Tod eines Holländers
breiter, gekachelter Korr i dor führte zu den Obduktionssälen und zu dem großen Vorlesungssaal. Das Haus war l eer, nur in der Pförtnerloge zeigte sich ein grauer Kopf hinter einer Zeitung.
»Was kann ich für Sie tun ? «
Dann sah er die Uniform des Wachtmeisters. » Dort vorn wieder raus, um das Gebäude heru m , zweite Tür links!«
»Ich hatte e i gentlich Professor Forli sprechen wollen, falls er noch da ist.«
»Er ist noch im Haus. Macht selten vor neun Schluß . «
Er wandte s i ch dem Tele f on zu. » Wen darf ich an m elden ? «
» Nein, stören Sie ihn n i cht… es ist nicht dringend. Ich werde eine Weile warten, und wenn er rausko m mt, werde ich m it ihm sprechen. Wenn nicht, kom m e ich ein andermal wieder. Ich m öchte ihn n icht stören, wenn er viel zu tun hat…«
»Tja, er hat wirklich viel um die Ohren. Heute vor m ittag eine ganz eilige Sache, und dann all diese Drogentoten…«
» Also schön, ich warte ein bißchen.«
»Wie Sie wollen . «
War diese e ilige Sache der Holländer? Höchstwahrscheinlich. Wo, in welchem Teil dieses riesigen Gebäudes er wohl liegen m ochte… in einem Kühlfach, den Magen notdürftig zusammengenäht… Der Wacht m eister eri n nerte sich an einen Diavortrag auf der Polizeischule, als m an den Schülern Bilder von Verkehrsunfällen gezeigt hatte. Ihm selbst war nicht schlecht geworden, aber seinem Nachbarn. Alle hatten sich für den Rest des Tages elend gefühlt, und niemand h atte die schon etwas hart gewordene Lasagne angerührt, die ihnen m ittags vorgesetzt worden war.
Wie sollte er dem Professor, falls er denn erschien, den Grund seines Besuchs erklären? Er hatte keine klare Vorstellung. Er wußte nur, daß es praktisch un m öglich war, selber ein Wort zu sagen, sobald der Professor einmal lo s gelegt hatte. Er war bekannt dafür. Das einzige Proble m , dachte der Wachtmeister b eim Aufundabgehen, würde darin bes t ehen, ihn zum Reden zu bringen, bevor er auf die Idee kä m e, zu fragen, wer er sei und was er wolle.
Wie sich zeigen sollte, stellte sich dieses Problem überhaupt nicht.
Der Professor kam in Sicht. Er eilt e , das weiße Leinenjackett locker um die Schulter g elegt und ei n e Akten m a p pe in der Hand, den Korridor entlang. Der Wacht m eister hatte keine Chance. Kaum hatte der Professor ihn erblickt, rief er: » Der Beric h t ist schon weg, wenn Sie wegen des Holländers hier sind. Ich habe den Fall, Ihrer Bitte ent s prechend, sofort bearbeitet, obwohl ich noch einen Drogentoten und zwei Verkehrstote zu untersuchen habe und wir, wie üblich, unterbesetzt sind…«
Als er vor dem Wachtmeister sta n d, sagte er: »Es war doch sicher einer Ihrer Leute, der den Bericht nach m ein e m An r uf abgeholt hat…«
Er wandte sich zur Pförtnerloge, um dort nachzufragen, doch der Wachtmeister fuhr dazwischen: » Ja, alles in Ordnung, bestimmt… Ich war den ganzen Nach m ittag unterwegs gewesen und zufällig hier vorbeigekom m en und hätte den Bericht mitgen o m m en, wenn er noch hier gewesen wäre. Offensichtlich bin ich nicht auf dem laufenden. Ist auch nicht so wichtig…«
»Interessanter Fall, sehr interessanter Fall. Habe ihn selbst untersucht, m it ein, zwei vielversprechenden Studenten, hellwachen Jungs, es gab viele Fragen. Einer von i h nen war sofort auf der richtigen Fährte. Erkannte die Zusammenhänge, sobald wir den Zeitpunkt des Todes und den Magen i nhalt festgestellt hatten. Herzprobleme haben die Sache natürlich ko m pliziert, und die beiden sind immer wieder unsicher geworden. Also, das erste, wonach m an bei einem solchen Fall suchen m uß … «
Der Wacht m eister hatte sich in seinem Gegenüber nicht getäuscht. Die Seriosi t ät seiner Erscheinung und die beinahe übersteigerte Eleganz seiner Kleidung verliehen dem Professor eine Reserviertheit, die zu seinem wahren Charakter überhaupt nicht paßte. Er war der geborene Schul m eister, der, sobald er begann eine These zu entwickeln, wie eine D a m pfwalze loslegte. Sie waren den Korridor in Richtung Ausgang hinuntergegangen, doch alle paar Schritte blieb der Professor jetzt s t ehen, um den Wachtm e ister m it technischen Einzelheiten zu bo m bardieren und ihm Fragen zu stellen, die er sogleich selbst beantwortete.
» Also, Sie h aben herausgefunden, wieviel Barbiturat im Blut enthalten ist. Sie haben festgestellt, daß in dem Erbrochenen Speisereste und Kaffee plus Barbituratspuren enthalten waren, während Sie im Magen aber nur Kaffee und
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