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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
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Weiß hatte sie ausgesehen, als wäre sie gerade in eine Wanne mit Buttermilch gefallen.
    Horst folgte mir wie ein Schatten. »Siehst du, siehst du!«, sagte er andauernd weinerlich. Gut, dass ihn seine Wähler so nicht erlebten.
    Rechts neben dem Fenster befand sich der zierliche weiße Schreibtisch vom Typ nachgemachtes Chippendale mit je zwei kleinen Fächern rechts und links sowie einer Schublade. Zwischen den beiden Fächern war eine Aussparung, die in früheren Zeiten für ein Tintenfass oder Ähnliches gedient haben mochte. Auf dem oberen Schubladenbrett stand das Modell eines alten Autos.
    Nachdenklich wog ich es in der Hand. Es war ziemlich schwer.
    »Das ist ein alter Mercedes«, erklärte Horst. »Von 1923. Sie hat doch ehrenamtlich einmal im Monat im Automobilmuseum gearbeitet. In Marxzell.«
    »Das auch noch?«
    Horst stöhnte auf. »Ja. Sie hat am Sonntagmorgen alle vier Wochen Eintrittskarten verkauft und für Kinder Führungen durch dieses Chaos veranstaltet. War eine Aktion der ›Töchter des Albtals‹. Das war bestimmt alles zu viel für sie, die ›Töchter des Albtals‹, die ›Freundinnen des Balletts‹ und die ›Liebhaber des Theaters‹. Dann hat sie angefangen, Französisch zu lernen, ist ins Fitnessstudio gegangen und wollte mit dir ihren Kleiderschrank erneuern … Das hat sie bestimmt überfordert, und ich habe ihr das auch gesagt. Schließlich war sie ja noch stundenweise berufstätig.«
    »Und was hat sie geantwortet?«
    »›Gut, das Automuseum gebe ich vielleicht auf‹, hat sie gesagt. ›Vielleicht auch die ›Albtaltöchter‹, aber keinesfalls das Ballett und das Theater.‹«
    Wie sich das anhörte: das Ballett und das Theater aufgeben. Die Arme! Sie hatte immer versucht, dem Theater nahe zu sein. Ist – wie die meisten von uns – um Elena herumscharwenzelt, wenn diese zweimal im Jahr für die Ballettfreundinnen die neuen Mitglieder der Compagnie vorstellte. Ich glaube nicht, dass Elena jemals mehr als eine hochgezogene Augenbraue für Friederike übrighatte.
    »Sie hat sich verzettelt«, erwiderte ich kühl. »Sie versuchte, es jedem recht zu machen, doch irgendjemanden hat sie dabei offenbar vergessen. Oder falsch eingeschätzt.«
    »Sie wollte mich nur unterstützen.« Horst Schmied schien, wie mancher Ehemann, die Vorzüge seiner Frau erst zu erkennen, wenn sie nicht mehr da war.
    Die »Töchter des Albtals« waren übrigens ein Strauß von Damen, deren Gatten irgendwie und irgendwo etwas zu sagen hatten. Sie repräsentierten sozusagen die weibliche Seite der männlichen Machtmedaille und hatten sich zu dieser halb politischen Gruppe zusammengefunden, die sich um Natur- und Denkmalschutzfragen im Albtal kümmerte. Die reifen Aktivistinnen tauchten oft in der Presse auf, hielten Reden, veranstalteten Versammlungen, organisierten Führungen, Unterschriftenaktionen und Flohmärkte. Auf mich wirkten die stets aufgeregten und aufgebrachten Damen in ihren Kostümchen, die sie allesamt in einer Karlsruher Damenboutique in der eleganten Karlstraße kauften, eher ein bisschen lächerlich.
    Horst wies nun anklagend auf die kleine Aussparung zwischen den beiden Schubladenfächern. »Da stand das Kästchen, noch am Freitag, und jetzt ist es weg. Ich habe alles noch einmal durchforstet. Ihre ganzen Sachen. Das war übrigens nicht schön, Swentja.«
    Was hatte er erwartet? Dass es ein fröhliches Auspacken wie an Weihnachten gab, wenn man die Habseligkeiten seiner ermordeten Ehefrau untersuchen musste?
    »Was ist mit den Sachen, die die Kripo mitgenommen hat?«
    »Die sind alle wieder da. Sie haben alles zurückgebracht. Die Sachen stehen in Kisten verpackt im Gästezimmer. Wie gesagt, ich musste dieses Verzeichnis unterschreiben. Ich habe mir die Liste genau angeschaut, schließlich bin ich in einem politisch sensiblen Bereich tätig. Nicht dass diese jungen Beamten Protokolle oder Unterlagen versehentlich einpacken, irgendwo liegen lassen, und morgen steht alles in der Bildzeitung. Die Schatulle war nicht dabei. Nur ihr Tagebuch, ihre Fotoalben, ihre Bankunterlagen, das Testament ihrer Mutter, natürlich ihr Terminkalender und ihre Adressbücher mit Telefonnummern und E-Mail-Adressen. Solche Dinge eben. Offenbar haben sie nichts Verdächtiges gefunden. Wieso auch? Friederike war wirklich so … naiv.«
    Diesem Gedanken hing er noch eine Weile nach. Dann drehte er sich plötzlich um und stellte sich dicht vor mich. »Oder glaubst du, denkst du … hältst du es für möglich, dass

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