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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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nachmittag gesehen hat, nicht wahr? Ich bin ihr nicht böse, daß sie es
Ihnen gesagt hat. In einem Mordfall haben wir alle die Pflicht, auch die
scheinbar unbedeutendste und harmloseste Beobachtung zu melden. Deshalb rücke
ich lieber gleich damit heraus. Als ich gestern nachmittag die St. Giles’
hochgeradelt bin, habe ich jemanden aus der Reisegruppe überholt. Möchten Sie
wissen wen, Inspector?»

27
     
    Es
ist höchst bedauerlich, daß sich viele niedrige, gemeine Verdächtigungen als
wohlbegründet erwiesen haben. (Edgar Watson Howe, Ventures in Common
Sense)
     
    Aus der Sicht von Sergeant
Lewis war die Rede, die Morse vor der amerikanischen Reisegruppe hielt, nicht
eine seiner eindrucksvollsten Leistungen. Er hatte seine schweigenden Zuhörer
von dem Tod — schlicht und einfach «Tod» — des Dr. Kemp unterrichtet; hatte
erläutert, zur Vervollständigung des... äh... Gesamtbildes müsse er sie alle
bitten, einen keinen Fragebogen auszufüllen (der anschließend verteilt wurde),
ihn mit Unterschrift und Datum zu versehen und bei Sergeant Lewis abzugeben.
Die Abfahrt würde sich möglicherweise bis zum späten Nachmittag verschieben,
und das Randolph würde freundlicherweise einen Mittagsimbiß
bereitstellen. Mr. Cedric Downes habe sich bereit erklärt, die Gruppe in der
Zeit von 10.45 bis 12.15 zu betreuen, seiner — des Chief Inspector — Meinung
nach sei aktive Betätigung ein gutes Mittel zur Krisenbewältigung, und er
hoffe, die Gruppe würde das liebenswürdige Angebot von Mr. Downes nutzen. Sie
sollten bitte versuchen, den gestrigen Tag noch einmal zu überdenken und sich
alles in Erinnerung zu rufen, was ihnen in irgendeiner Weise ungewöhnlich,
überraschend, untypisch erschienen war — denn gerade solche Kleinigkeiten seien
es, die häufig bei einem Kriminalfall die Lösung brächten, und hier handele es
sich ja gleich um mehrere miteinander in Zusammenhang stehende Fälle, nämlich
um einen Juwelenraub und zwei Todesfälle, den Tod der Frau nämlich, die dem
Ashmolean Museum den Wolvercote-Dorn hatte stiften, und den Tod des Mannes, der
ihre großherzige Gabe in einer feierlichen Zeremonie hatte entgegennehmen
wollen.
    Es kann gar nicht anders sein,
dachte Morse, als er seine Ansprache beendet hatte, zwischen den rätselhaften
Vorfällen im Umkreis des Wolvercote-Dorns mußten Zusammenhänge bestehen. Und der
Schuldige mußte — auch das stand für Morse fest — aus dem Kreis der
amerikanischen Touristen einschließlich ihrer Betreuer und des Reiseleiters
kommen. Eine Viertelstunde später hatten alle ihre Fragebogen brav ausgefüllt
und abgegeben, und es zeigte sich, daß Morse mit seiner Vermutung
möglicherweise gar nicht mal so falsch lag. Drei aus dem Kreis der Befragten —
Eddie Stratton, Howard Brown und John Ashenden — hatten keine Bestätigung für
ihr Tun und Treiben in der entscheidenden Phase des gestrigen Nachmittags
beibringen können. Nach Kemps Anruf hatten sich die ursprünglich vorgesehenen
Besichtigungsgruppen noch einmal umgruppiert, und für Leute, die aus
irgendeinem Grund Wert darauf legten, wäre das eine ideale Gelegenheit gewesen,
sich abzusetzen. Festzustellen, wer zur fraglichen Zeit was und wie lange
gemacht hatte, wäre ein ebenso aussichtsloses Unterfangen gewesen wie die
Verlesung einer Anwesenheitsliste nach Dünkirchen.
    Morse fand die Erkenntnisse,
die ihm die Fragebogen vermittelt hatten, sehr erfreulich, und als Cedric
Downes die Gruppe (komplett bis auf Eddie Stratton) um 10.50 zur South Parks
Road und zum University Museum führte, machte der Chief Inspector einen
leidlich zufriedenen Eindruck. Besonders interessant war die Tatsache, daß einer
der beiden Männer, die offenbar Schwierigkeiten mit Abschnitt (c) des
Prüfungsbogens gehabt hatten, nämlich Howard Brown (eigenartig, daß seine Frau
offenbar nicht bereit war, ihn zu decken, dachte Morse), in Abschnitt (e) den
Ankunftstag wie folgt angegeben hatte: «27. Oktober.»
    Auch den Mann, der als einziger
nicht an der Zusammenkunft teilgenommen hatte, behielt Morse fest im Blick. Der
lag noch immer mit fürchterlichem Kopfweh, ein nahezu unberührtes
Frühstückstablett neben sich, in Zimmer 201, wohin Shirley Brown ihn sorglich
geführt hatte, als er nach seiner bislang noch ungeklärten Abwesenheit gestern
abend ins Randolph getorkelt war.
    Doch zunächst konzentrierte
sich Morse auf Ashenden; auf ebenjenen Ashenden, an dem Cedric Downes angeblich
mit dem Fahrrad vorbeigekommen war; der ihm

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