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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lennon
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haben musste,
     recht gut vorstellen. Doch die Jalousien vor den schmalen Fenstern waren heruntergelassen, die Haustür war geschlossen und
     von Alain war weit und breit nichts zu sehen.
    Fletcher wartete und sah zu, wie noch mehr Menschen eintrafen.In der Gasse zwischen den Fachwerkhäusern begannen ein paar Molly Dancers unter den Fähnchenketten zu tanzen, das bemalte
     Gesicht von Schweiß verschmiert. Sie sangen dabei guttural und schüttelten ihre Stöcke. Die Klänge hallten über das Gemurmel
     der Zuschauermenge hinweg.
    Fletcher ging weiter, die Böschung des Damms hinauf, und der aus dem Gras aufwirbelnde Blütenstaub kitzelte ihn in der Nase.
     Über allem lag der Geruch von gegrilltem Fleisch, und oben angelangt stieß er auf zwei Männer aus dem Dorf, die eine in die
     Erde gegrabene und mit glühender Kohle gefüllte langgezogene Feuerstelle betreuten. An Bratspießen brutzelten von Fett tropfende
     Fleischstücke. Die Männer waren in den Sechzigern, doch ihre Gesichter leuchteten wie die von Kindern vor einem Fest, und
     sie schauten ständig zum Dorf hinunter. Dicke Rauchschwaden stiegen von Fleisch und Feuerstelle auf, und Fletcher ging ein
     Stück weiter, um wieder frische Luft zu bekommen. Unter ihm lag der glänzende See, dessen stille Oberfläche sich nur gelegentlich
     kräuselte, wenn ein Fisch sprang. Am gegenüberliegenden Ufer war niemand zu sehen. In der Ferne schimmerte die Kathedrale
     im Dunst.
    Hinter ihm ertönte ein Schrei. Fletcher drehte sich um und sah, dass einer der Männer beim Grillfeuer aufgeregt zu den Shamblings
     zeigte.
    »Ich sehe sie. Ich sehe die Braut!« Der Mann schlug seinem Freund auf den Rücken und zwinkerte Fletcher zu. »Und sie ist eine
     Augenweide. Eine wahre Schönheit.«
    Fletcher blickte zum Dorf hinunter. Er erwartete, jemanden mit einer der kleinen Strohpuppen zu erblicken, die für den Festtag
     vielleicht ein besonders hübsches Seidenkleidchen tragen würde. Seine Augen waren müde und er schloss sie einen Moment lang,
     bevor er wieder hinschaute. Über die Köpfe der Menschenmenge hinweg sah er, dass etwas sich dem engen Teil der Shamblings
     näherte.
     
    Am anderen Ende der Shamblings erwartete auch Sal, nun eines der Strohpüppchen zu sehen. Stattdessen erschienen sechs Männer,
     die einen Traktoranhänger zogen. Schwitzend manövrierten sie den Wagen in die Straßenmitte. Irgendetwas wurde darauf transportiert:
     Es war unregelmäßig geformt, etwa drei Meter lang, und wurde von einer Schutzplane verhüllt. Die Menge trat zurück, um dem
     Wagen Platz zu machen, und das Gemurmel verstummte. Auch die Fiedel spielte nun nicht mehr.
    Eine Weile standen die Männer keuchend da und blickten sich lächelnd um. Dann trat einer vor und ergriff den Rand der Schutzplane.
     Aufregung ergriff die Menge und alle starrten gebannt auf die verhüllte Form. Alle, mit einer einzigen Ausnahme: ein junger
     Mann, der   ...
    Sal verlor ihn aus den Augen, weil in diesem Moment die Plane weggezogen wurde und die Menge nach vorn drängte und den Blick
     auf den Wagen versperrte. Dort gab es jetzt ein großes Hin und Her und die sechs Männer bückten sich schnaufend, als müssten
     sie die Schultern unter etwas Schweres schieben. Dann brachen die Zuschauer in Applaus aus, und Sal erblickte ein riesiges
     Ding, das schwankend über die Köpfe der Zuschauer emporstieg und fast bis zur Höhe der Dachtraufen reichte. Einen Moment lang
     blieb Sal trotz des Gedränges stocksteif stehen. Sie wollte ihren Augen nicht trauen.
    Das war die Braut von Thinbeach, daran bestand kein Zweifel. Aber sie war gigantisch, als wäre eines der Püppchen über Nacht
     mutiert. Diese Braut war drei Meter groß, und die sechs Männer konnten sie nur mit vereinten Kräften oben halten und den bewundernden
     Blicken zur Schau stellen. Sie hatte die Figur einer sinnlichen, gutgebauten Frau mit langen Armen und Beinen und vollen Brüsten.
     Die eine Hand in die Hüfte gestemmt und die andere hinter den Kopf gelegt, lehnte sie sich herausfordernd zurück. Ihre Hände
     hatten je drei gebogene Finger, die in Fingernägeln aus Gerstenähren ausliefen.Ihr Kopf war leicht zur Seite geneigt, und man hatte ihr weit geöffnete, breit lächelnde Lippen aufgenäht. Sie hatte zwar
     keine Augen, aber dennoch schien die Braut über die Shamblings zu blicken, als die sechs Männer sie gemessenen Schrittes zum
     See trugen. Die Zuschauer schlossen sich an, wobei ein ziemliches Gedränge entstand.
    Nun

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