Tod eines Tenors
erhellte sich erneut. Sein Mienenspiel war irgendwie gigantisch, als stünde er auf der Bühne der Scala und nicht mitten in einem Pub. »Das ist ja eine wunderbare Neuigkeit. Ich wollte unbedingt zu einem Eisteddfod, während ich hier bin. Meinen ersten Gesangswettbewerb habe ich auf dem kleinen Eisteddfod unten in Criccieth gewonnen. Ist es der?«
»Nein, es ist der regionale in Harlech«, informierte Reverend Parry Davies. »Der zweitwichtigste nach dem nationalen Eisteddfod.«
»Wunderbar«, nickte Ifor. »Wann probt der Chor? Ich werde da sein.«
Evans-der-Fleischer schlug Ifor auf den breiten Rücken. »Das ist ein großer Tag für Llanfair, gut, dass Sie hier sind, bach Ifor«, sagte er. »Jetzt geht's aufwärts, das weiß ich.«
6. KAPITEL
»Noswaith dda , guten Abend allerseits.« Mostyn Phillips kam geschäftig durch die Tür des Gemeindesaals, einen Stapel Noten in der Hand. Seine normalerweise tadellose Frisur war vom Wind ganz zerzaust. »Entschuldigung, dass ich euch habe warten lassen. Ich bin noch einmal die Schlussauswahl durchgegangen und musste kopieren.«
Er stellte die Blätter auf einen Notenständer. »Und ich habe mir das noch einmal gründlich durch den Kopf gehen lassen. Tut mir leid, aber ich kann mich wirklich nicht auf meine frühere Freundschaft berufen und einen Sänger von Ifor Llewellyns Format bitten, in unserem Chor mitzusingen. Dazu hätte ich nicht die Stirn. Ich meine, zu glauben, ein weltberühmter Mann würde niemals -«
»Würde niemals was, Mostyn?«, ertönte eine laute Stimme von der Tür her.
Mostyn fiel der Unterkiefer herunter. »Ifor, bist du das wirklich?«
»In Fleisch und Blut, alter Freund«, antwortete Ifor, mit kraftvollen Schritten durch den Saal schreitend. Die morschen Bodendielen knarrten Besorgnis erregend. »In Fleisch und Blut, und wie du siehst, eine Menge Fleisch.« Er umarmte Mostyn heftig und brachte dabei den Notenständer zu Fall.
»Hier bin ich, um meinen Beitrag zu leisten.«
»Ifor, ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin überwältigt.«
Mostyn kniete sich hin und begann, die verstreuten Notenblätter aufzulesen. »Ich weiß nicht, wie ich dir danken kann. Wie Constable Evans sagte: Es ist wirklich ein Wunder.«
»Nun komm schon«, sagte Ifor. »Mach kein Theater. An die Arbeit. Zeig mir doch mal, was wir beim
Eisteddfod singen sollen.«
Mostyn sortierte die Noten auf dem Ständer. Er war sichtlich aufgeregt. »Also gut, hör zu, hiermit wollen wir anfangen.«
Er nickte Miss Jones am Klavier zu und hob seinen Taktstock. Ifor saß bis zum Ende des Stücks bewegungslos da.
»Und was sollte das sein?«, fragte er.
»Eine Motette von Byrd. Zu Ehren der Musik.«
»Eine Motette von Byrd?«, brach es aus Ifor heraus. »Mit Verlaub - das klang eher wie ein Schwarm schnatternder Vögel. Oder wie der Mädchenchor aus Luton. Noch nie in meinem Leben habe ich so eine trostlose Musik gehört. Du solltest mit einem zündenden Stück anfangen, damit das Publikum aufhorcht.
Etwas wie Men of Harlech!«
Mostyns Gesicht war feuerrot geworden. Sein kleiner Schnurrbart zuckte nervös. »Wir können ja schlecht mit Men of Harlech anfangen, wo wir doch in Harlech singen und die Hälfte des Publikums Männer aus Harlech sein werden, oder? Damit würden wir uns keine Freunde machen. Außerdem singt jeder Chor solche Lieder. Wenn wir Eindruck machen wollen, müssen wir was anderes bringen.«
»Quatsch«, dröhnte Ifor. »Gib dem Publikum etwas, das es kennt und liebt - All Through the Night oder Land of My Fathers oder sogar etwas aus einem Musical. Oklahoma! ...«
»Oklahoma ?« Mostyn war entsetzt.
»Zu altmodisch, vielleicht hast du Recht. Dann eben was aus Les Misérables.« Er hob an: »Do you hear the people sing, singing a song of angry men.« Seine gewaltige Stimme erfüllte den Raum, und alle Chormitglieder nickten im Takt.
»So geht das«, sagte er. »So was sollte ein Chor singen, nicht diesen verweichlichten Unsinn. Ihr heißt ja schließlich nicht Chor der höheren Töchter. Lass die Männer wie Männer klingen! Ich glaube, ich habe die Partitur von Lohengrin dabei. Den Chor der Ambosse könnten sie schaffen. Oder vielleicht den Soldaten-Chor aus Faust?«
»Alle singen den Soldaten-Chor«, presste Mostyn mühsam hervor. »Aber dafür sind wir viel zu wenige, das gibt einfach kein richtig volles Klangbild. Deshalb habe ich ja nach etwas anderem gesucht.«
»Ja, aber doch nicht so ein unmännliches Gejammer«, sagte Ifor, noch
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