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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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sein.»
    «Oder von Paddington», ergänzte
Morse.
    «Ja, oder von Paddington.»
    Morse sah Lewis an. Der Name
Paddington hatte nachgerade einen ominösen Klang. Vom Bahnhof Paddington aus
hatte der ermordete Kemp gestern im Randolph angerufen. War es Kemp
gewesen, den Stratton gesehen hatte? Gegen fünf, hatte er gesagt...
    «Sie werden nicht umhinkönnen,
es mir zu sagen», mahnte Morse freundlich.
    «Es war Phil Aldrich», gestand
Stratton bedrückt. In seinen Augen stand Ratlosigkeit und vielleicht auch Scham
über seinen Verrat.
    «Noch eine Frage, Sir. Ziehen
Sie großen Nutzen aus dem Tod Ihrer Frau?»
    «Das will ich hoffen»,
erwiderte Stratton mit Nachdruck. «Im Augenblick bin ich verdammt knapp dran,
und eine hübsche Summe von der Versicherung käme mir sehr zupaß.»
    «Sie sind erfrischend ehrlich,
Mr. Stratton.»
    «Nicht immer, Inspector.»
    Morse lächelte vor sich hin und
war schon an der Tür, als Stratton fragte: «Würden Sie mir einen Gefallen tun?»
    «Kommt drauf an...»
    «Könnten sie mir noch zwei von
Ihren Alka Seltzer dalassen?»
     
     
     

30
     
    Genauigkeit
in der Kommunikation ist wichtig, wichtiger denn je in unserem Zeitalter des
prekären Gleichgewichts, da ein falsches oder mißverstandenes Wort sich ebenso katastrophal
auswirken kann wie eine spontane, gedankenlose Tat.
    (James Thurber, Lanterns and Lances)
     
    Das muß wohl die schöne alte
Standuhr sein, dachte Morse, die er die Dreiviertelstunde schlagen hörte (10.45
Uhr), a l s er m it Lewis auf einem bequemen Sofa im
Lancaster Room saß und Kaffee trank.
    «Verdächtige haben wir
inzwischen genug, Sir.»
    «Quantitativ ausreichend,
qualitativ unbefriedigend. Na ja, zum Glück macht ja die Bar bald auf.»
    «Sie ist schon auf. Seit halb
elf.»
    «Und warum trinken wir dann
diese Brühe?»
    «Kaffee wirkt anregend aufs
Gehirn.»
    Morse studierte den Fahrplan
Paddington—Oxford, den Lewis ihm von der Rezeption geholt hatte, und nickte vor
sich hin. Der Zug, der um 13.30 in Paddington abfuhr, traf tatsächlich, wie
Kemp gesagt hatte, um 14.57 in Oxford ein. Wenn nun aber Kemp aus irgendeinem
Grunde wider Erwarten länger aufgehalten worden war? Ja, interessant...
Stratton mußte den Zug um 16.20 ab Paddington genommen haben, der um 17.10 in
Didcot und um 17.29 in Oxford hielt. Morse sah nachdenklich über die Beaumont
Street hinweg zu den prachtvollen ionischen Säulen des Ashmolean hinüber. Wann
war Kemp in Paddington losgefahren? Denn daß er irgendwann nach seinem Anruf im Randolph in London losgefahren war — davon durfte man wohl ausgehen.
    Was aber war, wenn —
    «Ich überlege mir gerade die
Sache mit dem Anruf, Sir. Was ist, wenn — »
    Morse grinste. «Große Geister
treffen sich, Lewis...»
    «Sie glauben also auch, daß es
womöglich gar nicht Kemp war, der angerufen hat?»
    «Genau. Damit wäre die
Zeitfrage wieder völlig offen. Von Max haben wir, wenn er seiner Sache nicht
ganz sicher ist, wenig Hilfe zu erwarten. Völlig richtige Einstellung,
schließlich ist er Naturwissenschaftler. Wenn wir aber die entscheidende Phase
einengen oder erweitern könnten, Lewis...»
    Er dachte lange nach. Dann
schob er seine Kaffeetasse weg. «Holen Sie mir Ashenden, Lewis. Ich bin in der
Bar.»
     
     
    «So,
das wär’s», sagte John Ashenden.
    Zwanzig Minuten waren
vergangen, und Morse hatte seine provisorische Zentrale im Lancaster Room
aufgegeben und sich für die Chapters Bar als Hauptquartier entschieden.
Er hatte Ashenden ausführlich über Kemps entscheidenden Anruf befragt und ihn
gebeten, das Gespräch, soweit er es noch in Erinnerung hatte, möglichst
wörtlich aufzuschreiben. Ashenden lehnte sich, die schlaksigen Beine
übereinandergeschlagen und mit leicht verengten Augen, in seinem Sessel zurück,
während Morse ihm das Blatt abnahm.
    «Eine saubere Schrift, Sir»,
bemerkte der Chief Inspector.
    Ashenden antwortete nicht, und
Morse nahm sich das Gesprächsprotokoll vor.
     
     
    K. Ich bin noch in Paddington,
John.
    A. Das darf ja nicht wahr sein!
Was ist denn passiert?
    K. Hab den Zug verpaßt, aber
ich nehme den um halb, dann bin ich spätestens Viertel nach drei da. Tut mir
leid, daß ich Sie hab hängen lassen, John. Soll nicht wieder vorkommen.
    A. Nicht so tragisch. (Für
sich: Wie man’s nimmt...) Ich versuche, das zu regeln, und sage Ihrer Gruppe
Bescheid. Dummerweise hatte ich den Anfang auf Viertel vor drei verlegt.
    K. Tut mir echt leid, daß ich
euch so viele Scherereien mache.
    A. Es gibt

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