Tod eines Tenors
ihre Affäre vor ihrem Mann geheim gehalten.«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht«, sagte Watkins. »Ich frage mich allmählich, ob er es rausgekriegt hat und sie ihn deshalb loswerden wollte. Nun, morgen früh werden wir es erfahren, wenn uns ihr Anwalt mit ihr sprechen lässt.«
Er verschwand im Verhörzimmer und erschien kurz darauf in Begleitung einer bleichen, schmallippigen Mrs. Llewellyn. Sie trug ein dunkles Kostüm und unspektakuläre schwarze Schuhe.
Evan hatte das Gefühl, dass Mrs. Llewellyn der Typ von Frau war, die instinktiv immer genau wusste, was sie anzuziehen hatte. Es würde ihr schwer fallen, Gefängniskleidung zu tragen.
»Nett von Ihnen, dass Sie mich nach Hause fahren, Constable«, sagte sie, als er ihr die Wagentür aufhielt.
»Entschuldigung wegen des Autos. Es ist nicht gerade wie Ihr Mercedes«, erwiderte er.
Er ließ den Motor an. Mrs. Llewellyn saß sehr aufrecht da und starrte vor sich hin, während sie die Stadt verließen und in die Schwärze der Landschaft eintauchten. Für lange Zeit sprach keiner von ihnen ein Wort. Dann sagte sie: »Man hat meine Tochter vorgeladen. Ich weiß nicht, warum sie das getan haben. Wie könnte sie ihnen helfen - sie war in Mailand.« Evan schwieg weiter. Er schaltete herunter und drosselte das Tempo, während der Wagen jetzt den Pass nach Llanberis hinauffuhr.
»Besonders sie wollte ich heraushalten«, sprach Mrs. Llewellyn weiter. »Sie ist ein sehr gefühlsbetontes Kind... und sie hat ihren Vater verehrt. Das wird sie sehr erschrecken.«
»Ja, das wird es wahrscheinlich«, sagte Evan.
»Ich hatte gehofft, die Wahrheit vor ihr verbergen zu können. Aber ich nehme an, dass ohnehin bereits sämtliche Zeitungsstände auf der Welt mit der Nachricht gepflastert sind. Mein Gott, wie ich die Medien hasse. Sie haben mein Leben ruiniert.«
Evan nickte. Das könnte womöglich eine gute Verteidigungsstrategie für sie sein , dachte er. Zum Zusammenbruch getrieben durch ein Leben in ständigem Medieninteresse, beharrlich gejagt von Paparazzis. Jeder Geschworene würde Verständnis dafür haben.
Sie sagte nichts mehr, bis der Wagen den Parkplatz des Everest Inn erreicht hatte.
»Holen Sie mich morgen früh ab?«, fragte sie, als träfe sie eine ganz gewöhnliche Verabredung.
»Ich denke, man schickt Ihnen einen Wagen, wenn Ihr Anwalt angekommen ist«, antwortete er.
»Verstehe.« Sie seufzte, als er ihr die Beifahrertür öffnete. »Jetzt muss ich meinem Sohn gegenübertreten. Darauf freue ich mich nicht.«
»Dann erzählen Sie ihm nichts, so lange Sie nicht dazu gezwungen sind.« Evan empfand Mitleid mit dieser unnahbaren, beherrschten Frau. Wie viele Jahre hatte sie ihre wahren Gefühle verstecken müssen, während ihr Mann an der Seite schöner Frauen fotografiert worden war?
»Mein Sohn und ich haben keine Geheimnisse voreinander, Constable«, sagte sie kalt. »Das hatten wir noch nie.«
Sie nickte ihm zum Abschied höflich zu und ging dann auf die erleuchtete Eingangstür des Hotels zu.
Evan sah ihr lange nach und fuhr dann auch nach Hause. Es war ein langer Tag gewesen.
17. KAPITEL
Evan schlug die Augen auf. Es donnerte. Schade, dachte er, das wird dem letzten Tag des Eisteddfod einen Dämpfer versetzen.
Das Donnern wurde gleichmäßiger, und er begriff, dass es an seiner Tür klopfte.
»Mr. Evans?«, ertönte Mrs. Williams schrille Stimme, und ihr Klopfen brach ab. Sie öffnete die Tür und spähte herein. »Entschuldigen Sie, dass ich Sie störe, noch dazu am Sonntag, dem Tag der Ruhe und Freude. Aber es ist jemand für Sie am Telefon, und er sagt, es sei dringend.«
Es musste noch sehr früh sein, entschied Evan. Mrs. Williams war in Morgenrock und Pantoffeln, und sie schlief nie sehr viel länger als bis sechs. Er griff nach seinem eigenen Morgenmantel und folgte ihr die Treppe hinunter zum Telefon.
»Entschuldigung, dass ich Sie wecke, aber der Inspektor wollte es so«, ertönte Watkins Stimme fröhlich aus der Leitung. »Und wenn ich an einem Sonntag um halb sieben aufstehen muss, gibt es keinen Grund, warum Sie das nicht auch müssen sollten.«
»Vielen Dank«, murmelte Evan. »Was ist passiert?«
»Mrs. Llewellyn hat gerade angerufen«, sagte Watkins. »Sie will sofort aussagen, noch bevor ihr Anwalt kommt. Sie sagt, sie habe Angst, er werde sie daran hindern, und sie wolle sich von der Last befreien. Der Inspektor wünscht, dass Sie sie im Hotel abholen und ins Präsidium bringen.«
»Warum schickt man keinen
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