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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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vorbeigekommen.»
    «Wann?»
    «Gegen eins. Viertel nach eins,
halb zwei, so ungefähr...»
    «Er wollte sich sein
Ersatzhörgerät holen?»
    Lucy nickte. «Er hat auch noch
einen Packen Papiere mitgenommen, ich hab vergessen, was es war, das heißt, ich
hab’s gar nicht gewußt.» Sie lächelte nervös und bezaubernd (fand Lewis),
nervös und herzergreifend (fand Morse). «Er hat sich diese Papiere gegriffen,
und weg war er.»
    «Mit seinem Hörgerät?»
    Sie schenkte Morse ihr
schelmisches Lächeln. «Vermutlich.»
    «Ich denke, die Krankenkasse
verschreibt immer nur ein Gerät.»
    «Ja, aber Cedric hat ein, nein,
zwei Ersatzgeräte, die er sich privat gekauft hat. Trotzdem wählt er angeblich
immer Labour.»
    «Ist er wirklich so
schwerhörig, Mrs. Downes?»
    «Er tut jedenfalls so, aber Sie
haben schon recht — gar so schlimm ist es nicht. Nur im Gespräch kriegt er es
manchmal mit der Angst zu tun. Nicht, weil er nicht wüßte, was er antworten
soll. Sondern weil er Angst hat, daß er die Frage nicht verstanden hat.»
    «Sehr hübsch ausgedrückt.»
    «Danke, aber die Formulierung
stammt von ihm.»
    «Wann ist er gestern abend nach
Hause gekommen?»
    «Es muß nach elf gewesen sein,
aber das kann er Ihnen genauer sagen als ich.»
    Es klingelte an der Haustür.
Alle drei hatten vorher schon die Schritte auf dem Kies gehört.
    «Soll ich ihn bitten, ein paar
Minuten zu warten, Inspector? Er ist ein bißchen früh dran.»
    Morse stand auf. «Nein, das
wäre dann alles. Falls Sergeant Lewis keine Fragen mehr hat...»
    «Was ist ein
Automatikfaltenband, Mrs. Downes?»
    Beim Lachen zeigte sie weiße,
ebenmäßige Zähne. «Das da.» Sie deutete auf die Wohnzimmervorhänge. «Eine sehr
praktische Art der Raffung, Sergeant.»
    «Danke. Ich frage nur, weil
meine Frau mir ständig damit in den Ohren liegt, daß wir angeblich neue
Vorhänge brauchen...»
    «Mrs. Downes ist sicher gern
bereit, Ihre Frau in dieser wichtigen Angelegenheit zu beraten, aber vielleicht
nicht gerade jetzt, Lewis. Sie muß nämlich zum Zug, der Taxifahrer steht
sozusagen schon in den Startlöchern...»
    «Bitte um Verzeihung, Sir...»
    Lucy lächelte Sergeant Lewis,
der ihr den schweren Koffer zum Taxi trug, besonders herzlich zu.
    «Wann wollen Sie zurückkommen,
Mrs.Downes?» fragte Lewis.
    «Gegen sieben. Kurz vor sieben
oder kurz danach...»
    «Soll ich Ihren Mann bitten,
Sie abzuholen? Wir sprechen nachher noch mit ihm.»
    «Danke, aber er weiß Bescheid
und wollte mich sowieso abholen.»
    Die beiden Kriminalbeamten
sahen dem davonfahrenden Taxi nach.
    «Reizende Frau.»
    Morse antwortete nicht gleich,
sondern musterte noch einmal nachdenklich das Haus. «Du sollst nicht begehren
deines Nachbarn Weib, Lewis. Zweites Buch Mose, Kapitel soundso.»
    «Das habe ich nicht gemeint.
Sie denken zu eingleisig, Sir.»
    «Sehr richtig, Lewis. Ich denke
nur daran, was der Diebstahl des Wolvercote-Dorns mit dem Mord an Theodore Kemp
zu tun hat. Und es würde mich nicht wundern, wenn diese ,
wie Sie sagen, ein bißchen mehr wüßte, als sie — selbst Ihnen gegenüber —
zuzugeben bereit ist.»

32
     
    Der
Mensch ist derart vernarrt in Systeme und abstrakte Deduktionen, daß er, um
seine Logik zu rechtfertigen, bereit ist, die Wahrheit bewußt zu verzerren und
den eigenen Sinneseindrücken keinen Glauben zu schenken. ( Dostojewski ,
Aufzeichnungen aus dem Kellerloch)
     
    Als sie über die Banbury Road
zurückfuhren, beschloß Morse aus heiterem Himmel, sich Parson’s Pleasure bei
Tageslicht anzusehen. Lewis fuhr bis zum Ende der South Parks Road, wo ein
Streifenpolizist ihn auf die kleine einspurige Straße dirigierte, die zu dem
Badeplatz führte. Das Gelände war weiträumig abgesperrt, und einer der
Parkwächter sprach gerade mit dem (frisch beförderten) Sergeant Dixon. Der Park
war, wie die Kriminalbeamten erfuhren, am Vortag um halb fünf geschlossen
worden, doch gab es fünf oder sechs Stellen, an denen sich gelenkige
Jugendliche und nach Sex gierende Erwachsene Zugang zum Park verschaffen
konnten — und es auch taten. Die große Zahl der an der Badestelle
herumliegenden benutzten Kondome ließ darauf schließen, daß nicht nur zum
Zwecke des Kommens und Gehens, sondern auch im Interesse höheren Lustgewinns
hier gewisse Turnübungen üblich waren — letztere im Schutze der Nacht und der
Umkleidekabinen, obschon laut Wetterbericht Frost zu erwarten war. Die Kabine
aber, in der das gelbe Blatt gefunden worden war, hatte keine

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