Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
schulterzuckend. »Aufträge für öffentliche Arbeiten, die wegen ihrer außergewöhnlichen Laufzeit von fünf Jahren angefochten werden; einige Morde, die in blutige Fehden ausarten würden, wenn wir ihnen die Rückkehr zu den Sitten ihrer Vorväter erlauben würden; eine Reihe umstrittener Pachtverträge für diverse Ländereien und dergleichen mehr.«
    Bei der Erwähnung von Ländereien spitzte ich die Ohren, doch Land in Gallien hatte Titus Vinius anscheinend nicht interessiert. In der Provinz gab es fruchtbarstes Ackerland zu weit günstigeren Preisen als in Italien. Und auch Arbeitskräfte waren billig zu haben. Zu Zeiten eines bevorstehenden Krieges gab es natürlich immer ein paar Unwägbarkeiten, aber falls das der Grund für seine Zurückhaltung gewesen sein sollte, verriet er einen enttäuschenden Mangel an Vertrauen in die römische Waffenkraft.
    »Warum brauchte Caesar ihn, um mit den Galliern zu verhandeln?«
    »Ich weiß nicht. Ich war nur ein paar Minuten lang dabei, dann mußte ich ins Lager der Auxilia, um die neu eingetroffene Reiterei zu inspizieren. Caesar hat ihnen jedenfalls gesagt, sie sollten in zwei Tagen zur Gerichtsverhandlung wieder kommen.
    Daß er dann nicht mehr hier sein würde, hat er ihnen nicht erzählt. Er wollte den ganzen Schlamassel nur auf mich abschieben. In manchen Dingen ist er noch immer genauso faul wie früher.«
    »Danach hast du Vinius nicht mehr gesehen?«
    »Nein. Wahrscheinlich hat er sich mit seiner germanischen Frau in sein Zelt zurück gezogen.« Er sah mich scharf an und erinnerte mich damit an den Groll, den sämtliche Offiziere gegen mich hegten. »Und was hältst du von ihr? Wenn Caesar sie nicht wollte, hätte er sie mir geben sollen. Ich bin sein Legatus.«
    »Ich habe mächtige Freunde im Senat.«
    »Hm. Wahrscheinlich schuldet er dir Geld. Caesar soll seine Schulden zu guter Letzt ja alle beglichen haben, aber das glaube ich nicht. Sie waren einfach zu gewaltig. Na ja, zurück an die Arbeit.« Er stellte seinen Becher neben die goldbeladene Truhe auf den Tisch. »Beherzige meinen Rat, Metellus: Laß die Hinrichtung dieser Männer geschehen. Es wird für alle das beste sein.«
    »Nicht, solange ich nicht von ihrer Schuld überzeugt bin«, erwiderte ich.
    »Na ja, es ist ja deine Karriere.« Er bückte sich unter dem Eingang und ging hinaus.
    Sorgfältig verstaute ich die Dokumente wieder in der Truhe und verschloß sie. Dann hängte ich mir den Schlüssel um den Hals. So blieb ich eine Weile sitzen und betrachtete die Truhe.
    Ich hätte sie liebend gern mit in mein Zelt genommen, doch ich wollte die Aufmerksamkeit der anderen nicht darauf lenken. Ich schwelgte in kühnen Visionen, sie im Schütze der Dunkelheit aus dem Lager zu schmuggeln und irgendwo zu vergraben, um später zurück zu kehren und sie zu bergen. Doch ich drängte derlei kindische Phantasien beiseite und entschied, daß sie im Praetorium am besten aufgehoben war. Hier war sie gut bewacht, und ich hatte Vinius' andere Habseligkeiten bereits hierher bringen lassen.
    Aber wie sicher war das Praetorium? Zunächst einmal war es nicht sicher vor mir. Noch nie war ich derart in Versuchung geführt worden. Mich beschlich das bittere Gefühl, daß ich genauso korrupt sein könnte wie all die Senatoren, die ich aus eben diesem Grunde verachtete. Vielleicht hatte sich ihnen nur früher eine Gelegenheit geboten. Dann dachte ich an Burrus und die übrigen Männer seines Contuberniums. Hätte ich der Versuchung vielleicht nach gegeben, wenn nicht das Leben von Männern, an deren Unschuld ich glaubte, in meinen Händen gelegen hätte? Bis heute denke ich nur ungern darüber nach.
    Doch was war mit den anderen? Es war ziemlich wahrscheinlich, daß Paterculus, der Lagerpräfekt, in die zwielichtigen Machenschaften verwickelt war. Wußte er von der Truhe? Und wenn j a, was konnte ich deswegen unternehmen? Verdammt wenig. Wenn irgendeiner dieser brutalen Militärs die Truhe haben wollte, wäre ich gut beraten, sie ihm zu überlassen, wenn ich nicht selbst mit dem Gesicht nach unten in einem Teich enden wollte.
    Und was war mit Caesar? Erstaunlicherweise war dies in all den Jahren, die ich ihn kannte, eine der seltenen Gelegenheiten, in denen ich ihn nicht ernsthaft verdächtigte. Zum einen hatte er erst vor zwei Monaten das Kommando über die Zehnte übernommen, während Vinius' verdächtige Transaktionen mindestens ein Jahr zurückreichten. Es war zwar möglich, daß Vinius Caesar an irgendwelchen

Weitere Kostenlose Bücher