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Tod eines Mathematikers

Tod eines Mathematikers

Titel: Tod eines Mathematikers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Herrnkind / Walter K. Ludwig
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aus den Briefen meiner Mutter und Frau Klemms wusste ich, dass sie sich seit Kindertagen gekannt hatten und Nachbarinnen gewesen waren. Ansonsten waren die Briefe belanglos. Wie es geht es Dir? – Mir geht es gut. Rätselhaft, warum meine Mutter die Briefe aufbewahrt hatte.
    Tatsächlich fand ich eine Lieselotte Weinert-Klemm, wie sie inzwischen offenbar hieß, mit Telefonnummer im Internet. Mit klopfendem Herzen wählte ich die Nummer. Es dauerte einen Moment, bis jemand ans Telefon ging. »Ja, bitte?«, antwortete eine Frauenstimme.
    »Guten Tag, spreche ich mit Lieselotte Weinert-Klemm?«
    »Wer spricht denn da?«
    »Entschuldigen Sie die Störung. Mein Name ist Alexandra Katzenstein. Ich bin auf der Suche nach einer alten Freundin meiner Mutter.«
    »Wie heißt denn Ihre Mutter?«
    »Siegrid Katzenstein, das heißt, bevor sie geheiratet hat, hieß sie Siegrid Wagner.«
    »O Gott«, sagte die Frau am anderen Ende der Leitung. »Das ist aber lange her. Wie geht es Ihrer Mutter denn?«
    »Sie ist tot, vor vielen Jahren gestorben.«
    »Ach … das tut mir aber leid. Das wusste ich gar nicht.«
    »Ich bin erst jetzt an ihren Nachlass gekommen. Und da gibt es etwas, das ich gerne mit Ihnen besprechen würde.«
    Am anderen Ende der Leitung war es still. »Also … ich weiß nicht. Ich habe Siegrid das letzte Mal vor bald vierzig Jahren gesehen.«
    »Bitte Frau Weinert-Klemm, genau darüber würde ich gerne mit Ihnen sprechen.«
    Lieselotte Weinert-Klemm zögerte noch immer. »Sagen Sie mir doch bitte noch mal Ihren Namen.«
    »Alexandra Katzenstein. Katzenstein wie die Katzen, die Mäuse fangen. Und wie der Stein, der einem vom Herzen fällt.«
    Lieselotte Weinert-Klemm ließ sich meine Telefonnummer geben. »Also gut, Frau Katzenstein. Ich lasse mir das Ganze durch den Kopf gehen und rufe Sie zurück. In Ordnung?«
    »In Ordnung«, antwortete ich, obwohl ich gehofft hatte, sofort einen Termin mit der alten Freundin meiner Mutter ausmachen zu können.
    »Es ist wirklich sehr wichtig für mich«, betonte ich noch einmal.
    »Ich rufe Sie an«, antwortete sie und wünschte mir noch einen schönen Tag. Enttäuscht legte ich auf.
    Am nächsten Tag musste ich wieder in die Redaktion. Der Urlaub war vorbei. Ich war froh, wieder arbeiten zu müssen, was mich ablenken würde von dem Gefühlschaos, das in mir tobte.
    *
    Als ich aufwachte, war es schon halb zehn. Am Abend zuvor hatte ich ein bisschen zu viel Rotwein getrunken und vergessen, mir den Wecker zu stellen. Ich sprang aus dem Bett, ging unter die Dusche, verzichtete darauf, mir das Haar zu waschen, band es zum Zopf. Wahllos zog ich irgendwelche Sachen aus dem Kleiderschrank, Jeans, Pulli. Schlüpfte in meine hohen Stiefel.
    Im Stehen trank ich noch einen Kaffee. Hans-Günther sprang auf die Küchenanrichte, maunzte, wollte gestreichelt werden. In der letzten Zeit gefiel er mir gar nicht. Er war noch anhänglicher und verschmuster als sonst, strich, sobald ich nach Hause kam, um meine Beine, miaute, selbst wenn sein Napf voll war. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass er mir etwas sagen wollte. Wenn es an der Tür klingelte, weil der Postbote ein Paket brachte, duckte sich Hans-Günther neuerdings. Oft verkroch er sich unters Bett, kratzte am Gestell. Wahrscheinlich war er zu oft alleine. Vielleicht sollte ich eine Katze aus dem Tierheim holen und ihn zwangsverheiraten.
    Ich musste los. Wenn ich mich beeilte, würde ich es noch pünktlich zur Zehn-Uhr-Konferenz schaffen. Ich kam ja sowieso schon dauernd zu spät.
    Doch dann stand ich auf dem Osterdeich im Stau. Ausgerechnet heute, an meinem ersten Arbeitstag nach dem Urlaub. Und wo wir doch seit ein paar Tagen einen neuen Chef hatten, wie Matze mir gesimst hatte. Knut Irgendwas aus Osnabrück. Sollte ganz nett sein. Mir war im Grunde egal, wer jetzt Lokalchef sein würde. Schröder war unersetzbar. Und auch dieser Knut Irgendwas würde eine Witwenschüttlerin brauchen, die die Drecksarbeit für ihn erledigte. Und wer wollte das schon – außer Matze und mir? Ich würde meinen Job so weitermachen. So gut, wie immer. Was sollte mir schon passieren, dachte ich noch, als ich eine Viertelstunde später mit dem Fahrstuhl in den dritten Stock hochfuhr. Ohne anzuklopfen, öffnete ich leise die Tür zum Konferenzraum. Ich wollte mich reinschleichen und still auf einen Stuhl setzen. Vielleicht würde ich noch eine Entschuldigung murmeln. Irgendwas von einem Termin, auf dem ich gewesen war. Dann würde ich interessiert in die Runde

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