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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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das alles vorher
geübt, Max?»
    «Nein, aber bekanntlich wirkt
Alkohol beflügelnd, alter Junge. Sein Haar, wie gesagt, hob und senkte sich in
der Strömung wie eine todesmatte Qualle.»
    «Sehr hübsch...»
    «Hab ich irgendwo gelesen. War
das nicht bei —».
    «Mit anderen Worten: Er hätte
dringend mal zum Friseur gemußt...»
    «Du hast eben keine poetische
Ader.»
    «Wo hast du denn heute schon
wieder gefeiert?»
    «Gesundheitsamt Oxfordshire.
Ich war der Gastredner.» Max schnippte mit dem rechten Zeigefinger gegen seine
Fliege, dann deutete er mit ebendiesem Finger auf eine männliche Gestalt unter
einer Plastikplane im nassen Gras.
    «Wer ist es?» fragte Morse
leise.
    «Ich dachte, das könntest du
mir sagen. Schließlich bist du der Detektiv. Rate mal.»
    «Ein sechsundsechzigjähriger
Kalifornier, dessen Frau gestern gestorben ist. Und zwar eines natürlichen
Todes, wie man aus zuverlässigster Quelle hört.»
    «Todesursache?»
    «Selbstmord. Selbstmord durch
Ertrinken. Vor etwa drei oder vier Stunden, bei Anbruch der Dunkelheit. Als er
flußabwärts trieb, ist er mit dem Kopf an einen ins Wasser ragenden Ast
gestoßen. Sonst noch was?»
    «Setzen, Morse. Ungenügend. Ob
er Amerikaner ist, oder ob er kürzlich seine Frau verloren hat, weiß ich nicht,
aber Ende Sechzig ist er auf keinen Fall. Eher um die Vierzig. Doch, da bin ich
meiner Sache ziemlich sicher, du könntest getrost deinen Pensionsanspruch drauf
setzen.»
    «Danke, aber auf meine Pension
hatte ich mich inzwischen eigentlich schon eingestellt.»
    «Sieh selbst.»
    Max zog die Plane zurück, und
zum zweiten Mal an diesem Abend überlief Lewis unwillkürlich ein Frösteln.
Morse sah ein, zwei Sekunden hin, atmete tief durch, schwankte einen Augenblick
hin und her, als müßte er sich gleich übergeben, dann wandte er sich ab. Man
sah, wie Max sehr richtig gesagt hatte, ganz deutlich, daß der Mann, der dort
lag, stark geblutet hatte. Und daß er noch relativ jung gewesen war. Es war die
Leiche ebenjenes Mannes, den Morse gestern abend vernommen und ziemlich
unsympathisch gefunden hatte. Jenes Mannes, den man um das Wolvercote-Kleinod
betrogen hatte. Und jetzt um sein Leben.
    Dr. Theodore Kemp.
    Max stellte gerade die
Arzttasche in den Kofferraum seines BMW, als Morse nachdenklich auf ihn zukam.
    «Du warst schnell da, Max.»
    «Ich war nur um die Ecke.
William Dunn-Pathologieschule. Kennst du sicher...»
    «Wie ist er gestorben?»
    «Das Blut ist vermutlich
geronnen, ehe er ins Wasser geriet.»
    «Eine so eindeutige Aussage
habe ich bei dir bisher noch nie erlebt.»
    «Ich weiß, Morse. Bitte um Verzeihung.
Liegt am Saufen.»
    «Aber morgen kannst du es mir
genau sagen?»
    «Morgen, morgen und nicht
heute, sagen alle faulen Leute.»
    «Es war also kein Selbstmord?»
    «Auf gar keinen Fall. Das war dein Urteil.»
    «Bestimmt nicht?»
    «Ich bin ja nur Pathologe...»
    «Wie lange war er im Wasser?»
    «Kann ich nicht sagen.»
    «Ungefähr?»
    «Acht, sieben, sechs, fünf,
vier Stunden. Du wolltest es doch wissen, nicht?»
    «Vielen herzlichen Dank.»
    Max ging nach vorn zum
Fahrersitz. «Übrigens habe ich heute abend auch mit Dr. Swain gesprochen. Er
will sich beim Chief Constable über dich beschweren.»
    «Gute Nacht, Max.»
    «Gute Nacht, Morse.»
    Der Polizeiarzt war kaum weg,
als Morse seinen unglücklichen Sergeant anblaffte: «Sie haben mir doch erzählt,
Lewis, daß dieser dämliche Eddie Stratton seit dem frühen Nachmittag unter
höchst verdächtigen Umständen vermißt wird, daß Ashenden Sie ganz verzweifelt
angerufen hat, um —»
    «So habe ich das nicht gesagt,
Sir!»
    «Sondern?»
    «Ich habe Ihnen erzählt, daß
Stratton sich abgesetzt hatte, das stimmt. Und auch, daß Dr. Kemp nicht da war,
als ein Taxifahrer ihn abholen wollte, um ihn —»
    «Wann war das?»
    «Fünfzehn Uhr, Sir.»
    «Hm. Wenn ihm also jemand eins
übergebraten hat... und zwar vorsätzlich, nicht durch irgendeinen dummen
Zufall... sieben Stunden etwa... Um drei, sagen Sie, ist Kemp wieder in Oxford
aufgekreuzt.»
    « Nicht aufgekreuzt,
Sir.»
    Die Umgebung war erstaunlich
hell — gelb leuchteten die Bogenlampen am Flußufer, weiß die Blitzlichter der
Polizeifotografen, blau blinkten die noch am Tatort wartenden Streifenwagen — ,
aber im Kopf des Chief Inspector blieb es relativ dunkel. Er konnte natürlich
noch ein, zwei Stunden hier herumstehen und so tun, als wüßte er, wonach er und
seine Mitarbeiter suchten. Er konnte in die Zentrale

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