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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lennon
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»Luke, alter Kumpel. Weiß deine Mutter, dass du hier bist?«, fragte er.
    »Sie arbeitet. Warum rinnen manche Regentropfen schneller als andere?«
    Er schloss die Wohnungstür auf. »Ich glaube, das liegt an der Oberflächenspannung. Was ist los?«
    »Ich weiß nicht genau. Lass mich rein.«
    Fletcher sah zu, wie er in die Diele trat. Er war schlank und hatte die natürliche Anmut seiner Mutter. Nur, dass ermanchmal so schwierige Fragen stellte. Aber vielleicht war das normal. Luke, Cathleens Sohn, war fünfzehn.
    Fletchers Wohnung war unpraktisch geschnitten, der Flur war größer als irgendeines der Zimmer. Sie gingen hindurch und traten
     ins Wohnzimmer. Fletcher warf Luke ein Handtuch zu, und der Junge sah ihn an, als wäre es ein vollkommen abwegiger Gedanke,
     sich die Haare zu trocknen. Fletcher rief Cathleen an, gab ihr Bescheid, dass Luke bei ihm war, und versprach, ihn gleich
     nach Hause zu fahren.
    »Warum er hier ist? Das weiß ich noch nicht. Aber bestimmt sagt er es mir.«
    Er legte auf.
    »Jemand ist mir gefolgt«, sagte Luke. »Sie sind jetzt da draußen.«
    Fletcher machte das Fenster auf und sah hinaus. Auf der Straße, die grau und im Licht der Lampen gelborange schimmerte, war
     weit und breit kein Auto zu sehen.
    »Warum glaubst du das?«
    »Heute Abend stand bei uns ein Auto vor dem Haus. Jemand, der drinnen saß, hat Mom beim Rausgehen fotografiert. Sie hat nichts
     davon gemerkt, aber ich schon. Dann hat das Telefon zweimal geläutet, aber als ich abnahm, war keiner dran. Da dachte ich,
     am besten geh ich zu Tom. Unterwegs ist mir dann aufgefallen, dass mir dasselbe Auto folgte.«
    »Was für ein Auto war es?«
    »Ein Omega, dunkelblaumetallic. Hier ist das Kennzeichen.«
    Fletcher warf einen Blick auf den Zettel. Er wusste schon, dass das Kennzeichen gefälscht war. »Hast du gesehen, wer drinsaß?«,
     fragte er.
    »Zwei ältere Männer.«
    »Älter? So um die fünfzig?«
    »Ja, genau. Was ist los? Ich wollte dir Bescheid geben. War das richtig? Mum sagt, du gibst Acht auf uns.«
    »Das sagt deine Mum?«
    »Das sagt sie immer.«
    Fletcher schloss das Fenster und ließ die Jalousie herunter.
    »Und wer sind jetzt diese Leute im Auto?«, fragte Luke.
    »Das weiß ich nicht. Komm, ich bring dich nach Hause.«
     
    Fletcher behielt den Rückspiegel im Auge. Es folgte ihm niemand.
    Luke hatte das Seitenfenster halb geöffnet und schaute in den Regen hinaus. »Ich glaube nicht, dass es an der Oberflächenspannung
     liegt«, sagte er. »Es liegt daran, wie schwer der Tropfen ist. Manche Tropfen sind ein klein bisschen größer als andere.«
    »Wie läuft es in der Schule, Luke?«
    Der Junge wandte Fletcher das Gesicht zu. Fletcher konnte sich die Antwort denken. Luke mochte die Schule nicht, sie lenkte
     ihn von den Dingen ab, die ihn wirklich interessierten. Wie zum Beispiel Regentropfen.
     
    Fletcher stand neben Cathleen in der kleinen Küche, deren Tür zum Hof geöffnet war. Von den Oberleitungen über der Gleisanlage
     tropfte das Wasser, und wenn ein Zug darunter durchfuhr, stieg Dampf auf und glänzte im Scheinwerferlicht der Autos, die die
     Brücke passierten.
    Lukes Parka hing zum Trocknen in der Türöffnung.
    Fletcher hatte zweimal auf der Wache angerufen und gefragt, ob der dunkelblaue Omega inzwischen aufgetaucht sei, aber er schien
     sich in Luft aufgelöst zu haben.
    »Und wer sind diese Männer nun?«, fragte Cathleen.
    »Nicht die üblichen Verrückten. Sie sind mir heute Abend ebenfalls gefolgt. Möglicherweise sind sie mir schon mal gefolgt,
     als ich hierherkam. Irgendjemand interessiert sich für uns drei: für dich, Luke und mich.«
    Einen weiteren Gedanken verschwieg er: Warum verhieltendie Verfolger sich so, dass man gar nicht anders konnte, als sie zu bemerken? Fast als ob sie es darauf anlegten, von Fletcher
     und Luke gesehen zu werden.
    Cathleen sah ihn schweigend an. Er erkannte Lukes Züge in ihrem Gesicht wieder, die Augen, die Wangenknochen und die blasse
     Haut.
    »Jemand interessiert sich für uns? Wer könnte das sein?«
    Er ließ die Frage unbeantwortet, weil es ihm vollkommen schleierhaft war. Fünfzehn Jahre lang hatte er sein Leben zweigeteilt.
     Die eine Hälfte war für alle sichtbar gewesen, die Schule, dann das College, seine Arbeit bei der Polizei und seine Ehe, bis
     sie zerbrach. Doch all die Jahre hatte es immer die andere, verborgene Seite gegeben: Er hatte den Kontakt mit Cathleen aufrechterhalten
     und bei seinen wöchentlichen oder noch

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