Tod Eines Senators
»Allerdings hatte ich es so verstanden, dass Saffia Donata drei Kinder hat.« Das hatte Helena gesagt, und sie hatte sich mit Sicherheit richtig erinnert.
»Wir werden sehen!«, erwiderte Calpurnia barsch. »Sie behauptet, schwanger zu sein. Kann passiert sein. Sie ist kein Verlust«, meinte die ehemalige Schwiegermutter, als sie mit klapperndem Schlüsselbund außer Sichtweite verschwand.
Nett, Beziehungen vorzufinden, die sich so eng an die Tradition hielten. Hätte die barsche Schwiegermutter die Frau ihres Sohnes gemocht, dann hätte mich das aus dem Konzept gebracht.
VII
Es gab keinen Ausweg, ich musste der fruchtbaren Geschiedenen einen Besuch abstatten.
Saffia Donata wohnte jetzt ganz in der Nähe. Sie hatte eine Wohnung nicht weit vom Markt der Livia gemietet, gleich hinter der Porta Esquilina. Zwischen ihrer neuen Unterkunft und den Metelli erhob sich der Wall wie eine symbolische Barriere. Ich drängte mich durch die Straßenhändler und Puppenspieler, die sich im Schatten der uralten Befestigungsanlage sammelten, und benutzte dabei, wenn nötig, meinen Ellbogen. Ich befand mich zwischen einer Menge schmucker Behausungen. Östlich, wo die Metelli im Fünften Bezirk wohnten, gab es nicht weniger als fünf öffentliche Gärten; westlich, dort, wohin ich ging, lagen der elegante Dritte und Vierte Bezirk, beherrscht von den Gärten des Lollianus. Sehr hübsch. Nicht so hübsch, wenn einem klar wurde, dass all diese feinen Grünflächen mit vielen Fuß Muttererde über dem ehemaligen Esquilinfeld entstanden waren – dem Armenfriedhof. Bloß nie stehen bleiben, um den köstlichen Blumenduft einzuatmen. Die Armengräber stinken nach wie vor.
Schwangere Frauen schrecken mich nicht. Trotzdem streifte ich nicht allein in Saffias neuer Wohnung umher, was ich leicht hätte tun können. Sie war immer noch beim Einziehen, und es herrschte Chaos. Als ich ankam und ohne Schwierigkeiten eingelassen wurde, schleppten überall Männer Möbel herum (gute Stücke, für die Papa sicher gern geboten hätte).
Ich sah eine Menge Schätze, deren Ecken abgestoßen wurden. Schränkchen aus Elfenbein und mit Silber eingelegte Beistelltische auf Bocksfüßen wurden genauso nachlässig herumgestoßen wie die abgenutzten Hocker im Haus meiner Mutter, die seit dreißig Jahren von allen immer wieder aus dem Weg getreten wurden. Es gab genug Bronzekandelaber, um eine Orgie zu beleuchten. Ich wette, dass einige davon in passende Stücke zerlegt und in Packpapier gehüllt abtransportiert wurden, bereit zum Verkauf an Händler, die keine Fragen stellten.
Saffia war, wie ich Helena berichten konnte, sehr hübsch. Sie war jünger, als ich erwartet hatte. Höchstens fünfundzwanzig. Sie hatte dunkles, dicht um den Kopf gewundenes Haar. Leichte Stoffhüllen hielten sie kühl, wirkten aber fast unanständig dünn über ihrem geschwollenen Leib. Eine Dienerin versprühte Rosenwasser, was wenig nützte. Saffia lehnte an Kissen auf einer Liege. Sie war barfuß, ihre bestickten Pantoffeln lagen auf einer Fußbank.
Ich konnte meiner Liebsten versichern, dass dieses Früchtchen zu reif zum Vernaschen war. Es sah aus, als würde Saffia Zwillinge bekommen, und das nächste Woche. Sie hatte das unruhige Stadium erreicht, in dem sie keine bequeme Stellung mehr fand und der freundlichen Leute überdrüssig war, die sie fragten, wie sie denn das Warten ertrage.
»Tut mir Leid, Sie zu stören …«
»O Juno, das macht mir nichts aus«, meinte sie matt, nachdem ich mich vorgestellt hatte. Ich hatte ihr genau gesagt, weswegen ich hier war. Junge geschiedene Frauen in ihrem Heim hinters Licht zu führen wäre gefährlich. »Fragen Sie mich, was Sie wollen.«
Angesichts ihres Zustands war ich erstaunt, empfangen worden zu sein. Irgendwas an dieser lässigen jungen Matrone wirkte gewöhnlich; ihre Offenheit gegenüber einem Fremden war in einer Patrizierwelt fehl am Platz. Doch ihr Akzent war genauso oberschichtsmäßig wie der von Calpurnia, und ihr Willkommen wirkte bald akzeptabel. Ständig waren noch andere Dienstboten im Raum und hantierten mit dekorativen Gegenständen auf Marmortischchen mit Goldbeinen herum. Saffia wurde so gut beaufsichtigt wie jede Zeugin, mit der ich je gesprochen hatte.
»Ich hoffe, ich komme nicht zu einem unpassenden Zeitpunkt. Wie ich sehe, sind Sie noch mitten im Umzug … Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich Sie frage, ob Ihre Scheidung erst kürzlich erfolgt ist?«
»Direkt nach dem Ende des Prozesses. Mein
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