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Tod eines Mathematikers

Tod eines Mathematikers

Titel: Tod eines Mathematikers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind / Walter K. Ludwig
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läuft da was zwischen dir und Alexandra?«
    Matze verschluckte sich an seinem Bier, hustete und lief rot an. »Äh, was? Wie kommst ’n da drauf?«
    Harry grinste: »Na ja, sie ist doch ’ne attraktive Frau. Oder biste etwa schwul?«
    »Äh, was? Schwul? Ich? Nee! Aber …«
    »Dann ist die Frage doch nicht so abwegig. Oder ist Alexandra in festen Händen?«
    Der Bulle ist ja ganz schön neugierig. Wahrscheinlich brachte das der Job so mit sich, überlegte er und fasste sich in Gedanken an die eigene Nase. Wahrscheinlich fragte Harry aus rein privatem Interesse, weil er selber was von Alexandra wollte. »Dreimal nein: Ich bin nicht schwul, es läuft nichts zwischen uns und so weit ich weiß, ist Alexandra solo. Zufrieden?«
    Harry hob beschwichtigend die Hände: »Ich frag ja nur.«
    »Und wenn ich dir ’nen guten Rat geben darf, lässt du auch die Finger von der.«
    »Ich hab aber eigentlich gar nicht vor … Ich frage rein aus Neugier.«
    Matze begann mit einem längeren Vortrag über die Kompliziertheit des weiblichen Geschlechtes im Allgemeinen und über die Charaktereigenschaften der Alexandra Katzenstein im Besonderen. »Äußerst kompliziert, die Gute. Starken Stimmungsschwankungen unterworfen. Migräne. Nicht ganz normal, wenn du mich fragst. Fall für den Psychiater. Nix für mich jedenfalls«, schloss er.
    Die beiden kamen stillschweigend überein, dass ein Themenwechsel angebracht sei, und stellten fest, dass sie beide begeisterte Schachspieler waren – wenn auch ziemlich aus der Übung. Matze war zweimal Jugendmeister von Delmenhorst gewesen. Harry hatte als junger Bulle einmal die Bremer Polizeischachmeisterschaft gewonnen.
    »Wir müssen unbedingt mal ’ne Partie spielen«, schlug Matze vor.
    Harry nickte. »Aber versprich dir nicht zu viel, wie gesagt, hab lange nicht mehr gespielt. Meistens nur noch im Internet.«
    Matze winkte ab: »Ich doch genauso. Also wann?«
    »Meinetwegen morgen Abend. Hab nichts Besonderes vor. Oder wir gehen an einem der nächsten Wochenenden zur Bremer Schachliga. Dort gibt es jeden Sonntagnachmittag Schachpartien auf hohem Niveau. Wir könnten vielleicht erst mal zugucken und uns ein paar Anregungen holen.«
    »Bremer Schachliga?«
    »Einer der Bremer Schachklubs. Die machen viel Nachwuchswerbung.«
    »Also dann. Erst morgen bei dir. Und dann am Sonntag auf zur Schachliga.« Matze hob sein Glas. »Auf das Spiel der Könige.«
    *

Ich fuhr nach Neuwarden, ein malerisches Nest an der Nordsee. Fachwerk, Kopfsteinpflaster, Strand, kaum Verkehr, das Rauschen des Meeres. Draußen nieselte es, der Himmel war grau wie das Wasser, aber immerhin war der Schnee nach Wochen endlich getaut. Wie ich auf die Idee gekommen war, in dieses Kaff zu fahren? Nun, ich hatte keinen Plan, wohin ich fahren sollte. Und in den Kartons meiner Mutter, die mir ein Umzugsunternehmen nach Hause geliefert hatte, war ich auf eine Postkarte gestoßen, die meine Mutter meinem Vater 1972 geschickt hatte. Und weil ich noch nie von diesem Kaff gehört hatte …
    Ich denke an Dich, hatte meine Mutter Vater aus Neuwarden geschrieben, wo sie eine alte Freundin besucht hatte. Lieselotte Klemm. Einen Namen, den ich nie gehört hatte. Aber er stand als Absender auf der Postkarte. Meine Eltern hatten sich ja erst kurz vorher kennengelernt. Mein Vater war mit Blinddarmentzündung ins Krankenhaus eingeliefert worden und meine Mutter hatte ihn nach der Operation gesund gepflegt. Ich denke an Dich – einen Satz nur –, hatte sie ihm geschrieben. Nicht: Ich liebe Dich. Obwohl sie etwa zu dieser Zeit mit mir schwanger geworden sein musste.
    Vom Fenster meines Pensionszimmers blickte ich aufs Wasser, hörte, wie sich die Wellen am Ufer brachen. Der Strand war menschenleer. Schon bald würden die Touristen in Neuwarden einfallen und den Ort in ein sirrendes Wespennest verwandeln. Doch noch hatte die Saison nicht begonnen. Und bis auf den Wind war es still.
    Durchgefroren von einem langen Spaziergang am Strand, ging ich in die Wellnessoase. Die Dampfsauna glich einer Grotte. Wände aus dunklem Granit, an der Decke funkelte ein künstlicher Sternenhimmel. Ich legte mein Handtuch auf den warmen Stein und setzte mich. Der Nebel war so dicht, dass ich nur schemenhaft erkennen konnte, dass ich nicht allein war. Jemand hatte sich auf einer gegenüberliegenden Bank niedergelassen.
    Ich schloss die Augen, die Wärme entspannte mich. Trotzdem wanderten meine Gedanken sofort zurück zu Schröder. In den letzten Tagen hatte ich

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