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Tod eines Tenors

Tod eines Tenors

Titel: Tod eines Tenors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rhys Bowen
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schlafen.«
    »Das ist es ja gerade«, sagte Mrs. Llewellyn mit einem bitteren Lachen. »Gottverlassenes Nest. Ich kann einfach nicht verstehen, dass irgendwer hierher zurück will, der einmal die Chance hatte wegzukommen. Als ich Colwyn Bay verließ, habe ich mir geschworen, nie wieder zurückzugehen.«
    »Meiner Frau geht die keltische Seele ab, Constable Evans«, sagte Ifor. »Danke noch mal, dass Sie so schnell gekommen sind. Wenn sie mich hätte umbringen wollen, hätten Sie mir das Leben gerettet.«
    Bestimmt begleitete er Evan zur Tür.
    Die nächtlichen Streitereien hörten zwar nicht auf, aber die Dorfbewohner gewöhnten sich allmählich daran. Meist stritten die beiden, wenn Ifor den Abend über mal wieder im Red Dragon gewesen war, was oft vorkam. Auch Evan verbrachte mehr Zeit denn je im Red Dragon. Mrs. Williams Haus war kein Hafen der Ruhe und Sicherheit mehr - dort gab es jetzt nur noch gedämpfte und pürierte Mahlzeiten, gefolgt von Reverend Powell-Jones lauten Deklamationen oder Vorträgen über die Übel der modernen Welt, wenn Evan gerade versuchte, die Fernsehnachrichten zu sehen.
    »Ich freu mich schon schrecklich darauf, Sie singen zu hören, Mr. Llewellyn«, sagte Betsy und goss Ifor seinen Whiskey ein. »Ich bin schon gespannt auf den Eisteddfod. Man erzählt, Sie singen ein Solo.«
    »Sie sollten mich in der Oper singen hören«, sagte Ifor. »Wenn ich mit dem Chor singe, kann ich meine Stimme ja gar nicht voll ausreizen. Ich würde alles übertönen. Womöglich würde ich sogar das Zelt zum Einsturz bringen.«
    »Ich habe noch nie eine richtige Oper gesehen«, sagte Betsy sehnsüchtig. »Es soll sehr romantisch sein.«
    »Sehr«, bestätigte Ifor. »Es geht immer um eine unmögliche Liebe, und das Liebespaar stirbt in inniger Umarmung. So will ich auch sterben - in den Armen eines wunderschönen Mädchens. Aber natürlich nicht, bevor ich neunundachtzig bin.« Er hatte Betsys Hand genommen und spielte mit ihren Fingern, während er sprach. Nachdem er geendet hatte, führte er ihre Hand sanft an seine Lippen.
    »Für mein Leben gerne würde ich Sie in der Oper singen sehen«, sagte Betsy. Ihre Wangen waren gerötet und sie klang aufgeregt. »Ich wette, alle Mädchen im Publikum werden schluchzen, wenn Sie sterben.«
    Ifor lächelte. »Wenn Sie sehr lieb sind, nehme ich Sie schon bald mal in eine Oper mit. Ich habe den Spielplan für das Festival in Cardiff. Wir könnten einen Tag runterfahren.«
    »Sie würden mich in eine Oper nach Cardiff mitnehmen? Das fände ich großartig, Mr. Llewellyn.«

    »Nennen Sie mich Ifor«, sagte er, noch immer mit ihren Fingern spielend. »Ich habe das Gefühl, dass wir beide sehr gute Freunde werden.«
    Evan schlief nicht gut in dieser Nacht. Trotz ihres Flirtens und ihrer unzüchtigen Kleidung, war sie letztlich ein naives Kind. Wie konnte sie so leicht auf Ifor hereinfallen? Evan wusste, dass es ihn eigentlich nichts anging, aber er konnte nicht einfach dastehen und zusehen, wie sie sich zum Narren machte. Und er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Ifor sie betatschte.
    Am nächsten Morgen fing er sie auf ihrem Weg zur Arbeit ab.
    »Betsy, wir müssen uns mal unterhalten.«
    »Ja, worum geht es?« Betsy sah ihn erwartungsvoll an.
    »Um Ifor Llewellyn. Ich möchte nicht, dass du mit ihm nach Cardiff fährst.«
    »Er nimmt mich nur in die Oper mit«, sagte Betsy. »Das ist doch sehr nett von ihm.«
    »Betsy, wach auf! Ifor gehört nicht zu der Sorte Mann, die junge Mädchen ohne Hintergedanken in die Oper mitnehmen. Das solltest du wissen.«
    »Und wenn er Hintergedanken hätte?« Betsy funkelte ihn kampfeslustig an. »Ich bin ein großes Mädchen, nur damit du's weißt. Und zufällig finde ich ihn sehr attraktiv, und es ist sehr schmeichelhaft, dass er mich offenbar ebenfalls anziehend findet.«
    »Und zufällig ist er auch verheiratet und hakt Frauen ab wie andere ihre Einkaufsliste«, explodierte Evan.
    Augenblicklich verzog sich Betsys Gesicht zu einem breiten Grinsen. »Ich hab's!«, rief sie. »Du bist eifersüchtig, Evan Evans. Endlich ist es heraus! Du warst bisher nur zu schüchtern, mich zu fragen. Hast behauptet, dass du deine Zeit lieber mit dieser langweiligen Bronwen verbringst. Oh, ihr Männer seid ja so komisch!« Sie strich sich durch die blonden Locken. »Ich sag dir was: Wenn du auch nur das geringste Interesse an mir zeigst, gehe ich nicht mit Ifor nach Cardiff. Also was ist?«
    Evans Gedanken überschlugen sich. Bronwen würde

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