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Tod eines Fremden

Titel: Tod eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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umgebracht wurde, und sein Tod mit dem Landbetrug zu tun hatten und überhaupt nicht mit Prostitution? Ich weiß, dass er wahrscheinlich nicht wegen Geschäften dort war«, fuhr sie rasch fort. »Ich weiß, womit sich Abel Smith seinen Lebensunterhalt verdient!« Ihr Mund verzog sich zu einem winzigen Lächeln. »Und ich nehme an, genau aus diesem Grund war er dort. Aber, nicht wahr, es klingt doch vollkommen logisch, dass sein Mörder ihm dorthin gefolgt und den Ort gewählt haben könnte, um sein wahres Motiv zu verschleiern?«
    Diesmal ignorierte sie sein wachsendes Interesse.
    »Dann hat er Baltimore dort liegen lassen, damit jeder genau das glaubt, was er glaubt«, fuhr sie fort. »Außer seine Familie natürlich. Habe ich dir erzählt, dass seine Tochter zu mir an den Coldbath Square gekommen ist, um mich zu fragen, ob ich etwas wüsste, was helfen könnte, seinen Namen rein zu waschen?«
    »Was?« Er beugte sich vor. »Das hast du mir nicht erzählt!«
    »Oh … also, ich wollte es«, entschuldigte sie sich. »Nicht dass es etwas zu bedeuten hätte. Ich kann natürlich nicht. Ihr etwas sagen, meine ich. Aber die Familie möchte glauben, dass es nichts mit Prostitution zu tun hat, oder?«
    »Sie wären auch nicht allzu entzückt, wenn es Landbetrug wäre«, sagte er mit einem Lächeln. Aber der Gedanke loderte in seinem Kopf auf. Er passte zu dem, was er von den beiden jüngeren Männern in Baltimores Büro gesehen hatte und was Katrina von Dalgarno glaubte. Und es war eine weit bessere Erklärung für Nolan Baltimores Tod, als dass eine Prostituierte oder ein Zuhälter ihn umgebracht haben sollte.
    Hester sah ihn an, sie wartete auf eine Antwort.
    »Ja«, stimmte er ihr zu und legte sich Fisch und Kartoffeln nach. »Aber ich weiß immer noch nicht, ob es überhaupt einen Betrug gibt. Wenn du Recht hast, sollte ich wohl eher sagen, gab! Ich muss morgen nach Derbyshire fahren und mir das Gelände ansehen. Ich brauche alle Karten, in großem Maßstab, ich muss mir genau ansehen, was sie da treiben.«
    Sie runzelte die Stirn. »Weißt du das denn so einfach? Ich meine, indem du dir einfach die Karten und das Gelände ansiehst?«
    Der Zeitpunkt war gekommen, ihr von seinen erschreckenden Erinnerungen zu erzählen, seinem Gefühl von Vertrautheit mit den Vermessungsarbeiten für Eisenbahnen und dem Ankauf von Land mit all seinen Schwierigkeiten. Er hatte ihr vor langer Zeit von den winzigen Bruchstücken erzählt, die ihm von Arrol Dundas wieder eingefallen waren, und wie hilflos er sich damals gefühlt hatte, als er die Wahrheit nicht hatte beweisen können. Sie würde verstehen, warum er jetzt gezwungen war, die Wahrheit über Baltimore und Söhne herauszufinden, ob sie Katrina Harcus nützte oder nicht. Wenn er ihr seine Ängste erklärte, würde es ihm später leichter fallen, wenn er zugeben musste, dass er zumindest teilweise in den Betrug – und die Katastrophe, die vielleicht daraus resultierte – verwickelt war.
    Er dachte an ihre Arbeit mit den Frauen am Coldbath Square. Sie würde heute Abend wieder dorthin gehen. Sie hatte sich bereits dafür umgezogen, für eine lange Nacht voller schwerer, undankbarer Arbeit. Er sah sie wahrscheinlich erst wieder, wenn er von Derbyshire zurückkam. Er sollte damit warten, bis er die Möglichkeit hatte, bei ihr zu sein, um sie … wessen … zu versichern? Dass er, was auch immer für ein Mensch er früher gewesen war, heute ein anderer war?
    »Ich weiß nicht«, sagte er. Das war im Kern die Wahrheit, wenn auch nicht die ganze. »Ich weiß nicht, was ich sonst versuchen soll.«
    Sie griff nach Messer und Gabel und fing wieder an zu essen. »Wenn ich noch etwas über Nolan Baltimore höre, sage ich es dir«, versprach sie.

5
    Hester hatte nach Monks Rückkehr einen merkwürdigen, unglücklichen Abend verbracht. Sie war sich bewusst, dass da etwas sehr Machtvolles in ihm war, an das sie nicht herankam. Er war entweder nicht willens oder nicht in der Lage, sich ihr mitzuteilen. Sie hatte ihn vermisst, als er weg war, und die Gelegenheit genutzt, in dem Haus am Coldbath Square so viel Arbeit wie möglich zu erledigen, und sie wäre überglücklich gewesen, sehr viel später oder auch gar nicht hinzugehen, hätte er nur einmal gesagt, er würde sich freuen, wenn sie zu Hause bliebe.
    Aber das tat er nicht. Er war reizbar, in Gedanken versunken und wirkte fast erleichtert, als sie sich kurz vor zehn Uhr verabschiedete und in die von Straßenlaternen erleuchtete Dunkelheit

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