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Tod eines Fremden

Titel: Tod eines Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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noch ein paar Erkundigungen darüber einholen, wo Mr. Baltimore umgebracht wurde, denn ich glaube Abel Smith, dass es nicht in seinem Haus geschah.«
    Margaret warf ihr einen raschen Blick zu, und in ihren Augen lag jetzt eine andere Angst. »Hester, bitte seien Sie vorsichtig. Soll ich mit Ihnen kommen? Sie sollten nicht allein gehen. Wenn Ihnen etwas zustieße, würde niemand es je erfahren …«
    »Sie würden es herausfinden«, unterbrach Hester sie. »Aber wenn Sie mich begleiteten, wüsste es niemand, außer Bessie vielleicht. Ich glaube, ich würde mich lieber darauf verlassen, dass Sie mich retten.« Sie lächelte, um der Bemerkung ihre Schärfe zu nehmen. »Aber ich verspreche Ihnen, dass ich vorsichtig sein werde. Ich habe eine Idee, die, selbst wenn ich nichts erfahre, für uns von Vorteil sein könnte. Jedenfalls was Spendengelder anbelangt, und zudem ein Knüppel zwischen Mr. Jessops Beine wäre, was mir wirklich gefallen würde.«
    »Mir auch«, meinte Margaret. »Aber nicht, wenn Sie sich dafür in Gefahr begeben.«
    »Es ist nicht gefährlicher, als jeden Abend hierher zu kommen«, versicherte Hester ihr, wobei sie nicht ganz die Wahrheit sagte. Aber sie fand, es war das Risiko wert, zumal dieses alles in allem nur gering war. Sie stand auf. »Sagen Sie Bessie, ich bin spätestens gegen Mitternacht wieder da. Wenn nicht, können Sie Constable Hart informieren und einen Suchtrupp nach mir ausschicken.«
    »Ich bleibe auch hier«, antwortete Margaret. »Sagen Sie mir, wohin Sie gehen, damit ich weiß, wo sie suchen sollen.« Sie lächelte zurückhaltend, aber ihre Augen waren vollkommen ernst.
    »In die Portpool Lane«, sagte Hester. »Ich habe so ein Gefühl, dass ich einen Mr. Robinson aufsuchen sollte, der dort ein Etablissement unterhält.« Sie fühlte sich besser, als sie es Margaret gesagt hatte, und während sie ihr Umschlagtuch umlegte und die Tür zum Coldbath Square öffnete, war sie zuversichtlicher als noch wenige Augenblicke zuvor. In der Tür drehte sie sich um. »Vielen Dank«, sagte sie ernst und ging, bevor Margaret antworten konnte, rasch durch den Regen über den Gehsteig und bog in die Bath Street ein.
    Auch als sie außer Sichtweite des Coldbath Square war, verlangsamte sie ihr Tempo nicht, denn eine Frau, die allein unterwegs war, erweckte besser den Eindruck, sie habe ein Ziel. Zudem wollte sie sich nicht die Zeit geben, noch einmal darüber nachzudenken, was sie vorhatte, um nicht die Nerven zu verlieren. Dass Margaret sie besonders für ihren Mut so überaus bewunderte, war, wie Hester nun überrascht feststellte, sehr kostbar. Die flatternde Angst in ihrer Magengrube zu überwinden, nur um zum Coldbath Square zurückkehren und sagen zu können, dass sie ihren Plan ausgeführt hatte, egal, ob sie etwas in Erfahrung brachte oder nicht – das war es ihr wert.
    Es ging nicht um Stolz, obwohl sie zugeben musste, dass er auch dazugehörte. Sie wollte auch Margarets hoher Meinung von ihr gerecht werden. Desillusionierung war bitter, und womöglich hatte sie Margaret bereits enttäuscht. Sie war ein paar Mal kurz angebunden gewesen und hatte in Situationen, wo es angemessen gewesen wäre, mit Lob gegeizt. Das Wissen, dass Monk etwas vor ihr verbarg, was ihn quälte, hatte sie in eine ungewohnte Isolierung hineingetrieben, was sich auch auf ihre Freundschaften auswirkte.
    Sie konnte zumindest die Rolle der Tapferen so spielen, wie man es von ihr erwartete. Auch für sie selbst war es wichtig, allem, was sie sich vornahm, gewachsen zu sein. Körperlichen Mut zu beweisen war leicht, verglichen mit der inneren Stärke, die man brauchte, um seelisches Leid zu ertragen.
    Wie auch immer, Squeaky Robinson war womöglich ein ganz gewöhnlicher Geschäftsmann, der nicht die Absicht hatte, gegen jemanden anzugehen, wenn er nicht bedroht wurde, und sie würde sich vorsehen. Sie unternahm nur eine kleine Expedition, um sich umzusehen und etwas zu erfahren.
    Die riesigen Mauern der Brauerei erhoben sich dunkel in den regengepeitschten Himmel, und in der Luft lag ein süßer, fauliger Geruch.
    Dort, wo die Portpool Lane direkt unter den gewaltigen Mauern entlanglief, war Hester gezwungen, stehen zu bleiben. Sie sah nicht mehr, wohin sie trat. Unaufhörlich tropfte es von den Dachvorsprüngen. In den Torwegen lagen Schatten, Bettler ließen sich für die Nacht nieder. Eingedenk der Tatsache, dass sie sich in unmittelbarer Nähe eines Bordells befand, in dem sie selbst hätte landen können, wäre

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