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Tod eines Fremden

Titel: Tod eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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konnte nicht anders, ob Monk ihre Gefühle je erwiderte oder nicht, was sie damals noch nicht gewusst hatte. Erst später hatte sie herausgefunden, dass Monk ihre Gefühle leidenschaftlich und tief erwiderte und endlich akzeptiert hatte, dass seine Gefühle zu unterdrücken bedeuten würde, sowohl das Beste als auch das Veletzlichste in sich zu verleugnen.
    Sie waren zwar Freunde, sie drei, doch mehr schlecht als recht. Rathbone empfand immer noch starke Zuneigung zu ihr. Sie wusste es, und auch Monk war sich dessen bewusst. Aber in einem Fall, der Vorrang hatte vor persönlichen Verletzungen und Verlusten, waren sie Verbündete. Mochte der Fall auch noch so schwierig und aussichtslos sein – wenn er an ihn glaubte, hatte Rathbone noch nie abgelehnt, erst recht nicht, wenn Monk ihm die Sache antrug.
    Sie und Margaret würden in die Vere Street gehen und Oliver alles, was sie wussten, erzählen. So konnten sie sich die Last zumindest teilen. Plötzlich wusste Hester, dass es ihr gut tun würde, ihn zu sehen, seine Wärme und sein Vertrauen in sie zu spüren.
    Es war dann doch schon nach elf Uhr, als Hester und Margaret in Rathbones Büro geführt wurden. Der Schreibtisch hatte eine wunderschöne Lederauflage, die Schränke waren voller Bücher, und die hohen Fenster überblickten die Straße.
    Rathbone kam mit einem breiten Lächeln auf Hester zu. Er war durchschnittlich groß, und sein Charme lag in seinen intelligenten Zügen, seinem verschrobenen, trockenen Humor und der überragenden Sicherheit seines Betragens. Er war ein richtiger Gentleman, und er besaß die Zwanglosigkeit, die Privilegien und Bildung verliehen.
    »Hester, was für eine Freude, Sie zu sehen, auch wenn es ein Problem sein muss, das Sie hierher führt«, sagte er aufrichtig. »Wer wird fälschlicherweise wessen beschuldigt? Ich vermute, es geht um Mord? Darum geht es doch gewöhnlich bei Ihnen.«
    »Noch nicht«, antwortete sie. Allein die Freundlichkeit in seiner Stimme hüllte sie schon mit Wärme ein. Sie wandte sich um, um Margaret vorzustellen, dabei bemerkte sie ein interessiertes Flackern in seinen dunklen Augen, als würde er sie wiedererkennen oder etwas in ihr, das er gerne sah. »Miss Margaret Ballinger«, sagte sie schnell. »Sir Oliver Rathbone.«
    Margaret holte Luft, um zu antworten, und eine leise Röte überzog ihre Wangen.
    »Wir sind uns schon einmal begegnet«, meinte Rathbone, bevor Margaret etwas sagen konnte. »Auf einem Ball, ich habe vergessen, wo, aber wir haben getanzt. Es war kurz vor dieser dummen Angelegenheit mit dem Architekten. Es ist mir eine Freude, Sie wieder zu sehen, Miss Ballinger.« Sein Gesichtsausdruck verriet, dass seine Worte ehrlich gemeint und keine bloße Höflichkeitsfloskel waren.
    Margaret atmete tief durch, ein wenig zittrig. »Vielen Dank, dass Sie uns empfangen, obwohl wir unangemeldet kommen, Sir Oliver. Das ist sehr freundlich von Ihnen.«
    »Hester kommt immer mit den faszinierendsten Problemen«, wandte er ein und bat sie mit einer Geste, doch Platz zu nehmen. Als sie saßen, setzte er sich hinter seinen Tisch. »Sie sagten, bisher sei noch niemand ermordet worden. Soll ich daraus schließen, dass Sie glauben, dass das noch passieren wird?« Sein Ton war ohne jeden Spott, er war leicht, aber vollkommen ernst.
    »Zwei Menschen wurden sehr schwer verletzt, und das sind noch nicht die letzten«, sagte Hester ein wenig schneller, als sie beabsichtigt hatte. Sie merkte, dass Rathbone Margaret die gleiche Aufmerksamkeit widmete wie sie ihm. Wie wenig sie über sein Leben wusste! Dabei ging es nicht nur um reine Fakten, sondern um das Wertvolle, das er im Menschen sah, um die Gefühle, das Lachen und die Verletzungen, die Träume, die diesen Mann im Innern ausmachten.
    Er wartete darauf, dass sie fortfuhr.
    »Miss Ballinger und ich haben am Coldbath Square ein Haus gemietet, in dem wir hilfsbedürftige Frauen medizinisch behandeln«, sagte sie, die merkwürdige Mischung aus Zärtlichkeit, Bewunderung und Entsetzen in seinem Blick ignorierend.
    »Vor kurzem hatten wir ein paar, die sehr übel zugerichtet worden waren«, fuhr sie fort. »Eine von ihnen hat gesagt, sie sei früher Gouvernante gewesen, bevor sie heiratete und von ihrem Mann in Schulden gestürzt wurde. Sie hat sich Geld geliehen und konnte es dann nicht zurückzahlen.« Sie sprach zu schnell, also drosselte sie ihr Tempo. »Der Wucherer hat ihr angeboten, sich für Männer zu prostituieren, die gerne einst respektable Frauen

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