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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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ganzer Kerl gewesen war, ein richtiger Draufgänger...
    Sheila trat ans Fenster und sah
Cedric nach, der sein Rad über die Beaumont Street zur St. Giles’ schob. Wenn
er mittags etwas getrunken hatte, setzte er sich nie ans Steuer. Im Gegensatz
zu Theo beispielsweise, der angeblich total hinübergewesen war, als er mit
seinem BMW den Unfall verursacht hatte. Die Angehörigen der Frau, die in dem
anderen Wagen ums Leben gekommen war, hatten bestimmt kein Verständnis für ihn
aufgebracht, ebensowenig wie seine Frau, diese lästige Person. Dennoch waren
auch Stimmen laut geworden, die gemeint hatten, er habe vielleicht doch ein
bißchen Pech gehabt. Wie leicht konnte einem heutzutage so was passieren.
Überhaupt war ja so vieles Glückssache im Leben. Manche Leute wurden
eingelocht, weil sie Dachse gehetzt hatten. Wären es Füchse gewesen, hätten sie
am nächsten Tag guten Gewissens mit dem Jagdleiter einen Sherry trinken können.
Ja, dieser Unfall war möglicherweise eben doch unverdient gewesen.
    Und sein Tod erst recht...
    Und Cedric... Hatte er recht
mit dem, was er ihr vorgeworfen hatte? Heute vormittag hatte sie schon mehr
getrunken als die erlaubte durchschnittliche Wochenration, die sie auf einem
Plakat im Ärztehaus von Summertown hatte aushängen sehen. Dabei glaubte sie
ganz genau zu wissen, was sie tat und dachte, wenn sie trank. Nur in relativ
nüchternem Zustand, morgens etwa, wenn sie mit dröhnendem Kopf und trockener
Zunge aufwachte, kam ihr der Verdacht, daß sie am Vortag ihre Gedanken und
Taten eben doch nicht so ganz im Griff gehabt hatte.
    Ein schönes Kuddelmuddel, in
das sie sich da hineingeritten hatte!
    Mit unglücklichem Gesicht sah
sie sich in der Lounge um, wo einige Leute anfingen zu murren. Morse hatte
bestimmt, daß sie, sofern sich vorher nichts Entscheidendes mehr ergab, erst
gegen sechs losfahren konnten.
    Sie ging erneut zum Lancaster
Room, wo Phil Aldrich noch immer eifrig schrieb. Er sah nur kurz auf und nickte
milde, als Janet Roscoe sich über die Ungerechtigkeit der erneut verschobenen
Abfahrt ausließ. Doch dann schlug unvermittelt seine Stimmung um. Nicht eben
leise ersuchte er sie, ihn doch bitte ausnahmsweise mal in Ruhe zu lassen, er
habe im Augenblick Wichtigeres zu tun, als sich ihr Gekeife und Gejammer
anzuhören.
    Wer hätte das gedacht...
    Janets durchdringende Stimme
sorgte dafür, daß nicht nur Sheila, sondern auch andere aus der Gruppe den
Wortwechsel mitbekamen. Wenn man bedachte, wie still und zurückhaltend der
kleine Kalifornier sich sonst immer verhielt, hatte er diesmal Mrs. Roscoe eine
vernichtende Abfuhr erteilt, und als Sheila die verletzte Miene der Frau sah,
die aus dem gleichen Bundesstaat (und wohl auch aus der gleichen
Kirchengemeinde?) war wie Phil Aldrich, empfand sie fast so etwas wie Mitleid.
    Aber nur fast.
    Auch Lewis hatte Aldrich bei
der Niederschrift seiner Aussage beobachtet und gestaunt, wie flüssig er sie zu
Papier brachte. Als Aldrich ihm die Bogen übergab, sah er, daß in dem ganzen
Text nur dreimal etwas verbessert war.
     
     
     

34
     
    Du
hast ...Hurerei begangen; doch das war in einem anderen Land. Und außerdem ist
das Mädchen tot.
    (Christopher
Marlowe, The
Jew of Malta)
     
    Anfang
1944 war ich als 22jähriger GI in Oxford stationiert, wo wir für die
bevorstehende Invasion in der Normandie gedrillt wurden. Eines Tages lernte ich
in Chipping Norton eine verheiratete Frau kennen, in die ich mich verliebte.
Ihr Mann hatte als Offizier bei der britischen Handelsmarine Konvois nach
Rußland begleitet, war aber nach 1943 irgendwo in Shropshire in psychiatrischer
Behandlung gewesen. Ohne seelische Narben, so hieß es, sei es bei diesem Posten
nicht abgegangen. Während er in der Klinik war, wurde seine Frau schwanger und
brachte am 2. Januar 1945 eine Tochter zur Welt. Der Mann muß unheimlich
tolerant gewesen sein, denn er zog diese Tochter (meine Tochter) wie
sein eigenes Kind auf. Als Halbwüchsige wurde sie schwierig — vielleicht ahnte
sie inzwischen die Wahrheit — und riß Ende 1962 von zuhause aus. Einige Monate
danach erfuhr ihre Mutter, daß sie als Prostituierte im Bahnhofsviertel King’s
Cross arbeitete. Ich hörte das nur, weil die Mutter den Kontakt zu mir aufrecht
erhalten hatte, sie schrieb mir hin und wieder eine scheinbar harmlose
Postkarte und rief uns mich auch 1956, als ihr Mann gestorben war,
einmal an. Kurz danach zog sie nach Thetford in E. Anglia, und ich konnte dort
ein paarmal mit ihr

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