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Tod eines Mathematikers

Tod eines Mathematikers

Titel: Tod eines Mathematikers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind / Walter K. Ludwig
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eines seiner neuen Werke schickte. Vielleicht würde er ihn auch degradieren. Zwar war Torben-Hendrik Schwabach immer höflich, das musste man ihm lassen, doch Kossek und er waren unterschiedlich wie zwei Menschen nur sein konnten.
    Mit zweiundfünfzig wäre ein Jobwechsel mehr als schwierig, überlegte Kossek. Obgleich es für Führungskräfte leichter war, eine neue Stelle zu finden, weil der Markt überschaubarer war. Trotz allem hatte er sich auf die Stelle beim Bremer Weserblick beworben. Nicht nur, weil er Stilblütenkönig Schwabach entkommen wollte. Sein Nomadenleben hatte ihn einsam werden lassen. Seine Ehe war gescheitert und je älter er wurde, desto schwerer fiel es ihm, neue Freundschaften zu schließen. Zumal er als Lokalchef immer aufpassen musste: Viele Leute suchten seine Nähe, weil sie sich von der Freundschaft mit einem leitenden Journalisten Vorteile erhofften. In seiner Freizeit fuhr er deshalb oft nach Bremen, wo sein Vater, seine Geschwister und ein paar alte Freunde lebten. Gerne wäre er in seine Heimat zurückgekehrt. Doch er war ziemlich sicher, dass ein jüngerer Mitbewerber beim Weserblick das Rennen machen würde.
    In letzter Zeit hatte er viel getrunken und kürzlich sogar mal wieder gekifft, um seinen Frust zu betäuben. So konnte es nicht weitergehen. Sollte es überhaupt weitergehen? Eigentlich brauchte ihn niemand. Kinder hatte er keine.
    Knut Kossek überlegte gerade allen Ernstes, ob er sich einen Strick nehmen sollte, als sein iPhone vibrierte. Eine Bremer Nummer. Kossek tippte auf annehmen .
    »Guten Abend, Herr Kossek«, meldete sich eine Frauenstimme. »Brigitte Oppolt, Bremer Verlagsanstalt, Büro von Frau Dr.   Schreiber. Sie hatten sich doch bei uns beworben.«
    »Äh, ja«, antwortete Kossek und ärgerte sich sofort über das »Äh«, das ihm rausgerutscht war.
    »Nun, Frau Dr.   Schreiber würde Sie gerne kennenlernen. Wann können Sie denn nach Bremen kommen?«
    *
    »Moin, moin.« Meine Doppelgängerin schien keineswegs so schockiert zu sein wie ich. Sie trug eine Sporttasche über der Schulter, hatte die Umkleidekabine von der Eingangshalle aus betreten, nicht aus dem Saunabereich, von wo aus der schmierige Typ hätte kommen müssen. Aber das war mir im ersten Moment völlig entgangen.
    »Na, auch eine Dorn? Wir sind doch bestimmt um ein paar Ecken miteinander verwandt. So wie wir uns ähneln. Aber ich habe dich hier noch nie gesehen.«
    »Äh …« Mehr brachte ich nicht hervor. Wie war es möglich, dass diese Frau so gelassen reagierte? »Nein, ich bin Alexandra Katzenstein aus Bremen«, stammelte ich und reichte der Unbekannten meine Hand.
    »Katja Dorn«, stellte sie sich mit festem Händedruck vor. »Katzenstein aus Bremen?«, wiederholte sie. »Der Name taucht nicht in meinem Stammbaum auf. Aber so ähnlich wie wir uns sehen, müssen wir einfach miteinander verwandt sein.«
    Katja Dorn drehte sich zur Spiegelwand um. Ich tat es ihr gleich. Wir sahen uns wirklich verdammt ähnlich, wenn auch nicht wie Zwillingsschwestern. Katja hatte eine feinere Nase als ich. Ihre Augen waren braun, meine grün. Ihr Gesicht etwas runder. Aber auch sie war eher zierlich, wenn auch nicht so abgemagert wie ich, und ein Stück größer.
    »Wie ist d…d…das mö…möglich«, stotterte ich.
    Katja Dorn zuckte mit den Schultern. »Vielleicht haben wir die gleiche mitochondriale DNA. Und eine Urururgroßmutter, von der wir unser Aussehen geerbt haben.«
    »Was für eine DNA?«, fragte ich und kam mir mal wieder ziemlich dämlich vor.
    »Alle Menschen, die mütterlicherseits miteinander verwandt sind, haben die gleiche MT-DNA«, fachsimpelte Katja Dorn drauflos. »Das geht zurück bis zur mitochondrialen Eva. Jeder Mensch hat eine unverwechselbare DNA aus dem Kern einer Körperzelle. Aber alle Menschen, die in mütterlicher Linie miteinander verwandt sind, haben die gleiche MT-DNA.«
    Dunkel erinnerte ich mich, schon mal davon gehört zu haben.
    »Wollen wir nicht einen Kaffee trinken gehen? Ich meine, dann könnten wir versuchen rauszufinden, wer die gemeinsame Vorfahrin ist, der wir unsere Ähnlichkeit zu verdanken haben. Ich kann auch später ins Dampfbad gehen.«
    Ich nickte stumm, schulterte meinen Rucksack und folgte Katja Dorn, die zielstrebig wieder nach draußen ging.
    »Ich würde vorschlagen, wir setzen uns in den Dorfkrug .« Wieder brachte ich keinen Ton hervor und nickte nur.
    Auch der Kellnerin, die im Dorfkrug an unseren Tisch trat, war die Überraschung anzusehen.

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