Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lennon
Vom Netzwerk:
sind Sie überhaupt ins Land gekommen?«
    Die Augen des Russen leuchteten. Er genoss das Gespräch.
    »Im Pass steht, dass ich Lette bin. Ich gehe an Bord der Fähre. Ein netter lettischer Klempner, den winkt man doch sofort
     durch. Hier in diesem Land braucht ihr massenhaft Klempner. Wie kommt das nur, mein Freund?«
    »Sie haben also einen gefälschten lettischen Reisepass.«
    »Lassen Sie uns das Thema wechseln!«
    »Wieso sprechen Sie so gut Englisch?«
    »Man nennt mich sogar danach.«
    »Wie denn?«
    »Berlitz. Wie die Schule, wo ich zu Hause Englisch gelernt habe. Kaum ist es mit dem Kommunismus vorbei, kommen sie ins Land
     und machen eine Schule auf. Ich habe mich als Erster eingeschrieben. Ich hatte eine wunderbare Lehrerin,Samantha Smithson-Hyde. Kurze Röcke, aber, wow, was konnte die Frau trinken. Ich habe auch die Kassetten gekauft.«
    »Sie haben in Tevershams Haus wirklich alles auf den Kopf gestellt, Berlitz. Was haben Sie gesucht?«
    »Ich habe dort nur auf Sie gewartet. Ich weiß alles über diesen Teversham und dachte mir, dass Sie irgendwann heute dort hinkommen
     würden. Aber ich war nicht im Haus. Wenn Sie meine Meinung hören wollen, würde ich sagen, dass irgendwelche anderen Typen
     gestern Nacht oder heute früh dort eingebrochen haben.«
    »Und wer könnte das Ihrer Meinung nach gewesen sein?«
    Berlitz zuckte die Schultern. »Sie sind doch der Polizist.« Er hatte keinerlei Interesse an der Videokassette gezeigt, die
     jetzt auf dem Rücksitz lag, als ginge er davon aus, dass britische Polizisten so etwas immer dabeihatten. »Jetzt hier abbiegen
     und zwischen diese hässlichen Büsche fahren. Da ist ein großes Loch, Achtung. So. Genau richtig. Mittendurch.«
    Fletcher lenkte den Wagen vorsichtig zwischen den Weißdornbüschen hindurch. Dann hielt er an.
    Vor ihnen lag eine riesige Fläche von rissigem Beton, Trümmern und Geröll, die bis zum Horizont mit der prachtvoll rot untergehenden
     Sonne zu reichen schien. Zuerst meinte Fletcher, tief am Boden treibenden Nebel zu sehen. Dann merkte er, dass alles mit Pusteblumen
     bewachsen war, deren runde Köpfchen mit den grauen Samenschirmchen zu Tausenden im leichten Wind zitterten.
    »Wo sind wir?«
    Berlitz lachte wieder: Er war ein glücklicher Mensch.
    »Können Sie das nicht – wie heißt das Wort? – schlussfolgen?«
    »Schlussfolgern.«
    Fletcher spähte über das Pusteblumenmeer und sah etwas in einiger Entfernung – eine Art leichte Erhöhung, die sich vor dem
     malvenfarbenen Himmel abzeichnete.
    Der Russe nickte. »Richtig. Dorthin müssen wir. Aber ich denke an Ihre Reifen, mein Freund. Daher schlage ich einen kleinen
     Spaziergang vor.«
    Sie stiegen aus. Berlitz zog seine Jacke zurecht. Dass er etwas untersetzt war, erklärte noch lange nicht die Ausbeulung unter
     seinem Arm.
    »Berlitz«, sagte Fletcher, »mir scheint, dass Sie eine Waffe bei sich tragen.«
    Berlitz wirkte gekränkt. »Aber ich habe Sie nicht bedroht. Ich war höflich. Mehr als das, ein wahrer Gentleman.«
    »Zeigen Sie mir die Waffe.«
    Berlitz lächelte. »Wollen Sie sie wirklich sehen?«
    Er öffnete den Reißverschluss seiner Jacke und zog eine irrwitzige Pistole hervor. Er legte sie auf die ausgestreckte Handfläche,
     so dass Fletcher sich nicht bedroht fühlte. Es war eine schlanke Waffe mit einem stark geriffelten Kunststoffgriff und einem
     langen, flachen Lauf, der in einer haifischflossenähnlichen Zielvorrichtung auslief. Das dunkle Metall war glänzend poliert
     und stellenweise blankgescheuert.
    »Was soll denn das sein?«, fragte Fletcher.
    Mit nach unten gehaltener Mündung zeigte Berlitz ihm stolz den Mechanismus.
    »Das ist das Original, Mann. Eine Margolin .22.   Damals, in der Sowjetunion, wurden sie als olympische Sportpistolen entwickelt, aber danach gab es die eine oder andere kleine
     Verbesserung. Hübsch und leise. Genau die richtige Waffe für einen Mann wie mich auf einer solchen Reise – und wissen Sie
     auch, warum?« Er nahm das Magazin heraus, warf es ein paarmal in der Hand herum und steckte es wieder zurück. »Eine ganz schlichte
     Waffe. Nimmt man sie auseinander, sieht sie aus wie ein paar Rohrstücke. Was ein Klempner eben so in seiner Werkzeugkiste
     hat. Ich möchte Sie nicht beunruhigen, mein Freund, aber ich glaube, dass gerade jetzt eine gewisse Anzahl dieser Waffen in
     Ihrem Land eintreffen. Plus Besitzer.«
    »Gut gemacht, Berlitz. Sie haben mich auf eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit aufmerksam

Weitere Kostenlose Bücher