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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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hatte sich geraume
Zeit in dem Souvenirshop der Oxford-Story aufgehalten und sich Schürzen, Büsten
und Schachspiele angesehen, Cheshirekatzen, Manschettenknöpfe, Spiele,
Wasserspeier, Kristall, Schmuck, Puzzles, Krüge, Karten, Bilder, Postkarten,
Poster, Briefpapier, Untersetzer, Fingerhüte, Videos — kurzum alles, was das
Touristenherz begehrt.
    «Das wäre was für Laura
gewesen, wo sie doch so schlecht zu Fuß war», bemerkte Vera Kronquist. Ihr Mann
antwortete nicht. Eigentlich war er nicht böse, daß der Reiseplan nicht mehr so
entscheidend von Lauras Füßen bestimmt wurde. Alles war ihr zuviel gewesen,
ständig hatte sie sich hinlegen müssen. Und nun hatte sie sich einmal zuviel
hingelegt und war nicht wieder aufgestanden.
    «Das war wirklich gut», sagte
Phil Aldrich, als er, Mrs. Roscoe und die Browns auf die Ship Street
hinaustraten.
    «Aber die Figuren waren lange
nicht so lebendig wie bei Madame Tussaud, das müßt ihr doch zugeben!»
    «Da hast du natürlich recht,
Janet», sagte Howard Brown und lotste sie sanft über den Cornmarket zurück zum
Randolph.
    Als Mrs. Georgie Bonnetti fünf
Tage später den interessanten Brief ihrer Schwester erhielt, war sie (als
überzeugte Nonkonformistin) etwas enttäuscht, daß ihre Schwester weder im
ersten noch im zweiten Anlauf den frommen Begründer des Methodismus richtig
geschrieben hatte. Morse, der mit Religion nicht viel am Hut hatte, hätte sich
an den anderen orthographischen Fehlern mehr gestört.
     
     
     

17
     
    Gescheite
Leute haben offenbar keine Ahnung davon, welche Freude das Staunen ist. Ständig
beantworten sie Fragen, während es doch das größte Vergnügen im Leben ist,
welche zu stellen. (Frank Moore Colby)
     
    Nach seiner kurzen Erklärung
vor dem Balliol wandte Downes dem Schauplatz der barbarischen Brandopfer den
Rücken und schlenderte nachdenklich in Richtung Blackwell. Eineinviertel
Stunden für die Oxford-Story, hatte Ashenden gemeint, dann zurück zum Randolph, wo er, Sheila Williams und Kemp (selbst in Gedanken war der Mann für Downes
stets nur ein Nachname) sich den Fragen der Amerikaner stellen würden. Downes
war immer ein bißchen skeptisch, wenn es um «Amerikaner» ging, dabei empfand
er, wie die meisten seiner Kollegen in Oxford, den Kontakt mit Amerikanern ohne
Gänsefüßchen oft als durchaus angenehm. Auch heute würden einige Fragen
erstaunlich naiv, manche scharfsinnig, alle aber ehrlich sein. Ihm waren solche
Fragen willkommen — sicher auch deshalb, weil seine ebenso ehrlichen Antworten
meist gut ankamen, was man von den kopflastigen Ausführungen manch anderer
Akademiker nicht sagen konnte.
    Wenn er da an seinen Kollegen
Kemp dachte...
    Nachdem er fünfzig Minuten bei
Blackwell’s im Antiquariat herumgestöbert hatte, ging Downes ins Randolph zurück und stieg gerade die Stufen unter dem Baldachin hoch, als er ein paar
Meter hinter sich eine Stimme hörte.
    «Cedric!»
    Er wandte sich um.
    «Bist du schwerhörig? Ich hab
dich schon auf der Straße drei- oder viermal angesprochen.»
    «Du weißt doch, daß ich
schwerhörig bin.»
    «Jetzt erwarte bloß kein
Mitleid von mir, Cedric. Es gibt Schlimmeres!»
    Downes lächelte zustimmend und
musterte nicht ohne Wohlgefallen die flott gekleidete Geschiedene, die er seit
etwa vier Jahren kannte. Ihre Stimme war meist (wie auch heute wieder) ein
bißchen schrill, ihre Art fast immer ziemlich nervös und fahrig, aber es gab
Schlimmeres...
    «Haben wir noch Zeit für einen
Drink?» fragte Sheila. Es war kurz nach elf.
    Sie betraten zusammen die Halle
und lasen, was auf der Anzeigetafel stand:
    HISTORISCHE STÄDTETOUR ST.
JOHN’S SUITE 11.30
    «Hast du mitgekriegt, was ich
dich gefragt habe?» hakte Sheila nach.
    «Bitte?»
    «Wir haben noch eine halbe
Stunde, bis —»
    «Moment.» Downes befestigte
sein Krankenkassenhörgerät am rechten Ohr, schaltete es ein, regelte die
Lautstärke — und plötzlich erwachte das Hotel zu fröhlich schnatterndem Leben.
«So, jetzt bin ich wieder da. Es ist zwar noch ein bißchen früh, aber was
würdest du zu einem kleinen Drink sagen, Sheila? Zeit genug hätten wir.»
    Sheila hakte sich strahlend bei
ihm ein und schob ihn zur Chapters Bar. «Ich würde ja sagen, Cedric.
Heute vormittag würde ich zu fast allem ja sagen — besonders zu einem Scotch.»
    Ein paar Sekunden lang genoß
Downes das Gefühl ihrer weichen Brust an seinem Arm, und vielleicht zum ersten
Mal, solange sie sich kannten, konnte er sich vorstellen, daß er

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