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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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auf
ihrem Block der Name des Anrufers («Dr. Kemp») und der Name des verlangten
Gastes («Mr. Ashenden») kurz nach einem um 12.31 eingegangenen Anruf
festgehalten waren. Um 12.48 rief John Ashenden von der St. John’s Suite aus
die Rezeption an und bat, man möge ein Taxi zum Bahnhof schicken, um Dr.
Theodore Kemp abholen zu lassen, der um 15.00 Uhr von Paddington kommend in
Oxford eintreffen würde.
     
     
     

18
     
    Bei
der Schilderung polizeilicher Arbeitsweisen ist ein gewisser Realismus durchaus
am Platz, aber er darf nicht zu weit gehen, weil sonst das Buch unter Umständen
so langweilig wird wie der reale Arbeitstag des Polizeibeamten. (Julian
Symons, Bloody Murder)
     
    Es wurde zehn Uhr, bis Morse
seinen Jaguar hatte; Viertel nach zehn erschien er dann glücklich in seinem
Büro in Kidlington. «Sie hatten hoffentlich einen ergiebigen Abend, Lewis?»
    «Kann man nicht gerade
behaupten.»
    «Den Dieb noch nicht dingfest
gemacht?»
    Lewis schüttelte den Kopf. Er
saß schon seit drei Stunden am Schreibtisch, bemühte sich, die einzelnen
Aussagen zu sichten und zu vergleichen, und war nicht in der Stimmung, die
sarkastischen Bemerkungen seines Chefs zu würdigen, der nach auch anfänglich
nur geringem Interesse jetzt offenbar keinerlei Begeisterung mehr für den Fall
aufzubringen vermochte.
    «Und was war sonst?» fragte
Morse.
    «Tote Hose. Die Amerikaner
scheinen recht ordentlich zu sein. Manche wissen nicht so ganz genau, wo sie zu
der fraglichen Zeit waren, aber das war ja zu erwarten. Sie haben sich
eingerichtet, Tee getrunken, ausgepackt, sich gewaschen, am Fernseher
herumgespielt — »
    «Und hoffentlich die
Anweisungen für den Brandfall gelesen.»
    «Wohl kaum. Aber ich hatte den
Eindruck, daß sie sich alle an die Wahrheit gehalten haben.»
    «Alle nicht...»
    «Bitte?»
    «Ashenden hat gelogen.»
    Lewis sah seinen Chef verblüfft
an. «Wie können Sie so was behaupten?»
    «Angeblich hat er Magdalen
besichtigt.»
    «Und?»
    «Er hat mir ausführlich von
seinem Besuch erzählt, hat praktisch den ganzen Reiseführer hergebetet.»
    «Dafür ist er schließlich
Reiseleiter...»
    «Seite 130 und folgende aus Oxford von Jan Morris. Fast wortwörtlich.»
    «Hat er wahrscheinlich für
seine Gruppe auswendig gelernt.»
    «Magdalen steht nicht auf dem
Reiseplan.»
    «Aber Sie können doch nicht
sagen, daß er lügt, nur weil —»
    «Ashenden ist ein Lügner.»
    Lewis schüttelte den Kopf. Wenn
Morse in dieser Stimmung war, lohnte es nicht, mit ihm zu streiten. Trotzdem
hakte er noch einmal nach. «Aber das ist ja auch nicht wichtig. Wenn Ashenden
sich im Magdalen umgesehen hat—»
    «Hat er aber nicht.»
    «Nein?»
    «Ich habe heute früh beim Pförtner
angerufen. Das College war den ganzen Tag für Besucher geschlossen, sie
renovieren den Kreuzgang, und gleich morgens sind die Gerüstbauer angerückt.
Keiner, Lewis — keiner —, durfte gestern ins Magdalen College. Bis auf
die Fellows. Anweisung des Quästors. Und der Oberpförtner hat beteuert, daß
diese Anweisung strikt befolgt wurde. Mit einer Ausnahme: Ein Bote hat
Nachschub an supersoftem Klopapier für den Präsidenten gebracht.»
    «Ach so.» Lewis besah sich die
Papiere auf seinem Schreibtisch — fein säuberlich geordnet, gründlich überprüft
und wahrscheinlich völlig nutzlos. Allenfalls Klopapier, wenn auch nicht
supersoft. Durch einen einzigen Anruf von Morse waren seine Bemühungen zur
Farce geworden. «Er hat uns also Märchen erzählt», sagte er matt.
    «Manche Menschen verbringen ihr
ganzes Leben damit, Märchen zu erzählen, Lewis.»
    «Soll ich ihn festnehmen?»
    «Man kann einen Mann nicht
festnehmen, nur weil er Lügengeschichten in die Welt setzt. Nicht bei dieser
Art von Lügengeschichten. Wahrscheinlich hat er irgendwo auf der Holywell
Street eine scharfe Braut aufgerissen. Vielleicht ganz gut für ihn.»
    «Wieso?»
    «Weil er dann nicht
gleichzeitig im Randolph sein konnte, um das Wolvercote-Dingsbums zu
klauen.»
    «Das hätte er schon vorher tun
können. Mrs. Stratton war praktisch die erste, die auf ihr Zimmer ging,
Ashenden war danach noch etwa zehn Minuten im Hotel und —»
    «— und was hat er mit dem Ding
gemacht?»
    «Wir hätten doch die Zimmer
durchsuchen sollen, Sir.»
    Morse nickte unbestimmt, dann
zuckte er die Schultern.
    «Zeitverschwendung?» fragte
Lewis.
    «Die Suche nach der Handtasche,
meinen Sie? Ja, die finden wir bestimmt nicht mehr, darauf können Sie alles
setzen, was Sie auf dem Konto

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