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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Geheimnisse preisgegeben, und die Hoffnung, den Hunderten von Fußabdrücken, die
sich seit dem Mord ins Gras gedrückt hatten, irgendwelche Hinweise
abzugewinnen, war sehr bald wieder aufgegeben worden. Vormittags waren zwei
Taucher im Fluß gewesen und hatten nichts Sachdienliches gefunden, hätten aber
wohl auch die Bedeutung etwaiger Fundstücke nicht ohne weiteres erkannt.
Kleidungsstücke, versicherte Sergeant Dixon, seien jedenfalls nicht zum
Vorschein gekommen.
    Morse ging zum Wasser hinunter,
das dicht unter der Uferböschung stand, und hielt die Hand hinein: Nicht ganz
so kalt, wie er erwartet hatte. Bei dem Stichwort Kleidungsstücke mußte er
wieder an die Entdeckung von Kemps Leiche denken, stellte Lewis mehr oder
weniger die gleichen Fragen, die er Max gestellt hatte, und bekam mehr oder
weniger die gleichen Antworten.
    «Ich glaube nicht, daß er hier
geschwommen wäre, Sir.»
    «Soll schon vorgekommen sein,
daß an dieser Stelle die Leute nackt ins Wasser gehen, Lewis.»
    «Wäre mir zu kalt.»
    «Und was ist mit Sex?»
    «Dazu muß man sich nicht nackt
ausziehen.»
    «Nein? Schön, wenn Sie das
sagen... Mir fehlt da die nötige Sachkenntnis.» Wieder sah er nachdenklich aufs
Wasser herunter. «Haben Sie manchmal Streit mit Ihrer Frau?»
    «Soll schon vorgekommen sein,
wie Sie zu sagen pflegen, Sir.»
    «Und dann versöhnen Sie sich
wieder?»
    «Meistens.»
    «Und sind sich, wenn Sie sich
versöhnt haben, näher als vorher?»
    Die Wendung, die das Gespräch
genommen hatte, machte den Sergeant ratlos und etwas verlegen. «So was ist
manchmal gar nicht schlecht. Reinigt die Luft. Sozusagen.»
    Morse nickte. «Wir kennen zwei
Leute, die kürzlich Streit miteinander hatten.»
    «Dr. Kemp und Mrs.
Williams? Ja, aber
sie hat ein hieb- und stichfestes Alibi.»
    «Ein sehr viel besseres als
Stratton jedenfalls.»
    «Ich könnte versuchen,
Strattons Aussage zu überprüfen. In Didcot, bei Browns, in dem Pub, von
dem er sprach...»
    Morse sah ziemlich skeptisch
drein. «Wenn wir nur wüßten, wann Kemp ermordet worden ist! Bis das
feststeht, hat niemand ein Alibi.»
    «Glauben Sie, daß Mrs. Williams
ihn hätte umbringen können?»
    «Sie hätte ihn zweifellos
umbringen, aber wohl kaum die Leiche wegschaffen können. Das ist Männerarbeit.»
    «Sehr schwer war Kemp ja nicht.
An dem war nicht viel dran.»
    «Zu schwer für eine Frau.»
    «Auch für eine eifersüchtige
Frau?»
    «Ja, ich weiß, worauf Sie
hinauswollen. Ich überlege die ganze Zeit, ob Kemp vielleicht eine neue
Freundin gefunden und Sheila Williams davon erfahren hatte.»
    «Jaja, der Hölle Furien...»
    «Wenn Sie schon zitieren
müssen, Lewis, dann bitte vollständig: wie Liebe, die zu Haß gewandelt. Der Hölle Furien nicht so schrecklich sind wie
eine Frau, die an verschmähter Liebe leidet.>»
    «Tut mir leid, mit Shakespeare
hab ich nicht viel am Hut.»
    «Congreve, Lewis.»
    «Muß ein ganz schöner Frauenheld
gewesen sein.»
    «Und wenn er mit seiner Frau
nicht intim sein konnte, weil sie von der Hüfte abwärts gelähmt war —»
    «Ich habe den Eindruck, daß sie
ihm deswegen gar nicht mal so böse war. Sie hatte es hauptsächlich auf Mrs.
Williams abgesehen.»
    «Sie meinen, Mrs. Kemp hätte
ihm vielleicht sogar verziehen, wenn es sich um eine andere Frau gehandelt
hätte?»
    «Ich meine, sie sollten noch
mal mit ihr sprechen, Sir.»
    «Jetzt drängen Sie mich doch
nicht andauernd», fuhr Morse ihn an. «Erst müssen wir noch mit diesen
Amerikanern reden, mit Aldrich und Brown, und feststellen, wo sie gestern
nachmittag gesteckt haben. Oder ihren eigenen Angaben nach gesteckt haben.»
    Morse warf einen letzten Blick
auf den Fluß, dann setzte er sich in den Wagen, während Lewis noch ein paar
Worte mit Sergeant Dixon wechselte. Im Fach der Beifahrertür fand er einen
Straßenplan von Oxford und ein Exemplar des Railway Magazine. Er faltete
die Karte auseinander und folgte mit dem Zeigefinger dem Verlauf des Cherwell
nach Norden — von der Badestelle am Rand der University Parks bis Norham Manor
und Park Town, unter der Marston Ferry Road hindurch nach Nordwesten, am
unteren Ende der Lonsdale Road vorbei... Portland Road... Hamilton Road... Ja.
Von seinem Oberlauf her hatte der Cherwell viel Wasser mitgebracht, und eine
bei der Lonsdale Road in den Fluß versenkte Leiche...
    Plötzlich wußte er, wo der Tote
dem Fluß und der Ewigkeit überantwortet worden war. Und noch eins wußte er:
Wenn

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