Tod eines Fremden
Gegend, den Nordwesten von London. Kein allzu großer Zufall.
»Noch nicht.« Sein Mund war trocken, das Sprechen bereitete ihm Mühe. »Die Zahlen scheinen zu stimmen, aber ich sollte mir alle Fakten notieren und ihnen nachgehen. Das, was Sie hier haben, deutet jedoch nicht auf Unregelmäßigkeiten hin.«
»Ich habe gehört, dass sie von einem gewaltigen Gewinn gesprochen haben, weit höher als normal«, sagte sie ängstlich und mit gerunzelter Stirn. »Wenn es offen in den Unterlagen wäre« – sie zeigte auf die Papiere –, »hätte ich es selbst finden können. Aber ich bin zutiefst besorgt, Mr. Monk, zunächst um Michael, seinen Ruf und seine Ehre, ja sogar um seine Freiheit. Männer können wegen Betrugs ins Gefängnis gesteckt werden …«
Monk fror innerlich. Als wüsste ausgerechnet er das nicht! Als wäre es erst Tage, ja, erst wenige Stunden her, sah er Dun-das mit bleichem Gesicht vor sich auf der Anklagebank, als er verurteilt wurde. Er erinnerte sich noch gut an ihren letzten Abschied. Und er wusste noch genau, wo er gewesen war, als Mrs. Dundas ihm vom Tod ihres Mannes erzählt hatte. Er hatte sie besucht. Sie saß im Speisezimmer. Er sah die Sonne hell und kalt durch die Fenster auf die Vitrinen scheinen, sodass die Porzellanhunde darin kaum zu sehen waren. Der Tee war kalt geworden. Sie hatte ganz allein dort gesessen, und die Zeit war verstrichen, als hätte die Welt aufgehört, sich zu drehen.
»Ja, ich weiß«, sagte er kurz angebunden. »Ich werde die Landkäufe und die Qualität des Materials sehr sorgfältig unter die Lupe nehmen und überprüfen, ob die Arbeiten tatsächlich so ausgeführt wurden wie hier angegeben. Wenn es etwas gibt, das zu einem Zugunglück führen könnte, werde ich es finden, das verspreche ich Ihnen, Miss Harcus.« Das war voreilig, und in dem Augenblick, in dem er es aussprach, wusste er das, aber der Zwang in ihm war größer als das leise warnende Flüstern in seinem Kopf.
Sie entspannte sich, und zum ersten Mal, seit sie den Raum betreten hatte, zeigte sie ein Lächeln, so strahlend und lebhaft, dass das Gesicht beinahe schön war. Sie erhob sich.
»Vielen Dank, Mr. Monk. Was Sie da sagen, könnte mich nicht glücklicher machen. Ich bin überzeugt, dass Sie alle meine Hoffnungen erfüllen werden. Sie sind in der Tat genau der Mann, den ich mir vorgestellt hatte.«
Sie wartete auf die Unterlagen. Konnte er das Blatt mit seiner eigenen Unterschrift behalten? Nein. Sie beobachtete ihn. Es war unmöglich.
Sie nahm die Papiere und steckte sie wieder in ihre Tasche, dann holte sie sorgfältig fünf Sovereigns aus ihrer Geldbörse und hielt sie ihm hin. »Wird dies als Honorarvorschuss für Ihre Bemühungen genügen?«
Seine Lippen waren trocken. »Sicher. Wo kann ich Sie erreichen, um Ihnen zu berichten, was ich herausgefunden habe?«
Ihr Gesicht wurde wieder ernst. »Ich muss mit äußerster Diskretion vorgehen. Wie Sie sicher verstehen werden, dürfen weder Mr. Dalgarno noch die Familie Baltimore von meinem Anliegen erfahren.«
»Selbstverständlich.«
»Ich weiß nicht, wem ich trauen kann oder wer von meinen Freunden nicht wüsste, zu wem er halten sollte, wenn er von meinen Befürchtungen erführe. Daher finde ich es nur vernünftig, niemandem diese Last aufzubürden. Ich werde von übermorgen an jeden Nachmittag gegen zwei Uhr im Regent's Park sein.« Sie lächelte leicht. »Das macht mir nichts aus. Ich hatte immer schon ein Faible für Pflanzen, und meine Anwesenheit dort wird kein Befremden auslösen. Vielen Dank, Mr. Monk. Guten Tag.«
»Guten Tag, Miss Harcus. Ich komme, sobald ich etwas herausgefunden habe.«
Nachdem sie weg war, saß er eine Weile da und las ein ums andere Mal seine Notizen durch. Abgesehen von der Order, die seine Unterschrift trug, gaben die Papiere ein stimmiges Bild ab. Es war genau das, was er erwartet hätte. Offensichtlich war es nur eine Auswahl aus dem gesamten Material, das sich über viele Jahre hinweg angesammelt hatte. Aber wer war so unverfroren, Belege zu verändern oder zu fälschen, sodass man bei Prüfung der Unterlagen Unstimmigkeiten entdecken würde? Die Unstimmigkeiten lagen doch sicher eher zwischen dem, was in den Unterlagen stand, und der Wirklichkeit. Dafür würde er nach Derbyshire fahren und die Eisenbahnlinie in Augenschein nehmen müssen.
Sehr viel wahrscheinlicher war, dass der Betrug beim Land-kauf passiert war. Wenn er in Derbyshire die entsprechenden Büros aufsuchte, wo sich die Originale
Weitere Kostenlose Bücher