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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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ist oder —»
    «Ich habe es überprüft», sagte
Morse. «Es ist fast die einzige nützliche Tat, die ich gestern vollbracht
habe.» Er zündete sich eine Zigarette an und sah mißgelaunt aus dem Fenster.
    Lewis warf einen Blick auf die
letzte Seite der Oxford Times , die auf dem Schreibtisch lag. Morse hatte
das Kreuzworträtsel noch nicht angefangen, aber rechts davon stand eine kurze
Meldung über einen tödlichen Unfall an der Ampel der Marston Ferry Road. Eine
junge Französin, die zu einem Sprachkurs nach England gekommen war.
    «Erzählen Sie mir bloß nicht,
daß Sie Eins waagerecht schon raushaben, Lewis...»
    «Nein, ich lese gerade die
Meldung über den Unfall an der Ampel von Marston Ferry. Sehr gefährliche
Kreuzung, wird Zeit, daß sie entschärft wird.»
    «Da haben Sie recht.»
    Lewis las weiter. «Georgette
le... Tochter von Monsieur George le... aus Bordeaux...» Er hatte das Datum
entdeckt. «Komisch, der Unfall war vor einer Woche um halb sechs, genau eine
Woche, ehe Mrs. Downes angefahren wurde.»
    «Ich sag’s ja, Lewis: Das Leben
ist voll von sonderbaren Zufällen.»
    «Ja, aber wenn so was zweimal
hintereinander passiert, heißt es doch: Auch der Teufel kann bis drei zählen.
Das sagt jedenfalls meine Frau immer.»
    «Wenn es Sie unbedingt nach
einem dritten Unfall gelüstet, brauchen Sie sich nur heute vormittag freiwillig
für einen Einsatz im Rettungswagen zu melden. Ich wette einen Fünfer gegen ein
kaputtes Nachtgeschirr, daß einer unserer unverantwortlichen Verkehrsrowdys —»
Morse unterbrach sich. Er spürte das vertraute Gefühl spannungsvoller Erregung
kühl zwischen den Schulterblättern.
    «Herrgott, was war ich für ein
Trottel», murmelte er.
    «Sir?»
    «Wie hieß Kemps Verlag, Lewis?»
stieß Morse hervor. «Bei dem Sie angerufen haben, um zu überprüfen, ob er dort
war...»
    «Babington’s. Nach Macaulay,
hat der Typ gesagt, mit dem ich gesprochen habe.» Lewis lächelte ein bißchen.
«Thomas Babington Macaulay, Sir, der die Lays of Ancient Rome geschrieben hat. Das einzige Gedicht, das —»
    «Rufen Sie beim amerikanischen
Konsulat an, schnell! Fragen Sie, wo Stratton steckt, die dürften es wissen. Wir
müssen verhindern, daß er das Land verläßt.»
    In den blauen Augen von Morse
glänzte Triumph. «Ich glaube, jetzt hab ich’s, Lewis...»
    Doch Eddie Stratton hatte
bereits am Vorabend das Land verlassen — an Bord eines Jumbo-Jets der Pan
American mit Ziel New York, zusammen mit seiner Frau Laura, deren Sarg in einem
gesonderten Laderaum direkt über dem Fahrgestell untergebracht war.

51
     
    Am
Tagesende kamst du,
    und
wie die Abendsonne
    blieb
ein Nachglanz von dir.
    (Basil
Swift ,
Gesammelte Haikus)
     
    Der Dienstag, an dem Morse
unvermutet eine hektische Betriebsamkeit entfaltete, war ganz nach dem
Geschmack von Sergeant Lewis. Sechs zusätzliche Leute wurden herangeholt:
Sergeant Dixon, drei Constables und zwei Polizistinnen für den Telefondienst.
Mit der Oberleitung und Koordinierung dieses Teams konnte Lewis mal wieder so
recht zeigen, wo seine Fähigkeiten lagen, und die Stunden vergingen schnell.
Immer mehr Erkenntnisse wurden gewonnen, immer mehr Fakten gingen ein, die
vorläufige Theorien untermauerten, und im Blick des Chief Inspector glomm eine
fast schon unverschämte Genugtuung, weil er (so wollte es Lewis scheinen) die
meisten Einzelheiten bereits kannte, noch ehe die Anrufe getätigt worden, die
Rückmeldungen erfolgt waren.
    Kurz nach dem hastig
eingenommenen alkoholfreien Mittagessen hatte Morse versucht, Lewis zu
erklären, worin sein Irrtum bestanden hatte.
    «Ich habe mal ein
Kreuzworträtsel gemacht, in dem es für alle Stichworte zwei völlig
unterschiedliche Lösungen gab. Man brauchte sich nur bei Eins waagerecht zu
vertun, und alles paßte bildschön zusammen — bis auf einen einzigen Buchstaben.
Fabelhaft gemacht. Von Ximenes im Observer. Ich bin prompt in die Falle
getappt und habe dadurch von Anfang an schiefgelegen. Und ebenso ging es mir in
diesem Fall. Eins waagerecht war dieser verdammte Anruf. Ein wichtiger Anruf,
gewiß, aber ich bin dabei von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Als ich
hörte, die Verbindung sei schlecht gewesen, hielt ich es für möglich, ja für
wahrscheinlich, daß der Anrufer gar nicht Kemp war. Und weil er sagte, er habe
den Zug verpaßt, obgleich er noch zehn Minuten Zeit gehabt hatte, dachte ich,
er habe gar nicht von Paddington, sondern aus Oxford angerufen. Und das paßte
ja auch alles wie

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