Tod für Don Juan
Schlimmeres. Soll
ich Ihnen ein Taxi zum Bahnhof schicken?
K. Lohnt sich das?
A. Spart zehn Minuten.
K. Na gut. Ich komme kurz vor
drei an.
A. Ich rufe sicherheitshalber
Luxicars an. Für den Fall, daß die gerade keinen Wagen da stehen haben.
K. Danke.
A. Hauptsache, Sie verpassen
nicht auch noch den nächsten Zug.
K. Keine Bange. Ach,
übrigens... könnte ich wohl kurz noch Cedric sprechen, wenn er da ist?
A. Ja, ich hole ihn.
«Guter Stil», sagte Morse,
nachdem er den Text zum zweiten Mal gelesen hatte. «Sie sollten sich mal an
einem Roman versuchen.»
«Was ich hier aufgeschrieben
habe, Inspector, sind Fakten und keine Erfindungen. Fragen Sie die Roscoe,
diese neugierige Person, wenn Sie mir nicht glauben, die hat direkt neben dem
Telefon gesessen und sich kein Wort entgehen lassen.»
Morse lächelte dünn. Eins zu
null für Ashenden. Trotzdem fragte er weiter, denn sein Gefühl sagte ihm, daß
die Minuten unmittelbar nach Beendigung des Telefongesprächs in jener
Verkettung von Umständen, die zu dem Mord geführt hatten, von entscheidender
Bedeutung sein konnten.
«Sie haben also Mr. Downes an
den Apparat gerufen?»
«Ich bin zu ihm hingegangen.»
«Aber er wollte nicht mit Dr.
Kemp sprechen?»
«Ob das der Grund war, weiß ich
nicht. Er hatte Schwierigkeiten mit seinem Hörgerät, das Ding pfiff ständig.»
«Kann er ohne das Gerät nichts
hören?»
«Da fragen Sie mich zuviel.
Möglich wär’s. Die Verbindung war nicht besonders.»
Morse sah zu Lewis hinüber, der
selbstzufrieden die Brauen hochzog.
«Vielleicht haben Sie nur gedacht, daß es Dr. Kemp war, Sir?» fuhr Morse fort.
Ashenden schüttelte
nachdrücklich den Kopf. «Nein. Ich bin mir zu neunundneunzig Prozent sicher,
daß er es war.»
«Und danach hat Sheila — Mrs.
Williams — mit ihm gesprochen?»
«Ja. Sie haben das korrekt
formuliert, Inspektor. Sie hat mit ihm gesprochen, daraufhin hat
er sofort aufgelegt. Ohne was zu sagen. So hat sie es mir jedenfalls erzählt.»
«Aha...»
«Wir haben dafür nach wie vor
nur sein Wort», sagte Lewis, als Ashenden weg war. «Wenn der Anrufer nicht Kemp
war, wirft das, wie gesagt, unseren ganzen Zeitplan über den Haufen und jede
Menge Alibis um.»
Morse nickte nachdenklich.
«Stimmt. Wenn Kemp um halb eins schon tot war.»
«Außer Ashenden hat ihn aber
noch jemand gehört, Sir.»
«Wer denn?»
«Die Telefonistin, die das
Gespräch durchgestellt hat.»
«Die dürfte aber kaum seine
Stimme erkannt haben, Lewis, immerhin gehen ja bei ihr tagtäglich Tausende von
Anrufen ein...»
«Das wohl kaum. Wenn sie pro
Tag hundert Gespräche vermittelt, weiß sie schon, was sie getan hat, Sir.»
Morse mußte sich erneut
geschlagen geben. «Her mit der guten Dame!»
Celia Freeman war eine größere
Hilfe, als Morse und Lewis, besonders aber Morse, lieb sein konnte. Endlich
hatte sich ein neuer Ansatzpunkt für die Ermittlungen ergeben, endlich sah er
einen leichten Silberstreif am Horizont — da machte die Telefonistin seine
Hoffnung auf einen Durchbruch mit der schlichten Feststellung zunichte, daß
Theodore Kemp ihr gut bekannt war. Sie hatte fünf Jahre im Ashmolean
gearbeitet, ehe sie auf die andere Straßenseite, ins Randolph, gewechselt war, und drüben im Museum hatte sie unter anderem auch sehr viel mit
Dr. Kemp zu tun gehabt. Kemp hatte ihr im übrigen auch eine Empfehlung
geschrieben, als sie sich verändern wollte.
«Der Anrufer war Dr. Kemp,
Inspector, das dürfen Sie mir glauben. hat er
gesagt. Oder so ähnlich...»
«Mr. Ashenden sagt, daß die
Verbindung schlecht war und geknistert hat.»
«Das wundert mich aber. Auf der
einen oder anderen Nebenstelle kommen die Gespräche vielleicht ein bißchen
leise an, aber daß es knistert, habe ich noch nie gehört, seit wir die neue
Anlage haben.»
«Von Knistern hat er nichts
gesagt», meinte Lewis, als sie weg war.
«Danke, das weiß ich selber»,
blaffte Morse.
«Ich finde, wir sollten
wirklich noch der einen oder anderen Spur nachgehen, Sir. Da hätten wir zum
Beispiel...»
Aber Morse hörte nicht mehr
hin. Zu seinen bemerkenswerten Eigenschaften gehörte es, daß Stillstand oder
Rückschläge ihn nicht entmutigten, sondern sofort dazu anregten, neue, noch
weit reizvollere Theorien zu entwickeln.
«...diesen Brown.»
«Brown?»
«Den Mann mit der kontinentalen
Sieben.»
«Ja, richtig. Ich bin schon
sehr gespannt, was für Märchen er uns wohl auftischen wird.»
«Soll ich
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