Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
Vom Netzwerk:
Lachen passte nicht zu mir, und seine Worte passten nicht zu ihm.
    »Haben Sie sie eigentlich näher gekannt?«, fragte ich ihn direkt.
    »Nein. Leider nicht sehr gut, ich kannte lediglich Herrn Schmied von den Rotariern. Aber meiner Frau war sie von den ›Freundinnen des Balletts‹ und von den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Karlsruher Pfennigbasars vertraut, nicht wahr?« Seltsamerweise erwähnte er nicht, dass sie beide am Vorabend ihres Todes Friederikes Gäste gewesen waren.
    Laila nickte unmerklich. Kühle Luft wehte durch den Raum, obwohl es draußen warm war.
    Hier kam ich nicht weiter, und   so   kam ich nicht weiter. Wie ein dummes Gänschen stand ich im Zimmer. Ich erkannte mich selbst nicht mehr. Ein Leben lang hatte ich eine klare Linie verfolgt: Immer elegant. Immer respektiert. Immer mit dem Gefühl, etwas Besseres zu sein. Hochmütig und stolz. Manchmal vielleicht ungerecht. Aber immer fest im Glauben an mich selbst.
    Ich trat die Flucht nach vorne an. Aber in die erste Linie, bis an die Grenze der Wahrheit, wagte ich mich denn doch nicht.
    »Es gibt Hinweise darauf, dass Friederike …«
    »Ja?« Frau Hellali fixierte mich mit ihrem Blick wie eiskalter Marmor.
    Ich brachte es nicht fertig zu sagen, dass ich den Verdacht nicht ausschließen konnte, ihr Mann könnte nicht nur der Vater dieser Phalanx gelungener dunkelhaariger und schöner Kinder auf dem Kaminsims sein, sondern auch der tollpatschig wirkenden Friederike. Wie konnte ich ihn warnen, ohne seiner Frau etwas zu verraten?
    »Dass Friederike Schmied möglicherweise Familienmitglieder hatte, von denen sie bisher nichts wusste. Und die sie gerne kennenlernen wollte. Ich möchte da nicht gerne noch deutlicher werden. Jedenfalls wäre es gut, wenn sich diese Familienmitglieder melden würden.«
    Die Hellalis sahen mich an, als hätte ich den Verstand verloren.
    »Liebe Frau Tobler. Ich bin Frauenarzt und keine Behörde, die Verwandte anderer Leute sucht. Aber ich denke, wir haben alles besprochen. Viel Freude mit Ihrem Flohmarkt. Das machen Sie gewiss ganz wunderbar.«
    Moammar Hellali brachte mich zur Tür. Der Griff um meinen Arm war stahlhart, und sein Lächeln zum Abschied war eine eiskalte Maske.
    Die A 5 war zu. Ein Unfall vor Rastatt. Erst ungeduldig, dann ergeben wartete ich im Stau. So hatte ich zu viel Zeit zum Nachdenken, und minütlich stieg meine Wut an wie eine Flut, die ich nicht kontrollieren konnte.
    Ich war es gewohnt, ein bewundertes Kleinod an der Seite meines Mannes zu sein. Mit den Jahren hatte ich auch gelernt, allein zu funkeln. Zumindest aber war ich respektiertes Mitglied in einer Clique von wohlhabend verheirateten Frauen. Ja, gut, manche verdienten sich auch ein wenig eigenes Geld als Lehrerinnen, Innendekorateurinnen oder Sekretärinnen ihrer Männer. Doch die wenigsten von uns erlebten jemals jenen schneidigen Wind, der normalen Frauen ins Gesicht blies. Nicht nur Armut oder Hunger oder Sorgen um Kinder. Sondern auch das kalte Gefühl, wenn man einfach so abgewiesen wurde. Zu alt. Zu unschön. Zu ungebildet. Oder einfach nicht ernst zu nehmen.
    Wir konnten es uns leisten, diese Situationen ganz einfach zu umgehen. Leute, die uns nicht mochten, die uns unsympathisch waren, die schlossen wir einfach aus unserem Kreis aus. Sie wurden nicht mehr zu unseren Dinnerpartys, unseren Lunches und Brunches eingeladen. Durften an dem Charity-Zirkus, den wir veranstalteten, nicht mehr teilhaben. Es war ja so einfach.
    Seit ich beschlossen hatte, Licht in das trübe Dunkel um Friederikes Tod zu bringen, stieß ich jedoch plötzlich auf Leute, die kühl und unzugänglich waren und mir deutlich zeigten, dass ich schön brav auf meinem Platz in der Gesellschaft bleiben sollte.
    Nämlich auf einem Sockel. Zum Anschauen. Zum Behängen mit schicken Kleidern und zum Bestreichen mit teurer Creme und Make-up. Zum Frisieren, Einkaufen, für dahinplätschernde Unterhaltungen. Mehr war offenbar nicht an mir dran. Mehr wollte man nicht von mir. Man nahm mich nicht ernst.
    Und ich hatte gedacht, ich hätte mein Leben total im Griff. Einen Scheiß hatte ich. Ich lebte in einem engen Puppenhaus, gegen das jenes von Ibsens »Nora« geradezu ein Freilichttheater war.
    Friederike Schmied war direkt vor meiner Nase umgebracht worden, und ich war mir inzwischen vollkommen sicher, dass es einer der feinen Herren getan hatte, die ich zu gesellschaftlichen Anlässen traf. Er würde bei einer schicken Vernissage sein Champagnerglas an meines

Weitere Kostenlose Bücher