Tod für Don Juan
seinen «gewissen Charme»,
wie er zu sagen beliebte.
«Verstehe vollkommen. Ich habe
auch versucht, Sie zu erreichen... Mrs. Downes, ja?»
«Ja, ich bin Mrs. Downes. Kann
ich etwas für Sie tun?»
«Durchaus möglich. Hier Chief
Inspector Morse.»
«Ach...»
«Ich würde viel lieber noch ein
bißchen mit Ihnen plaudern, ‘
aber—»
«Ja-a?» Auch jetzt wieder klang
die Stimme eine Spur ratlos und sehr verletzlich. Eine nette Stimme, fand
Morse.
«— ist Ihr Mann zu Hause?»
«Ach, Sie wollen Cedric
sprechen. Augenblick bitte.»
Offenbar hatte sie die Hand
über den Hörer gelegt, oder vielleicht hatte Downes schweigend (aus einem
bestimmten Grund?) neben dem Telefon gestanden, denn Morse hatte sie nicht
herumlaufen hören, aber gleich darauf meldete sich eine Männerstimme. «Hier
Cedric Downes. Was kann ich für Sie tun?»
«Sehr liebenswürdig. Wir haben
hier eine kleine Schwierigkeit wegen der amerikanischen Reisegruppe. Ich rufe
vom Randolph aus an. Leider muß ich Ihnen mitteilen —»
«Ich weiß schon Bescheid.» Die
Stimme klang tonlos und unbewegt. «Theo ist tot.»
«Und darf ich fragen, woher Sie
das wissen?»
«John Ashenden hat mich vor
zwei Stunden angerufen.»
«Ach so.» Alles in allem war es
Morse nicht unlieb, daß Ashenden einen Rundruf gestartet hatte. «Ich wollte
fragen, Sir, ob Sie Zeit hätten, heute vormittag ins Randolph zu
kommen.»
«Heute vormittag? Tja, ich...
hm... Nach dem Essen habe ich Termine, aber soweit ich das überblicken kann,
bin ich am Vormittag frei.»
«Ich wäre Ihnen wirklich sehr
dankbar, Sir, wenn Sie uns aus der Klemme helfen könnten. Es wird sonst alles
ein bißchen viel für uns.»
«Natürlich.»
«Vielleicht könnten Sie —»
«Noch mal mit ihnen durch
Oxford gehen?»
«Wenn man eine andere Route
nimmt...»
«Ich könnte auch versuchen,
etwas vor der offiziellen Öffnungszeit ins Oxford University Museum zu kommen.
Die haben ja allerlei zu bieten — Dodos, Darwin und die Dinosaurier...»
«Hervorragende Idee. Herzlichen
Dank.»
«Keine Ursache. Schlimm, die
Geschichte mit Theo.»
«Wollen Sie sich mit dem Museum
in Verbindung setzen, Sir?»
«Mache ich gleich. Ich kenne da
einen Typ, der ist noch immer mit der Klassifizierung der südamerikanischen
Krabben beschäftigt, die Darwin dem Museum vermacht hat. Faszinierendes
Forschungsthema.»
«Ja, gewiß», sagte Morse. «Ich
bin Ihnen wirklich sehr dankbar...»
«Ich komme dann ins Randolph, wir sehen uns noch.»
«Ach, eine letzte Frage —»
«Ja?»
«Ich muß Sie vorsorglich darauf
aufmerksam machen, daß wir an alle die Frage richten müssen, was sie gestern nachmittag
gemacht haben.»
«Was nicht mehr als recht und
billig ist, Inspector.»
«Und das gilt auch für Sie,
Sir.»
«Für mich?»
«Von Ihnen wüßte ich gern,
warum Sie gestern nach dem Mittagessen über die St. Giles’ in Richtung North
Oxford geradelt sind. Eine reine Formsache natürlich...»
«Ich wünschte, alle Fragen
wären so leicht zu beantworten...»
«Wo wollten Sie hin, Sir?»
«Nach Hause, um mir ein neues
Hörgerät zu holen. Meist habe ich ein Ersatzgerät mit, aber gestern hatte ich
es vergessen. Gegen Mittag wurde die Batterie immer schwächer, und als mir
aufging, daß sie den Nachmittag nicht mehr überleben würde — »
«Hören Sie wirklich so
schlecht, Sir? Im Augenblick haben Sie doch offenbar keine Schwierigkeiten.»
«Nein, weil Lucy, meine liebe
Frau, mir zum Geburtstag einen speziellen Telefonverstärker gekauft hat. Sie
ist wirklich ein Schatz.»
Im Kopf des Chief Inspector
begann sich eine vage Idee abzuzeichnen, und er versuchte, das Gespräch noch in
Gang zu halten.
«Sie hängen sehr an Ihrer Frau,
Sir?»
«Ich liebe meine Frau mehr als
alles auf der Welt. Aber so etwas soll es ja öfter geben...»
«Und Sie würden alles tun, um
sie zu behalten?» Eine seltsam schroffe Frage, die aber Downes offenbar nicht
aus der Fassung brachte.
«Ja, natürlich.»
«Bis hin zu einem Mord an
Kemp?»
Aus der Leitung kam weder irres
Gelächter noch eine unglaubhafte Unschuldsbeteuerung oder die Drohung, man
würde sich in Zukunft nur noch im Beisein eines Anwalts äußern. Nur die
schlichte Feststellung: «Aber ja, Inspector. Bis hin zu einer solchen Tat.»
Damit hatte er Morse
erfolgreich den Wind aus den Segeln genommen, und der Chief Inspector hätte das
Gespräch am liebsten sofort abgebrochen, aber Downes war noch nicht ganz
fertig.
«Es war Sheila, die mich
gestern
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