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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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fahren und sich Aufträge
für seine Leute ausdenken, die einen immer ungewascheneren und ungepflegteren
Eindruck machten, je weiter es dem Morgen zuging.
    Es gab aber noch eine andere
Möglichkeit. Er konnte ins Randolph fahren und sich diesen verdammten
Märchenerzähler Ashenden vorknöpfen. Die Bar war bestimmt noch geöffnet.
Zumindest für Hausgäste. Macht in einem Fünf-Sterne-Hotel die Bar überhaupt mal
dicht? Für sein Geld kann man schließlich auch was verlangen! Hin und wieder
kommt es vor, daß Pflicht und Vergnügen aufs Erfreulichste zusammenfallen.
Morse verbot Lewis fürsorglich, länger als höchstens noch ein, zwei Stunden am
Tatort zu bleiben, und wandte Parson’s Pleasure den Rücken.
    Fünfundzwanzig Minuten später
entdeckte Lewis die erste handfeste Spur: Einen gelben A4-Bogen mit dem Plan
der Historischen Städtetour durch England. Die Zeitangabe für den letzten
Programmpunkt des Tages war mit blauem Kugelschreiber dick durchgestrichen, und
die Eintragung lautete jetzt:
     
                       8.oo
Uh r                   
Abendessen
     
     
     

21
     
    Du
bist nicht gekommen.
    (Thomas Hardy, A Broken Appointment)
     
    Die Parkplätze auf der rechten
und linken Seite der St. Giles’ waren jetzt fast alle frei, und Morse stellte
den Jaguar vor St. John’s ab. Zwei Minuten nach Mitternacht betrat er die Chapters
Bar , wo zehn, zwölf nächtliche (oder morgendliche) Trinker noch munter
Rechnungen abzeichneten. Einschließlich Ashenden.
    «Inspector! Darf ich Ihnen
etwas bringen?»
    Nachdem von Michelle, die in
weißer Bluse und blauem Rock hinter dem Tresen ihres Amtes waltete, die
Bestellung «ein Schottentrunk» korrekt in «ein großer Glenlivet» übersetzt
worden war, nahm Morse an Ashendens Tisch Platz. «Howard und Shirley Brown,
Inspector, und Phil. Phil Aldrich.» Morse schüttelte reihum die Hände, angenehm
berührt von dem festen, kühlen Handschlag Browns, der ihn mit festem, kühlem
Blick fixierte und ihm freundlich-zurückhaltend zulächelte. Daß sie so spät
noch zusammensaßen, war, wie Ashenden erläuterte, eigentlich Eddie Strattons
Schuld. Er hatte gleich nach dem Mittagessen das Hotel verlassen und war
seither nicht mehr aufgetaucht. Mrs. Roscoe (wer sonst?) hatte ihn — ebenso wie
Lewis (was allerdings nur Morse wußte) — weggehen sehen. Niemand ahnte, wo er
stecken könnte, sie machten sich — besonders wohl Shirley Brown — die größten
Sorgen. Was um Himmels willen kann man denn mitten in der Nacht hier anstellen?
Glenlivet trinken, dachte Morse, oder sich mit einer hübschen Puppe ins Heu
legen. Er wollte gerade bemerken, es sei wohl noch ein bißchen früh, um sich
ernstlich aufzuregen, als der Nachtportier hereinkam, ihn fragend ansah und
sich erkundigte, ob er Chief Inspector Morse sei.
     
     
    «Woher wußten Sie, wo ich bin,
Lewis?»
    «Sie haben gesagt, daß Sie nach
Hause wollen.»
    «Und—»
    «Da hat niemand abgehoben.»
    «Aber wie —»
    «Detektivischer Spürsinn, Sir.»
    «Was gibt’s?»
    Ein Anruf, kurz vor Mitternacht
in St. Aldate’s eingegangen, war an den Tatort weitergeleitet worden: Mrs.
Marion Kemp, wohnhaft Cherwell Lodge6, hatte berichtet, ihr Mann, der heute
früh nach London gefahren war, sei bisher nicht nach Hause gekommen; so etwas
sei noch nie passiert, und sie mache sich allmählich (das heißt schon geraume
Zeit) Sorgen, große Sorgen sogar. Sie selbst sei behindert und abends auf die
Hilfe ihres Mannes angewiesen. Da ihr sein Tagesprogramm in großen Zügen
bekannt gewesen sei, habe sie um 22.45 Uhr im Randolph angerufen und von
dem Reiseleiter erfahren, daß ihr Mann im Hotel überhaupt noch nicht
aufgetaucht sei und somit seine Pflichten sträflich vernachlässigt habe — was
überhaupt nicht zu ihm paßte. Nachdem sie sich den ganzen Abend gequält habe
und das Warten schier unerträglich geworden sei, habe sie sich nun dazu
durchgerungen, die Polizei anzurufen.
    Von seinem aufregenden Fund sagte
Lewis zunächst noch nichts, sondern verabredete mit Morse nur, kurz im Revier
vorbeizufahren und seinen Chef in etwa zehn Minuten im Randolph abzuholen.
     
     
    «Etwas Neues? Wegen Eddie?»
fragte Phil Aldrich besorgt, als Morse mit gekrauster Stirn in die Bar
zurückkam.
    Morse schüttelte den Kopf. «Bei
uns laufen die verschiedensten Nachrichten ein, Sir, manchmal gute, öfter
allerdings schlechte. Von Mr. Stratton ist bisher noch nichts bekanntgeworden.
Nehmen Sie’s nicht zu

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