Tod eines Holländers
gerade unterwegs « , brum m te d e r Wachtmei s ter beiläufig.
» Ja, natürlich…«
Er hatte die Akte aufgeschlagen und blätterte sie d urch.
»Ich erinne r e m ich, Sie sind ein Bekannter der alten Da m e…, und so haben Sie ihn auch entdeckt … «
Er las schwe i gend.
Der Wacht m eister sagte nichts. An der Wand hing ein gerah m tes Foto des obersten Carabinieri-Chefs sowie ein kleines Kruzifix. Er guckte beides an. Alle paar Sekunden ging auf der anderen Seite des Korridors die Tür der Einsatzzentrale auf, ein Geräusch w i e in einem Bienenkorb drang heraus, das plötzlich verstummte, wenn sich d i e Tür wieder schloß.
» H mm . «
Der Leutnant sah auf. » Wir haben seine Frau ausfind i g ge m acht . «
» Haben Sie ihr etwa gesagt, daß Sie an…«
» Selbstmord glauben? Nein, natürlich nicht. Der Obduktionsbericht m üßte heute nach m i ttag vorliegen – wir haben in Anbetracht der Lage u m besondere Eile gebete n . Man wird die Leiche wohl zur Bestattung in die Hei m at überführen wollen, und bei dieser Hitze… na ja, wir legen keinen Wert darauf, daß s i ch diese Geschichte m it d em explodierenden Sarg wiederho l t. Bedauerlicherweise erwartet die junge Ehefrau in Kürze ihr erstes Kind. Wir müssen unser Möglichstes tun, da m i t alles reibungs l os und schnell über die Bühne geht . «
»Ein m erkwürdiger Zeitpunkt..«
»Ich versteh nicht ganz . «
»Ein m erkwürdiger Zeitpunkt, um Selbst m ord zu begehen. Er wäre doch bald Vater geworden.«
» Andere Überlegungen m üssen stärker gewesen sein . «
» S ie müssen wirklich stärker gew e sen sein, wenn sie noch mehr Gewicht hatten als das.«
» Schauen Sie, Herr Wacht m eister, i c h entnehme Ihrem Bericht, daß Sie nicht an einen Selbst m ord glauben, aber tatsächlich war es so, daß er sich vor seiner Abreise mit der Frau und m it der Schwiegermutter gestritten hat. Offenbar plante er eine Geschäftsre i se, die die beiden aber für unnötig hielten, und sie m achten i h m Vorwürfe, seine Frau so kurz vor der Entbindung allein zu lassen. Vielleicht hat er so etwas wie Reue verspürt.«
» Ja. Aber ko m isch, warum hat er dann nicht den Zug genomme n …«
» Den Zug ? «
» Den Zug nach Hause, nach A m sterd a m . Wenn er ein schlechtes Gewissen hat t e…«
Der junge Offizier fand das nicht ko m isch. Der Wachtmeister fuhr fort, ver m ied allerdi n gs seinen Bl i ck.
»Entschuldigen Sie, Herr Leutnant. Es ist nur so, daß ich, wie Sie schon gesagt haben, als… ähm… Freund der alten Si g nora Giusti ein persönliches Interesse an dem Fall habe. Selbst m ord ist eine Last, an der die Angehörigen schwer zu tragen haben.«
» Und Sie m einen, sie wäre wen i ger schwer, wenn wir der jungen schwangeren Ehefrau erzählen, daß er unserer Ansicht nach eine Frau in der Wohnung hatte? Glauben Sie, seine Reise nach Florenz wäre für sie dadurch leichter zu verdauen ? «
» Daran habe ich offen gestanden nicht gedacht « , räu m te der Wachtm e ister ein.
Wieso eigentlich nicht? Ihm wurde klar, daß d i e Frau in der Wohnung für ihn nicht diese Bedeutung hatte, weil… weil er sich die ganze Zeit i m m er eine alte Frau vorgestellt hatte, j enes Gesicht in seinem Trau m . Gab es irgend etwas in Signora Giustis Darstellung, das dies erklären würde? Jedenfalls fiel i h m im Mo m ent keine Erklärung ein.
»Wissen Sie«, lenkte der Offizier, der die Verunsicherung des Wachtm e isters be m erkt hatte, ein wenig ein, » Mörder gehen doch nicht m i t Schlaftabletten auf andere Leute los! Schlaftabletten deuten m ei s t auf Selbst m ord oder Unfall. Und wenn irgend m öglich, werden wir diese Geschichte als Unfall behandeln.«
» Aber es sind m eistens Frauen, nicht wahr ? «
» Frauen ? «
» Die sich m i t Schlaftabletten das Leben neh m en. Männer neigen zu aktiveren, rauheren Methoden… ein Fluß, ein hohes Bauwerk, eine Rasierklinge … «
Er ließ seinen Blick rasch über das Gesicht des Offiziers gleiten. So ist ' s besser, dachte er, immerhin habe ich ihn ins Grübeln gebracht.
» Da haben Sie recht « , gab der Offizier zu.
Nach einer Pause fuhr er fort: » Ich versteh nur eines nicht, ich will Ihnen das ganz offen sagen, und das sind seine Sachen…« Der Wachtmeister hielt beinahe die Luft an.
»Ich m e ine, die Sachen in seinem Koffer, nicht die, die er anhatte. Ein dunkler Anzug, wenig zweck m äßig für die Jahreszeit, und eine schwarze Krawatte… als wäre er wegen e i ner Beerdigung
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