Tod eines Tenors
immer liebenswürdig lächelnd. Evan hatte den Eindruck, es gefiel ihm, Mostyn aufzuziehen. »Du hast es immer noch nicht kapiert, was, alter Junge? Erinnerst du dich an deine Aufführung mittelalterlicher Lautenmusik am College? Das halbe Publikum ist eingeschlafen, und sogar der Professor ist in seinem Sessel eingenickt!« Er lachte laut und klatschte sich auf die Schenkel. »Diesen ganzen Blödsinn kannst du vergessen. Du hast jetzt ein volles Klangbild, du hast mich!« Er drehte sich zum Chor um. »Kennt ihr Jungs zufällig die Melodie von Land of My Fathers?«
Am Ende des Abends musste Evan zugeben, dass sie sich schon viel besser anhörten - obwohl sie jetzt eigentlich nicht mehr als eine Art Hintergrund für Ifor waren. Aber das klang in jedem Fall besser, als alles andere davor. Und immerhin wurden auf diese Weise die falschsingenden Baritone übertönt.
Doch dann bemerkte er, dass Mostyn hastig seine Sachen zusammenpackte und nach draußen zu seinem Wagen eilte, ohne auf die anderen zu warten. Er wollte gerade einsteigen, als Ifor neben ihn trat.
»Das ist also dein Auto, bach Mostyn?« Seine Stimme kam als Echo von den Hügeln zurück. »Das ist der Austin? Wie wird er angetrieben - mit einem Uhrwerk oder hat er Pedale?«
Mostyn fuhr einfach los. »Du meine Güte«, murmelte Ifor den Männern zu, die um ihn herumstanden.
»Ich glaube, ich habe ihn verärgert. Er war schon immer schnell beleidigt. Leider war es auch schon immer ziemlich einfach, den guten Mostyn aufzuziehen. Er nimmt sich einfach zu ernst. Stellt euch mal vor, ich würde wegen jeder schlechten Kritik sofort eingeschnappt wegfahren! Ich sage: Mach was, lass dich dafür beschimpfen und lach dich tot darüber!« Er legte dem Nächstbesten den Arm um die Schultern. »Also los, Jungs, wer kommt mit, was trinken?«
In Llanfair war man an Lärm nach neun Uhr abends nicht gewöhnt, und beim ersten Streit der Llewellyns hatten die Nachbarn sofort Evan alarmiert.
»Es klingt, als würden die sich da drüben umbringen«, hatte Mair Hopkins, Charlies Frau und nächste Nachbarin der Powell-Jones', atemlos berichtet.
Evan zog sich rasch an und rannte hoch zum Haus der Powell- Jones. Auf dem Weg dorthin sah er überall Leute in Morgenmänteln und Pantoffeln vor ihren Häusern stehen. Er konnte den Krach schon hören, lange bevor das Haus in Sicht kam - darunter eine Frauenstimme, ebenso laut wie Ifors. Dann das Geräusch zersplitternden Geschirrs, dann ein Schlag und ein Schrei.
Evan donnerte gegen die Eingangstür. »Sofort aufmachen, Polizei«, schrie er.
Nach einigen Minuten öffnete Ifor, in einem chinesischen Seidenmorgenmantel, die Tür. »Probleme, Officer?«, fragte er. Er lallte ein wenig, was darauf schließen ließ, dass er wieder einmal dem Jameson zugesprochen hatte.
»Ich habe einen Anruf erhalten, dass hier ein Fall von häuslicher Gewalt vorliegt«, sagte Evan.
»Häusliche Gewalt?« Ifor legte den Kopf in den Nacken und lachte. »Hörst du das, meine Liebe?
Man glaubt, dass bei uns ein Fall von häuslicher Gewalt vorliegt.«
Mrs. Llewellyn tauchte hinter Ifor auf. Evan hatte erwartet, dass sie grün und blau war, aber sie wirkte gelassen und elegant in ihrer türkisfarbenen Satinrobe, hatte Nachtcreme im Gesicht und einen Turban um ihr Haar gewickelt. »Wir hatten lediglich eine kleine Meinungsverschiedenheit, Officer«, sagte sie.
»Nichts Ernstes. Wir neigen gelegentlich dazu, ein wenig laut zu werden. Danke für Ihre Sorge.«
»Aber ich hörte das Geräusch von Schlägen«, entgegnete Evan. »Und etwas wurde zertrümmert.«
Ifor lachte erneut. »Meine Frau wirft gern mit Dingen um sich, wenn sie wütend ist«, sagte er. »Zwei von Powell-Jones' Tellern sind nun leider nicht mehr, was heißt, dass ich vermutlich neue werde kaufen müssen. Und als ich ihrem Wurf geschickt ausgewichen bin und gelacht habe, hat sie mich gehauen.«
Mrs. Llewellyn wirkte leicht beschämt. »Es war nur ein Klaps, Officer. Das mache ich immer. Es ist unmöglich, jemanden von Ifors Größe dadurch ernsthaft zu verletzen.«
»Fühlte sich an, als sei eine Fliege auf mir gelandet«, sagte Ifor und nahm seine Frau in den Arm.
»Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, worüber wir gestritten haben, du, Liebling?«
»Ich nehme an, ich werde mich später daran erinnern«, sagte sie kühl. »Danke, dass Sie vorbeigekommen sind, Officer.«
»Bitte versuchen Sie künftig, nach neun etwas leiser zu sein«, mahnte Evan. »Die Leute hier gehen früh
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