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Tod im Albtal

Tod im Albtal

Titel: Tod im Albtal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Klingler
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Ihre Mama hat immer in höchsten Tönen von der Gontard geschwärmt. Auch, wenn sie furchtbar streng war.«
    Ich nickte. Das war bekannt.
    »Ihre Mama ist dann nach Paris gegangen. Zum Ballet de l’Opéra de Paris. Fast das beste der Welt. Das hat ihr wohl auch die Gontard vermittelt. Aber psst, jetzt verrat ich dir was. Weißt du, dass die Gontard, die du mir immer so als Vorbild hinstellst, weil sie so eine tolle Figur hat, mal bei Paris in einer Klinik zum Abnehmen war? Zehn Kilo runter. Fiel richtig auf, sagt meine neue Freundin. Und wie hat sie das geschafft? Die Mama von meiner neuen Freundin hat sie gefragt, als sie sie mal zufällig traf. Und wie wohl? Mit der besten Diät der Welt, hat die Gontard ihr damals kühl wie eine Gurke erklärt: ›Mach deinen Teller voll und schmeiß dann die Hälfte weg.‹ Gut, was? Ist auch billiger als die teuren Hollywooddiäten.«
    Ich schmunzelte. Das war typisch für meine Samantha. Sie war im Luxus aufgewachsen und hatte stets nur das Beste und Teuerste an Kinderklamotten, an Spielsachen, an Privatlehrern und an Sportvereinen. Und was war dabei herausgekommen: jemand, der ans Sparen dachte!
    Atemlos wie immer sprach sie weiter. »Jedenfalls haben wir Adressen ausgetauscht und wollen uns mal treffen.« Ein Seufzen über den Ärmelkanal: »Manchmal tut es doch gut, das gute alte Deutsch zu hören, und eine Freundin könnte ich auch noch brauchen. Maude hat jetzt nämlich einen Freund. Sorry, ich muss los.«
    Hörte ich da erstes Heimweh?
    Bevor ich mir Sorgen machte konnte, meldete sich mein schönes Telefon erneut. Diesmal war es der einsame Witwer.
    »Ich bin’s. Der Horst. Horst Schmied«, sagte er überflüssigerweise. Seine Stimme klang aufgeregt und hastig.
    »Ich erkenne dich!«, erwiderte ich kühl.
    Hoffentlich kettete sich der Kerl jetzt nicht an mich. Männer konnten nicht lange allein sein. Das war keine Plattitüde, sondern eine empirische Beobachtung. Ihre zweiten Ehen wurden meinen Beobachtungen nach nicht wegen überirdischem Sex geschlossen, sondern zu dem Zeitpunkt, wenn die Fertiggerichte nicht mehr schmeckten und die Wohnung langsam irgendwie unpersönlich wurde. Wenn Freunde und Einladungen ausblieben. Wenn zu Weihnachten keine Karten von Tante Hetti und Oma mehr kamen. Wenn sogar die Hausherren merkten, dass es um sie herum ungemütlich wurde.
    Doch Horst beschäftigte ein anderes Problem. »Das Kästchen ist weg. Verschwunden.«
    Ich brauchte eine Weile, bis mir einfiel, wovon er überhaupt sprach. »Das Kästchen? Friederikes geheimnisvolles Erbstück? Bist du sicher?«
    »Ja. Ich kann es nicht finden.«
    Das wunderte mich nicht. Mein Mann würde nicht mal wissen, wo ich meine Bankunterlagen aufbewahrte. Eigentlich wusste er gar nichts wirklich Wichtiges über mich. Ich verdrängte den Gedanken. Nicolaus war mein goldenes Ährenfeld, und ich lebte von seinen Erträgen. »Wo hatte sie es denn aufbewahrt?«
    »Im ersten Stock. Neben unserem Fernsehzimmer hat, vielmehr hatte sie einen kleinen Raum. Ankleidezimmer oder wie man bei euch dazu sagt. Darin steht ein Sekretär. Mit jeweils zwei Fächern rechts und links. Da war es drin. Ich sehe es noch vor mir.«
    Ich auch, denn ich kannte den Raum. In einem alten Schrank in der Ecke hatte die sparsame Friederike jene Kleider aufbewahrt, die sie nur noch gelegentlich trug, aber nicht wegwerfen wollte. Falls sie nochmals in Mode kommen sollten. Ich hatte nur einen Blick in den Schrank geworfen und ihr sogleich verboten, die Dinger jemals noch einmal anzuziehen. »Ab zur Diakonie damit. Du kannst doch im Jahr 2011 keine blaue Bluse mit Rüschen an der Knopfleiste vorn anziehen. Und dann auch noch in Jeansimitat. Das war in den Achtzigern modern. Wenn schon Jeansbluse, dann kommt nur eine von Armani in Frage.«
    Sie hatte mich angesehen, als hätte ich ein Fremdwort gebraucht. Dabei gab es bei Armani im Jeansblusenbereich manchmal recht nette Stücke.
    Vor Jahren waren wir mal in der Bretagne. Dort habe ich diese hübschen gepflegten Französinnen bewundert, die schick und perfekt am Strand saßen, drei Kinder, Mann und Hund wohlerzogen um sich herum. Wenn es kühler wurde, standen sie auf, ließen die kleinen goldenen Ohrringelchen blitzen, schlüpften braunbeinig in Shorts und Slipper und über das hautfarbene T-Shirt kam eben die bewusste Armani-Jeansbluse. Sie schnappten sich den Korb und begaben sich in ihre Ferienwohnungen mit Seeblick, um eine Stunde später noch schöner wiederaufzutauchen und mit dem

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