Tod eines Maahks
Methanatmer seine Flucht nur vorgegaukelt? War er in Wirklichkeit ein Verbündeter der Fundamentalisten, der über krude Umwege an den Controller gelangen wollte?
»Bitte!«, drängte Grek 363.
Mein Misstrauen erreichte in der Tat Ausmaße, die eines Atlan würdig gewesen wären. Seit dem Verlust der Ritter-Aura hatte ich mich in dieser Hinsicht ein klein wenig verändert, ohne die Gründe genau festmachen zu können.
Ich gab den Controller an den Schatten weiter. Fast zärtlich nahm er ihn in Empfang und streichelte mit anfänglich unsicheren Bewegungen, dann immer rascher über das elfenbeinfarbene Bedienungsfeld auf der Frontseite des Ovalkörpers.
Ich wollte mich auf die Umgebung konzentrieren, konnte aber nicht umhin, Grek 363 ab und zu aus den Augenwinkeln zu beobachten. Seine Finger bewegten sich schnell. Der Controller klappte auf, mehrere virtuelle
Ebenen des Geräts erwachten zum Leben.
Ich ärgerte mich über meine eigenen Anweisungen; nur zu gerne hätte ich beobachtet, was er tat. Doch ich durfte nicht. Mein Aufgabenbereich lag woanders.
Der Schutzanzug unternahm einen Rundum-Schwenk mit all seinen künstlichen Sinnen und wies auf mögliche Gefahrenpunkte hin. Da war eine Gruppe von Methanatmern, die sich um das schalenförmige Schaltpult versammelt hatte und in eine Diskussion versunken war. An anderen Orten wurde weniger geredet. Die Maahks beschränkten die Kommunikation auf ein Minimum. Kein Wunder, bei ihren linearen Gedankengängen.
Die Taktikeinheit meines Anzugs vermerkte in einem vor den Helm gespiegelten Holo die Marschvektoren der Patrouillen. Sie folgten großteils einem ausgetüftelten Muster, das wir bereits an Bord von MIKRU-JON analysiert hatten. Es umfasste das riesige Ganze des Transferdecks.
Einige der Methanatmer waren für eine Wachrunde mehr als eine Stunde unterwegs. Manchmal jedoch veränderten die bewaffneten Kampfeinheiten ohne erkennbaren Grund ihre Marschrichtungen. Jemand im Führungsgremium der Maahks achtete darauf, dass das System unberechenbar blieb. Im Transferdeck liefen nun mal alle Fäden zusammen. DARASTO wurde von hier aus gesteuert, und solange die Fundamentalisten die Sperrkodes der Schatten nicht geknackt hatten, würden sie ihre Präsenz keinesfalls verringern.
»Alles in Ordnung«, sagte ich zu Ras und Grek 363. »Wie sieht's bei euch aus?«
»Es dauert noch ein wenig«, antwortete der Maahk mit abwesend wirkender Stimme. »Die Algorithmen ich kenne sie nicht alle ... «
120 Sekunden waren vergangen. Im Netz der Patrouillengänger hatten wir eine Lücke entdeckt, die uns in diesem Versteck 220 Sekunden zugestand. Mehr als die Hälfte der Zeit war bereits um.
Die fünf Maahks am Schaltpult wirkten mit einem Mal unruhig. Sie drehten sich im Kreis, als suchten sie etwas.
Oder jemand.
Registrierten sie, dass wir Zugriff auf das Rechnernetzwerk DARASTOS nahmen?
Vier von ihnen vertieften sich nach einigen Sekunden wieder ins Gespräch, der fünfte blieb alert. Womöglich war er ein Sicherheits-Spezialist, der selbst der kleinsten Irritation Bedeutung zumaß.
Der Anzug sandte mir ein »kleines« Alarmsignal. Drei Patrouillen waren von ihrem Kurs abgewichen. Ich bekam ihre neuen, hochgerechneten Marschrichtungen zugespielt. Eine Zwei-Mann-Wache steuerte direkt auf uns zu, die Hände der Maahks ruhten auf den Aktivierungsfeldern ihrer Waffen.
Wir hatten keine 220, sondern bestenfalls 180 Sekunden.
»Beeilung!«, drängte ich. »Wir bekommen Schwierigkeiten.«
»Ich bin noch nicht fertig«, sagte Grek 363 in aller Gemütsruhe.
Ich sah nach links und nahm »unsere« Patrouille erstmals mit freiem Auge in Betracht. Die Maahks richteten Messgeräte auf unser Wrack aus. Sein Nachglühen und eine Rest-Aktivität der nicht vollends zerstörten Positronik überdeckten unsere Emissionen leidlich gut, der Ortungsschutz unserer Anzüge tat ebenfalls sein Werk.
»Noch zwanzig Sekunden!«, ordnete ich an. »Dann verschwinden wir von hier. Komme, was wolle.«
Ich berührte Ras' Rücken und sorgte dafür, dass auch Grek 363 vom Teleporter erfasst werden würde.
Die Fundamentalisten beschleunigten ihre Schritte. Unser Sicherheitspolster schmolz dahin. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen hatten sie etwas angemessen. Dank ihres analytisch funktionierenden Verstandes nahmen sie jeden noch so kleinen Hinweis ernst. Für diese Geschöpfe gab es keine Fehler im System. Jeder Unabwägbarkeit wurde nachgegangen,
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