Tod für Don Juan
haben.»
«Wäre kein großes Risiko»,
bemerkte Lewis grämlich.
«Hat Max angerufen?»
«Nein. Versprochen hatte er
es...»
«Fauler Knochen.» Morse wählte
die Nummer des Labors. «Wenn er nach wie vor behauptet, daß es ein Herzinfarkt
war, Lewis, habe ich nicht übel Lust, den Fall in Ihre fähigen Hände zu legen
und wieder nach Hause zu fahren.»
«Und wenn er sagt, daß sie
ermordet worden ist, würden Sie jubilieren, was?»
Inzwischen war Morse
durchgekommen. «Max? Hier Morse. Schon deine Schularbeiten gemacht?»
«Massiver Infarkt.»
«Mit Sicherheit?»
Am anderen Ende der Leitung
hörte man ein ungeduldiges Prusten — mehr nicht.
«Könnte der Auslöser gewesen
sein... Du weißt schon... Mal angenommen, sie hat einen Typ dabei ertappt, wie
er an ihrer Puderdose rumspielt — »
«Kann ich nicht sagen.»
«Mal angenommen, jemand hätte
unerwartet ihr Zimmer betreten — »
«Kann ich nicht sagen.»
«Keine Spur einer Verletzung?»
«Nein.»
«Hast du auch wirklich genau
nachgesehen?»
«Ich sehe immer genau nach.»
«An dir hat man aber auch gar
keine Hilfe.»
«Im Gegenteil. Ich habe dir
klipp und klar gesagt, woran sie gestorben ist. Was kann ich dafür, daß ich den
Fall genauso sehe wie unser lieber Dr. Swain?»
Doch da hatte Morse schon
aufgelegt. Fünf Minuten später war er auf dem Weg nach North Oxford.
Lewis blieb im Büro und
verbrachte den Rest des Vormittags mit öden Routinearbeiten. Um 12.50 nahm er
den 21er Bus bis zur St. Giles’, wobei er sich resigniert sagte, daß er den
gebieterischen Ton, den Morse Chefportiers gegenüber anzuschlagen pflegte, doch
nicht so gut treffen würde wie sein Vorgesetzter. Am Märtyrerdenkmal stieg er
aus und ging in Richtung Randolph Hotel. Dabei sah er, wie Sheila
Williams, ohne nach rechts oder links zu schauen, in raschem Tempo auf der
linken Seite der St. Giles’ entlangging, vorbei an den Säulen des Taylorean und
der Fassade des Pusey House. Sergeant Lewis war stehengeblieben und sah ihr
nicht uninteressiert nach. Als er dann in die Beaumont Street einbog, hielt er,
den Baldachin des Randolph schon vor Augen, abermals inne. Ein Mann kam
die Vortreppe des Hotels hinunter, sah sich noch einmal kurz um, wandte sich
nach links und ging eilig in Richtung Worcester College, wo er sich an der
Ampel wiederum nach links wandte und unter dem Schild «British Rail»
verschwand. Normalerweise hätte Lewis einen allem Anschein nach so harmlosen
Vorfall gar nicht in seinem Gedächtnis gespeichert. Doch die Umstände waren
nicht normal, und der Mann, der gerade so eilig das Hotel verlassen hatte, war
Eddie Stratton.
Lewis folgte ihm zögernd.
In dieser Stunde zwischen eins
und zwei wurden, wie Morse und Lewis später erfuhren, die Weichen
unwiderruflich auf Mord gestellt.
Um 15.20 machte Cedric Downes
seine Gruppe, die ein wenig kleiner war als erwartet, auf die Schönheiten der
Glasfenster in der Kapelle des University College aufmerksam und versäumte auch
nicht, auf die Szene im Garten Eden hinzuweisen, wo die Apfel am Baum der
Erkenntnis leuchten wie riesige goldene Jaffa-Orangen. Um 15.30 bemühte sich
Sheila Williams im Archivraum des New Bodleian nach Kräften, Begeisterung über
eine Reihe von Henry Taunt-Fotos aus den achtziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts an den Tag zu legen. Auch sie hatte mit einer größeren Beteiligung
gerechnet. Die von Dr. Theodore Kemp ausgewählten Dias aber, mit denen er im
Ashmole Memorial Room des Museums seine Ausführungen über die Entwicklung des
englischen Kunsthandwerks in der Zeit vor der normannischen Eroberung hatte
illustrieren wollen, blieben an diesem sonnigen Nachmittag in ihrem Kasten.
19
In
Oxford badete (und badet) man gern nackt, was früher zu für beide Seiten
peinlichen Situationen führen konnte, wenn mit Damen besetzte Boote
vorbeikamen. (Marilyn Yurdan, Oxford: Town & Gown)
Um 21.30 Uhr sind die
University Parks längst — genaugenommen seit Sonnenuntergang — geschlossen,
doch hat dieser Umstand entschlossene Liebespaare nie davon abhalten können,
sich durch oder über Zäune und Hecken den Weg auf ein Gelände zu bahnen, das
seit dem englischen Bürgerkrieg, als dort die royalistische Artillerie lag,
unzählige liebende Vereinigungen erlebt hat.
Zwei dieser Liebenden, Michael
Woods (17) und Karen Jones (zwei Jahre älter), beide aus dem Dorf Old Marston
östlich des Parks, hatten auf der Rainbow Bridge langsam den Cherwell überquert
und
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