Senator einen Revolver in der Hand hatte. Als Cornut das erstemal geschlagen wurde, hatte er sich gewehrt, aber da hatte der Senator den Revolver

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