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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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vorgeschwindelt hatte, er habe
Magdalen College besichtigt; der wie Howard Brown (und möglicherweise auch
Eddie Stratton) keinen einzigen Zeugen für seinen Verbleib am vergangenen
Nachmittag hatte beibringen können.
    So rasch und so leicht hatten
sich gleich drei mögliche Täter für den Mord an Theodore Kemp aufspüren lassen.
    Womöglich zu leicht?
     
     
     

28
     
    Myself when young did eagerly frequent
    Doctor and Saint, and heard great Argument
    About it and about: but evermore
    Came out by the same Door as in I went.
    (Omar
Khayyam, The
Rubaiyat)
     
    «Wie ist das werte Befinden,
Morse?»
    «Optimistisch.»
    «Soso...» bemerkte Max fast
etwas enttäuscht, während er sein schauriges Werk betrachtete.
    Die beiden boten heute
vormittag ein ausgesprochenes Kontrastprogramm. Der rundliche Arzt mit dem
Buckel wirkte frisch und ausgeschlafen, Morse, der sich das Gesicht mit einem
offenbar schon recht altersschwachen Elektrorasierer notdürftig glattgeschabt
hatte, war schlapp und müde — und trotzdem spürbar ein Mensch mit besonderer
Ausstrahlung.
    «Hier haben wir schwere
Blutergüsse», begann Max und deutete auf Kemps linke Schläfe, «aber am
schlimmsten» — er zog den Kopf mit einem Ruck zu sich heran und strich dann
fast liebkosend über den zerschmetterten Schädel — «hat es ihn hier erwischt.»
    Morse würgte wieder einmal an
einem bitteren Geschmack in der Kehle, und der Arzt zog zartfühlend das
Gummituch wieder über den Kopf des Toten.
    «Ein wenig unappetitlich, wie?
Hat enorm geblutet. Der Mörder hat mindestens einen Eimer Blut wegwischen
müssen.»
    «Es war also Mord?»
    «Hoppla, da hab ich mich wohl
ein bißchen zu weit aus dem Fenster gelehnt...»
    «Ja oder nein?»
    «Das fällt wohl eher in dein
Gebiet.»
    «Welcher Schlag hat ihn
getötet?»
    «Bei einem derart dünnen Schädel?
Da genügt es schon, wenn man an der richtigen Stelle einmal leicht antippt...»
    «Wohl der Schlag auf den
Hinterkopf.»
    «Durchaus möglich.»
    «Oder...?»
    «Könnte auch der Schlag gegen
die Schläfe gewesen sein.»
    «Es wäre natürlich denkbar, daß
ihn jemand angegriffen hat, daß er hingefallen ist und sich am Kamingitter
gestoßen hat oder am Türrahmen oder dem Bettpfosten...»
    «Oder an der Gehsteigkante,
wenn es auf der Straße war.»
    «Was du aber nicht glaubst...»
    «Glaubensfragen fallen nicht in
meine Zuständigkeit.»
    «Könnte er sich die
Verletzungen im Wasser zugezogen haben?»
    «Bis ihre Kleider, die sich
schwer getrunken, das arme Kind von ihren Melodien hinunterzog ins schlammige
Verhängnis.»
    «In den schlammigen Tod, Max.
Nicht Verhängnis. Und er hatte keine Kleider an.»
    «Gutes Argument, Morse. Jetzt
zeige ich dir noch etwas.» Max entblößte Kemps Rumpf und hob .die Leiche ein
paar Zentimeter an. Über die rechte Schulter zog sich eine zehn bis zwölf
Zentimeter lange Schramme, leicht und ziemlich oberflächlich, aber sichtlich
frisch.
    «Woher hat er das, Max?»
    «Kann ich nicht sagen, alter
Junge.»
    «Was vermutest du?»
    «Irgendein Gegenstand.»
    «Doch nicht der berühmte
stumpfe —»
    «Ich tippe auf einen spitzen
Gegenstand, Morse.»
    «Was du nicht sagst!»
    «Einen ziemlich spitzen
Gegenstand sogar.»
    «Während er im Wasser trieb wie
Ophelia?»
    «Kann ich nicht sagen.»
    «Könnte das vor dem Mord
passiert sein? Als er noch ein Hemd anhatte?»
    «Gar nicht so dumm, deine
Frage.»
    Beide betrachteten noch einmal
die leichte Wunde, die sich schräg über den Rücken bis zur Achselhöhle zog.
    «Und deine Antwort?»
    «Ein ziemlich eindeutiges
Nein.»
    «Dann war er vermutlich nackt,
als er ermordet wurde?»
    «So weit würde ich wieder nicht
gehen. Er hätte im Fluß an einen spitzen Zweig stoßen können.»
    «Was gibt es noch für
Möglichkeiten?»
    «Eine schulterfreie Toga. Die
Schramme geht nur bis zur unteren Hälfte des Schulterblattes.»
    Morse schloß die Augen und
wandte sich ab. «Eine Toga, die mit dem Wolvercote-Kleinod befestigt war.»
    «Nein. So weit bin ich bereit,
mich festzulegen: Das Kleinod hatte er nicht bei sich.»
    «Soll das heißen, daß du...»
    Max nickte. «Und verschluckt
hat er es auch nicht.»
    «Und es war kein Tod durch
Ertrinken.»
    «Nein. Keine Spur von
Schmutzteilchen, wie man sie sonst in den Lungen findet, wenn ein Mensch
verzweifelt nach Luft ringt. Konnte er übrigens schwimmen?»
    «Das weiß ich nicht, ich habe
noch nicht mit seiner Frau gesprochen.»
    Der Pathologe wurde
unvermittelt ernst und sah Morse

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