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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
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mit deren Mutter.«
    »Sie haben sie aber gekannt«, stellte ich fest und ertrug die bösen Blicke von beiden. Ich war wieder einmal froh, dass meine italienische Großmutter mir nicht nur das stählerne Gefühl für weibliche Würde, sondern auch ein paar Hinweise für Krisensituationen mitgegeben hatte: keinen Schritt zurückweichen. Schweigen, starren und lächeln. Vorwürfe ruhig nochmals wiederholen und auf Anschuldigungen gar nicht eingehen. Also los, Oma!
    »Sie haben sie gekannt. Dafür gibt es einen Zeugen.«
    Seiboldt machte eine abfällige Handbewegung und betrachtete mich mit deutlicher Abneigung. Daran musste ich mich offenbar gewöhnen.
    Bisher hatte es für mich nur drei Sorten Männer gegeben: Solche, die zu alt für mich waren, solche, die zu jung waren, oder Männer, die scharf auf mich waren oder mich bewunderten. Die der letzten Kategorie hatte ich eifrig gesammelt, hatte die Blicke gezählt, die sie mir zuwarfen. Sie waren meine Trophäen. Meinem Mann schien es recht zu sein. Manche meiner Verehrer waren willfährige und potente Kunden von ihm geworden.
    »Na und? Als junger Mann, ja. Sie war Friseurin im Nachbarhaus. Hat den Mädels dort die Haare gemacht. Aber ansonsten hatte ich nichts mit ihr zu tun. Gar nichts. Es gab keinerlei Schnittmenge zwischen dieser Frau und mir.«
    »Das stimmt nicht ganz, Karl«, mischte sich seine Frau mit einer gewissen Gelassenheit ein und reichte ihrer Tochter eine weitere bunte Zeitungsbeilage zum Zerschneiden, was diese mit einem grellen Strahlen quittierte. »Wir hatten mit Professor Hellali alle denselben Frauenarzt!«
    »Professor Hellali?«, bohrte ich nach.
    »Ja, er war zeitweilig der Frauenarzt von Marianne Grüber, als sie noch jünger war, er war Friederikes Frauenarzt, und er war auch unserer.«
    »Na und?«, stieß ihr Mann hervor.
    Und dann erlebte ich geradezu ein Naturschauspiel. Karl Seiboldt flippte aus.
    »Was wollen Sie eigentlich hier? Mit Ihren Fragen? Bleiben Sie doch bei Ihrer albernen Klamottenkauferei, Sie An- und Ausziehpuppe!«
    »Karl!«
    Er stellte sich hinter den Stuhl, auf dem seine fröhlich jauchzende Tochter saß und die Schere senkrecht in die Luft hielt. Man hatte den Eindruck, sie war direkt froh, dass endlich etwas los war. Wahrscheinlich war sie normalerweise von einer freundlichen Stille umgeben. Karl Seiboldt rüttelte an dem Stuhl.
    »Frau Tobler – wenn ich eine Tochter hätte, gehabt hätte … eine Tochter wie Friederike Schmied. Normal. Gesund. Glauben Sie, die hätte ich dann umgebracht?«
    * * *
    Ich hatte eine Atempause nötig. Nach dem furchtbaren Tag mit einem Priester, der sein Kind fast so unabwendbar verloren hatte, als wäre es bei der Geburt gestorben, und einem Ehepaar, das mit der Geburt ihrer Tochter selbst fast gestorben war, musste ich bei der Suche nach Friederikes Mörder vorübergehend eine Pause einlegen.
    Vielleicht hatte ich mit ihm gesprochen. Vielleicht auch nicht. Möglicherweise war er mir mit Tibor Lodemann ganz nahe gewesen.
    Ich fühlte mich müde. Eigentlich hätte ich noch einmal mit ihm sprechen müssen. Genau wie mit Robert Bleibtrau, Friederikes letzter Liebe, der so enttäuscht von ihr gewesen war. Er wusste vielleicht von allen am meisten über sie.
    Etwas, was als leichtfertiges erotisches Spiel mit einem kecken Polizisten begonnen hatte, hatte jede Leichtigkeit verloren.
    So nahm ich das atemlos vorgebrachte Angebot unserer Schneeflocke an, eine ihr zustehende Freikarte zu nutzen, und fuhr an einem herrlichen Herbstabend mit ihr nach Karlsruhe ins Theater, um sie im »Nussknacker« zu sehen und damit das strahlende Ergebnis der anstrengenden Proben, die ich beobachtet hatte.
    Nachdenklich fuhr ich an den jungen, schnurgerade gesetzten Pappeln vorüber, die die gepflegte Einfahrt von Ettlingen Richtung Karlsruhe säumten. Das war Friederikes letzter Weg gewesen. Passierte die Autobahnzufahrt, die Tankstellen. Dann den Stadtteil Rüppurr, ein wohlgeordnetes schönes Viertel mit Villen und denkmalgeschützten Siedlungshäuschen, die noch den soliden Geist des Jugendstils atmeten. Rechts erschien ein Hinweisschild zum Diakonissenkrankenhaus, in dem Hellali gearbeitet hatte, als Marianne Grüber Mutter geworden war. Doch sie hatte das Kind nicht bei ihm geboren.
    Die beliebte Friseurin war in Karlsruhe, in Ettlingen sowie in den Bergdörfern tätig gewesen. Ins Albtal hatten regelmäßig auch die Wege ihrer Tochter geführt. Und in Ettlingen war sie ermordet worden.
    Ich spürte es

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