Tod im Albtal
Vorhaben geschrieben.«
»Wirklich?«
»Mit solchen Dingen beschäftigst du dich natürlich nicht, Swentja, denn sie stehen nicht in der Modebeilage. Jedenfalls war es ziemlich peinlich für den Schmied. Man kann ja anderer Meinung sein als sein Ehemann, aber man muss es nicht jedem erzählen. Zumal die Schmieds drei Ferienwohnungen in Herrenalb haben. Dinger, die sich momentan nur zum Abschreiben eignen. Kann er nicht vermieten und nicht verkaufen. Und so viel Geld hat er nun auch wieder nicht, dass er ein solches Kapital brachliegen lassen kann. Wenn er sie unter Wert verkauft, macht er ordentlich Verlust und verliert an Ansehen.«
»Hm.«
»Ja, die Wohnungen dort sind schön und preiswert. Doch ich rate meinen Klienten ab. Ebenso gut könnten sie an Ostern in Weihnachtsmänner investieren. Unverkäuflich.«
»Außer man wartet, bis es wieder Winter wird. Oder bis die Biker kommen und den Ort und die Geschäfte beleben.«
»Genau!«
* * *
Bald war mein Mann wieder zu einer seiner rätselhaften Sitzungen verschwunden. Ich nahm es mit einem Achselzucken hin.
Längst hatte ich einen Gedanken an ein Wir aufgegeben. Bei uns handelt es sich um mich und ihn. Ich richtete mich nett her, und er verdiente das Geld dafür.
So zog ich mich ins Fernsehzimmer zurück und ließ mich auf der cremefarbenen Ledercouch nieder. Registrierte besorgt ein leises Knacken in den Gelenken. Gut, dass Elena das nicht hörte! Ein tadelnder Blick würde mich treffen: »Also, liebe Swentja, wenn du eine Sofa-Kartoffel wirst, kann ich dich nicht zu meiner nächsten Dinnerparty einladen. Ich erwarte Schönheit und Spannkraft von meinen Gästen. Nimm dir ein Beispiel an Karl Lagerfeld. Der hat seinen Körper noch mal neu erfunden.«
Ich schüttelte den Kopf. Ich verehrte Elena wirklich, aber man konnte es auch übertreiben. Nicht bei allen Frauen endete die Skala der Waage bei sechsundfünfzig Kilo.
Friederike war jetzt schon eine Weile tot. Die Blumen auf ihrem Grab waren verblüht, und der Friedhofsgärtner hatte sich an die Arbeit gemacht. Die Polizei hatte vermutlich längst mit Bedauern auf Normalbetrieb zurückgeschaltet, doch Friederikes Mörder lief nach wie vor frei herum. Er konnte sich mit jedem Tag sorgloser fühlen.
Auch ich war im Grunde nicht weitergekommen. Meine einst unscheinbare tote Kundin gab mir Rätsel auf, mit denen ich nicht gerechnet hatte. Wie bei diesen russischen Puppen steckten in dieser durchschnittlichen Kleinstadtehefrau immer wieder andere Persönlichkeiten, und aus keinem Mordmotiv waren unversehens zwei oder mehr geworden, ohne dass sich eines davon wirklich fassen ließ. Das verstieß gegen meinen Ordnungssinn. In meinem Kleiderschrank gab es nicht ein einziges Stück, das nicht genau da hing, wo es hingehörte. Geordnet nach meiner Farbkarte und nach Material, Farbe und Schnitt. Kaschmir zu Kaschmir und Seide zu Seide.
So musste ich auch mit Friederike verfahren. Ich brauchte ein System.
Ich nahm mir ein großes weißes Blatt und einen dicken blauen und einen roten Markierstift. Nachdenklich legte ich noch einen grünen Stift daneben. Hoffentlich gesellte sich nicht irgendwann eine dritte Linie hinzu.
In der Mitte oben auf das Blatt schrieb ich das Wort »Friederike« , und nach kurzem Überlegen malte ich ein Kreuz neben ihren Namen. Ordnung musste sein: Friederike war tot. Dann zog ich links einen roten Strich und versah ihn mit einzelnen Punkten.
Vatersuche? – Kästchen gestohlen bei Party in ihrem Haus am Freitag? Ermordet am Samstag. Warum?
Antwort: In dem Kästchen befand sich ein Dokument mit dem Namen ihres wirklichen Vaters. Das hieß, er wusste, dass sie es wusste. Der Fund lag zum Zeitpunkt der Party bereits einige Zeit zurück. Hatte sie ihn also kontaktiert? Vielleicht mehrfach?
Er hatte sie umgebracht, weil er etwas zu verlieren hatte, und worum könnte es sich dabei handeln? Stellung? Ruf? Ehefrau?
Frage: Hat sie ihn erpresst? Aber was wollte sie? Geld?
Wenn ja – wofür?
Wollte sie sich von ihrem Mann trennen, und wenn ja – warum?
Von »warum« aus malte ich einen Pfeil nach rechts: Verhältnis mit Hundepensionsbesitzer?
Das war die Spur, die entlang der Schnellstraße ins abgeschiedene Bad Herrenalb führte. Horst Schmied – Befürworter der Bikerstraße – hat eventuell von Tibor Lodemann Bestechungsgelder bekommen (?) – Friederike war ursprünglich ohne Meinung zu dem Projekt, dann plötzlich vehement dagegen. Hatte ihre Position bei der
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