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Tod einer Verrückten

Tod einer Verrückten

Titel: Tod einer Verrückten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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eine Dusche brauchte. Und vielleicht auch einen Kaffee. Die Hitze war ihm derart in den Kopf gestiegen, daß es ihm völlig egal war, daß das junge Paar gemeinerweise ausgeflogen war. Er wollte einzig und allein weg von der heißen Straße und unter eine kühle Dusche. Mehr nicht .
    Statt dessen empfing ihn ein Warteraum voller Touristen, darunter eine ältere Dame, die leise in ein Papiertaschentuch weinte .
    »Gott sei Dank, daß Sie zurück sind.« Ein zermürbt wirkender Di Nuccio streckte den Kopf aus der Tür des Wachraums; hinter ihm entdeckte der Maresciallo noch zwei Touristen. »In den Gemäldegalerien war ein Taschendieb am Werk, und da das lauter Ausländer sind, die nicht ein Wort von dem verstehen, was ich sage, wird das noch ewig dauern. «
    Die ältere Frau weinte leise weiter, während der Rest der Gruppe dem Maresciallo vorwurfsvolle Blicke zuwarf, als wäre es seine Schuld, daß ihr Urlaub eine so unerwartet schlechte Wendung genommen hatte. Sein erster Gedanke war, daß er in Anbetracht seines verschwitzten Hemds das Jackett würde anbehalten müssen, bis er mit diesem Haufen fertig war. Sein zweiter Gedanke war, daß wenigstens ein Mensch bei dieser Hitze arbeitete und daß der Taschendieb, den jämmerlichen Gesichtern nach zu urteilen, einen erfolgreicheren Vormittag hinter sich hatte als er .
    »Du hast nicht mal einen Blick in die Zeitung geworfen. «
    »Es ist schon spät …« Er knöpfte den Hemdkragen zu und griff nach seinem Jackett .
    »Schließlich bist du spät zum Mittagessen gekommen, also verstehe ich nicht, warum du dich nicht zehn Minuten ausruhen kannst. Da ist ein Artikel über Clementina … «
    »Soso. «
    »Sie haben ihr fast eine halbe Seite gegeben. «
    »Was …? Da steht doch nicht etwa drin … «
    »Nein, nein. In der Schlagzeile ist von Selbstmord die Rede. Vermutlich gibt es sonst nicht viele Neuigkeiten … «
    »Ich habe keine Zeit, ihn mir anzusehen. «
    »Ich dachte nur, er würde dich interessieren.« Sie war enttäuscht. Er wußte, daß sie immer weniger mit sich anzufangen wußte, je länger die Kinder fort waren, und allmählich setzte ihm das so zu wie das Wetter .
    Mit diesem Gedanken im Hinterkopf sagte er: »Wir gehen nach dem Abendessen noch ein Stündchen raus«, weil ihm einfiel, daß sie am Abend zuvor wegen Clementina auf ihren Spaziergang hatten verzichten müssen. Eine durchaus logische Gedankenfolge, wie er später darlegte, und es bedurfte wahrhaftig der verschlungenen Gedankengänge einer Frau, um sie als Brüskierung zu interpretieren. Das stellte sich gegen neun Uhr abends heraus, als das Abendessen abgeräumt war und sie gerade das Haus verlassen wollten. Er hatte die Zeitung mitnehmen wollen, da sie vorhatten, sich ein erschwingliches Café zu suchen, in dem sie es sich leisten konnten, draußen zu sitzen; immerhin verdoppelte sich dadurch der Preis für jedes Getränk .
    »Was soll das heißen, du hast sie weggeworfen? Du wirfst sie doch nie am selben Tag weg. «
    »Heute schon«, entgegnete sie ruhig .
    Das hinderte ihn nicht daran, durch die Wohnung zu stapfen, leise vor sich hinzubrummen und trotzdem danach zu suchen .
    »Was soll das, zum Kuckuck? Ich habe sie weggeworfen, nachdem du gesagt hast, daß du sie nicht lesen willst. «
    »Ich habe gesagt, daß ich im Augenblick keine Zeit habe, den Artikel zu lesen! «
    »Gehen wir jetzt aus? «
    »Ausgehen? Welchen Sinn soll das haben? «
    Da sie an seine »Brummbärnummer«, wie sie sie insgeheim nannte, gewöhnt war, ging sie ins Schlafzimmer, um ihr Haar in Ordnung zu bringen und etwas Lippenstift aufzulegen. Als sie eine weiße Baumwolljacke aus dem Schrank holte, konnte sie ihn in einiger Entfernung noch immer vor sich hinbrummen hören .
    »Solche Sachen würden nicht passieren, wenn jeder das täte, was man von ihm erwartet … «
    Eine Bemerkung, die den jungen Burschen auf dem Carabinieri-Posten recht vertraut war. Gelegentlich vergaß er, daß seine Frau da nicht dazugehörte. Als sie fertig war, nahm sie ihre Handtasche, und sie verließen schweigend die Wohnung .
    Um zwanzig nach neun überquerten sie die Brücke; die Laternen gingen an, tauchten die Uferböschungen in strahlendes Licht und brachten die Wasseroberfläche zum Glitzern. Wie gewohnt blieben sie stehen und blickten auf den Fluß hinab .
    »Dieser Junge …«, begann er plötzlich .
    »Ich nehme an, du sprichst von Bruno. Ich weiß nicht, warum du dir solche Sorgen um ihn machst. Ich finde, er ist ein reizender Junge

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